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Bildgebende Verfahren : Warum ist ein Kernspintomograf so laut?

Cyril Poupon vom staatlichen französischen Kernforschungszentrum CEA erklärt, warum die verwendeten Magnetfelder Krach machen.
MRT

Wer schon einmal in der Röhre eines Magnet­resonanztomografen (MRT) lag, der weiß, wie laut so ein Gerät dröhnt. Bei einer MRT-Aufnahme der anatomischen Feinheiten des Körpers sind die Geräusche eher tief; bei der funktio­nellen MRT, die die Hirnaktivität darstellt, etwas höher. Aber woher kommt dieser Lärm? Um das zu beantworten, müssen wir ein wenig ausholen.

Bei der Kernspintomografie nutzen Forscher die Tatsache aus, dass Wassermoleküle – genauer gesagt ihre Atomkerne – spezielle magnetische Eigenschaften besitzen. Während der MRT-Aufnahme wird um das zu untersuchende Körper­organ ein Magnetfeld von mehreren Tesla aufgebaut, das entspricht rund dem 100 000-Fachen des Erdmagnetfelds. Dieses statische, also über die Zeit konstante Feld wird von einem mit Helium gekühlten Elektromagneten erzeugt.

Spin und Präzession

Das flüssige Helium hat eine Temperatur von 4,2 Grad über dem absoluten Nullpunkt – um­gerechnet sind das minus 269 Grad Celsius. Bei dieser Temperatur wird das Metall der Magnetspulen supraleitend, das heißt, der elektrische Widerstand verschwindet. Nur dadurch werden die hohen Stromstärken möglich, die ein so mächtiges Magnetfeld erzeugen.

Eiernde Drehachse

Weiche Körpergewebe enthalten viel Wasser, im Gehirn sind es bis zu 80 Prozent. Die Wassermoleküle verhalten sich nun selbst wie kleine Magnete: Der Eigendrehimpuls (auch Spin genannt) der Wasserstoffkerne richtet sich am statischen Magnetfeld aus. Dabei "eiert" die Drehachse wie bei einem ro­tierenden Spielzeugkreisel, der nicht ganz senkrecht steht. Physiker sprechen von einer Präzessionsbewegung. Mit welcher Frequenz die Spin­achse um die Richtung des Magnetfelds kreist, hängt von der Stärke des Felds ab. Nun sendet man eine Radiowelle derselben Frequenz in das zu untersuchende Organ. Der Spin kippt daraufhin aus seiner üblichen Präzessionsbewegung – und kehrt wieder zurück. So sendet er eine elektromagnetische Welle aus, die von einer separaten Antenne empfangen und ausgewertet wird. Variationen der Signalstärke dieser Welle erzeugen letztlich den Kontrast im MRT-Bild. Sie rühren daher, dass auch das Gewebe in der Umgebung der Wassermoleküle magnetische Eigenschaften hat und die Spins stört.

Wenn das Magnetfeld die Spulen zur Mittelachse der Röhre hin- oder von ihr wegzieht, entsteht eine Abfolge von Schwingungen – zu hören als Brummen und Dröhnen

Im Fall der funktionellen MRT tritt an die Stelle des Gewebes das Blut: Seine magnetischen Eigenschaften verändern sich, wenn es Sauerstoff in die aktiven Bereiche des Gehirns transportiert. Solche Veränderungen im regionalen Blutfluss lassen daher Rückschlüsse auf die Aktivität einzelner Hirnareale zu.

Um zu lokalisieren, woher das empfangene ­Signal stammt, braucht man drei weitere Mag­netspulen, die so genannten Gradientenspulen. Sie sind nach der x-, y- und z-Achse ausgerichtet. Die Spulen verändern das sonst gleichmäßige Magnetfeld im Tomografen: Seine genaue Stärke und Richtung hängen nun vom jeweiligen Ort im Gewebe ab. Dieser entscheidet damit auch über die Ausrichtung und Bewegung der Spins. Aus der Signalfrequenz lässt sich deshalb die Position des Spins berechnen, der die Welle ausgesendet hat.

Der Computer setzt ein dreidimensionales Bild zusammen

In der Praxis empfängt die Antenne allerdings gleichzeitig Signale von überall her. Der Computer zerlegt dieses Konzert in die Anteile verschiedener Frequenzen, also verschiedener räumlicher Herkunft. So setzt er nach und nach ein dreidimen­sionales Bild zusammen. Die drei Gradientenspulen werden von Wechselspannung gespeist – in ihnen fließen für nur wenige Millisekunden Ströme von mehreren hundert Ampere. Das statische Magnetfeld, das der heliumgekühlte Magnet erzeugt, übt eine Kraft auf diese Ströme aus und zerrt dadurch die Spulen zur Mittelachse der Röhre hin oder von ihr weg. So entsteht bei jedem Bild eine Abfolge von Schwingungen, und genau das ist es, was der Proband oder Patient als Brummen und Dröhnen hört.

Die Tonhöhe hängt davon ab, mit welcher ­Frequenz die Spulen vibrieren: Bei einer funk­tionellen MRT ist der Ton höher, weil man die Ströme schneller variiert. Schließlich sollen viele Bilder in möglichst rascher Abfolge entstehen, damit man Änderungen der Hirnaktivität verfolgen kann.

Es ist also das Verfahren zur dreidimensionalen Abtastung, das den Lärm erzeugt. Ein drei Tesla starker Tomograf kann bis zu 125 Dezibel erreichen, was etwa der Lautstärke eines Rock­konzerts entspricht. Deshalb ist ein Gehörschutz erforderlich, der den Lärm auf unter 99 Dezibel senkt, dem von der US-Gesundheits­behörde FDA festgelegten Grenzwert.

Kurz erklärt
Magnetresonanztomografie (MRT) oder Kernspintomografie heißt das im Text beschriebene Verfahren. Das Kürzel MRT kann sich auch auf das Gerät, den Magnetresonanztomografen, oder auf das Magnetresonanztomogramm, also das erzeugte Bild, beziehen. Eine ganz andere Technik ist dagegen die Computertomografie (CT): Sie erzeugt ebenfalls Schnittbilder, jedoch mittels Röntgenstrahlen.

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