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Metrologie: Woher kommt der Meter?

Meter wird in Europa häufiger verwendet als Zoll und Fuß, aber wie ist die Längeneinheit entstanden? Und wie ist ein Meter heute definiert?
Maßband

Bei Fuß, Elle und Zoll ist es einfach: Diese Maßeinheiten stammen von den Abmessungen gewisser Körperteile. Beim Meter, dem Längenmaß, das in der Wissenschaft und weltweit vorherrscht, sucht man jedoch vergeblich nach einer entsprechenden Referenz am menschlichen Körper. Aber worauf basiert seine Definition dann?

Die Antwort auf diese Frage führt ins Frankreich des 18. Jahrhunderts. Damals störten sich Gelehrte an den bisherigen Maßeinheiten, da diese sich von Region zu Region unterschieden. Allein beim Handel mit den deutschen Nachbarländern hatte man es mit mehr als 15 verschiedenen Fußmaßen zu tun. Von den Wissenschaftlern angestiftet, beschlossen die Abgeordneten des französischen Parlaments im Jahr 1791 die Einführung einer universellen Einheit, des »Meters«. Er sollte sich über den Erdumfang definieren, genauer gesagt: Er sollte ein Zehnmillionstel jener Strecke betragen, die den Äquator mit dem Nordpol verbindet und dabei durch Paris führt.

Doch diese Distanz – auch als Erdmeridianquadrant bezeichnet – war unbekannt. Daher sandte man zwei Astronomen aus, um die Entfernung zwischen zwei Orten auf diesem Längengrad zu bestimmen: Jean-Baptiste Joseph Delambre reiste ins nordfranzösische Dünkirchen und Pierre Méchain ins südlicher gelegene Barcelona. Die Abstandsmessung sollte mit Hilfe der zeitgemäßen Methode der Triangulation gelingen, für die nur wenige geometrische Berechnungen notwendig sind. Die Forscher stellten dafür ihre Messinstrumente auf hohe Türme und maßen die Winkel zu anderen hohen Gebäuden oder Bergen. Die Französische Revolution verkomplizierte den Auftrag, doch sieben Jahre später kamen die Wissenschaftler tatsächlich zu einem Ergebnis. Daraufhin gossen Metrologen im Juni 1799 einen Urmeter aus Platin.

Dass die Messung gar nicht korrekt war, bemerkten Wissenschaftler recht schnell. Der Urmeter war um etwa 0,2 Millimeter zu kurz. Die Gelehrten behielten ihn trotzdem bei, denn sie hatten gemerkt, dass die Messmethode auch in anderer Hinsicht ungenau war: Die Erde ist keine perfekte Kugel und der Erdumfang daher nicht an jeder Stelle gleich. 1875 beschlossen zwölf Länder, darunter das Deutsche Kaiserreich, auf der Internationalen Meterkonvention den Meter und das metrische System offiziell einzuführen.

Anfang des 20. Jahrhunderts meldeten sich die Wissenschaftler wieder zu Wort, da nun eine präzisere Messung des Meters möglich erschien. Der Physiker Albert Michelson tüftelte daran mit Hilfe seines gerade entwickelten Interferometers, eines Instruments, das winzige Abstände durch die Überlagerung von Lichtwellen misst. Er schlug vor, das Längenmaß fortan in Bezug auf die Wellenlänge einer Spektrallinie des Metalls Kadmium auszudrücken. Die Wissenschaftswelt zeigte sich beeindruckt und belohnte Michelson mit einem Nobelpreis.

In den 1960er Jahren verwarf man schließlich die Kadmium-Definition wieder. Das Edelgas Krypton ließ sich besser vermessen, und ein Meter sollte nun genau 1 650 763,73 Wellenlängen der orangen Kryptonlinie entsprechen. Doch auch der neue Standard galt nur für einige Jahrzehnte, denn die nächste Entdeckung ließ nicht lange auf sich warten: der Laser. Mit Laserlicht sind unheimlich präzise Abstandsmessungen möglich, und man entschied sich, die Lichtgeschwindigkeit als einheitlichen Maßstab zu verwenden. Seit 1983 ist der Meter als diejenige Länge definiert, die ein Lichtstrahl in einem 299 792 458-sten Bruchteil einer Sekunde zurücklegt.

Der so festgelegte Wert ist heute übrigens immer noch der gleiche, den Delambre und Méchain im 18. Jahrhundert bestimmten. Der damalige Fehler in der Berechnung der Strecke zwischen Äquator und Nordpol wurde nie eliminiert, ein Meter ist also immer noch etwas kürzer als ein Zehnmillionstel der Strecke zwischen Äquator und Nordpol. Da der Meter nun aber über die Lichtgeschwindigkeit – die eine Naturkonstante ist – definiert wird, können sich Metrologen sicher sein, dass sich seine Länge nicht mehr verändert.

In den meisten Ländern der Welt ist das metrische Einheitensystem inzwischen Standard. Manche Länder, wie das Vereinigte Königreich, benutzen parallel noch ältere Maßeinheiten, unter anderem den Fuß (»foot«), der heute einheitlich 30,48 Zentimeter misst. Das metrische System ist bisher nur in drei Ländern – den USA, Liberia und Myanmar – nicht offiziell vorgeschrieben.

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