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Energiewende: Der Verbrennungsmotor wird noch gebraucht!

Verbrennungsmotoren gehören verboten, sagen die Grünen. Der Ingenieur Michael Khan widerspricht: Das Problem ist nicht der Motor, sondern der Treibstoff.
Ein verlassener Campingbus steht in der Landschaft herum.

Weg von fossilen Energieträgern und hin zu einem emissionsneutralen Straßenverkehr – darüber sollte man schon nachdenken. Deshalb fordern die Grünen ein Verbrennungsmotoren-Verbot bei Neuwagen ab dem Jahr 2030. Die Partei sagt, der Verbrennungsmotor sei im Kern eine Technik aus dem 19. Jahrhundert. Das stimmt … und?

Der lange Einsatz dieser Technologie bedeutet doch auch, dass inzwischen unzählige Ingenieursjahre an Erfahrung gewonnen wurden. Zudem existiert eine gewaltige Infrastruktur rund um den Verbrennungsmotor und seine millionenfache Nutzung. Warum sollte man das alles wegwerfen, statt es zum Vorteil von Umwelt und Menschen einzusetzen?

Die Tatsache, dass ein Fahrzeug von einem Motor angetrieben wird, in dem eine exotherme chemische Reaktion zwischen Sauerstoff und einem Treibstoff stattfindet, ist doch nicht von vornherein verwerflich. Problematisch ist vielmehr die Tatsache, dass in großen Mengen Kohlendioxid freigesetzt wird, das aus fossilen Kohlenwasserstoffen entsteht. Problematisch sind auch Partikelemissionen sowie Stickoxide und andere Schadstoffe, die im Verbrennungsprozess anfallen. Diese lassen sich aber durch geeignete Techniken und Wahl des Treibstoffs erheblich reduzieren.

Verbrennen – aber etwas anderes!

Wenn nun der Treibstoff synthetisch hergestellt und nicht aus fossilen Lagerstätten gewonnen wird, dann könnte der Gesamtprozess – von der Treibstoffherstellung bis zum Fahren des Fahrzeug mit Verbrennungsmotor – CO2-neutral sowie generell emissionsarm gestaltet werden. Das ist doch genau, was wir wollen, oder nicht? Der Verbrennungsmotor selbst und das Fahrzeug, in dem er eingebaut ist, ist da noch das geringste Problem. Ein Drucktank für CNG und einige Modifikationen in der Motorhardware und -elektronik, das war’s schon.

Größere Umstellungen fallen bei Bereitstellung und Transport von Methan an Stelle von Benzin und Diesel an. Aber es gibt in Deutschland bereits weit reichende Netzwerke für Gas. Der Umbau von Tankstellen kann doch nun wirklich nicht das große Problem sein – zumal es doch heute bereits zahlreiche Tankstellen gibt, an denen Gas getankt werden kann.

Es bietet sich also an, Methan aus Wasser und Kohlendioxid unter Nutzung von elektrischer Energie aus Windkraftwerken herzustellen. Dieses Power-to-Gas-Prinzip löst auch das Problem der fehlenden Grundlastfähigkeit von Windenergie und Fotovoltaik: Man speichert die Energie in Form von Wasserstoff oder Methan. Aus ihnen kann dann in Brennstoffzellen oder Kraftwerken wiederum elektrische Energie gewonnen werden, wenn Sonneneinstrahlung und Wind den Strombedarf nicht decken. Die Alternativen wären Wasserspeicherkraftwerke, aber mir ist nicht bekannt, wo diese in der erforderlichen Größe gebaut werden könnten. Auch Batterien werden in absehbarer Zeit nicht die geforderte Speicherkapazität liefern können. Exotische Verfahren schon gar nicht.

Der Verbrennungsmotor verschwindet von allein

Wenn "Power to Gas" nun aber ohnehin zum Megatrend wird, warum dann nicht diesen verfügbaren Brennstoff, die verfügbaren Verteilungsnetzwerke und die verfügbare Technik für Autos mit Verbrennungsmotoren nutzen, um mit überschaubarem Aufwand eine bezahlbare und vor allem kurzfristig umsetzbare Abkehr von fossilen Energieträgern umzusetzen? Können wir uns jetzt wirklich den Luxus leisten, verfügbare Technologien einfach per Gesetz von der Nutzung auszuschließen? Ob eine Technik überflüssig ist oder nicht, wird sich schon herausstellen. Wenn es etwas Besseres gibt, dann setzt sich das Bessere durch. Was besser ist, kann aber nicht von oben herab entschieden werden.

Ich stimme zu, dass die Technik des Verbrennungsmotors langfristig auf dem absteigenden Ast ist. Aufwändig, komplex, teuer, schwer – das könnten Elektromotoren alles weitaus besser und eleganter. Wenn da nur nicht die leidigen Probleme der beschränkten Batteriekapazität, der lange Ladezeiten und der Kosten wären. Daran wird sich vermutlich in absehbarer Zeit nicht wirklich etwas ändern. Klar wird es in der Batterietechnik zahlreiche inkrementelle Änderungen geben, und hoffentlich kommt schließlich der große Durchbruch. Dann wird keiner mehr die komplexe Technik von Autos mit Verbrennungsmotoren und die damit verbundenen Kosten und Nachteile hinnehmen wollen, und diese Technik wird ganz schnell vom Markt verschwinden. Ganz ohne Verbrennungsmotorenverbot.

Bis es aber so weit ist – und wann es so weit sein wird, weiß niemand –, werden Verbrennungsmotoren nach wie vor notwendig bleiben. Ein Wandel in der Technik, so schnell wie möglich hin zur Nutzung von Methan als hauptsächlichem Treibstoff, würde uns jetzt ein ganzes Stück weiterbringen. Nicht nur in Bezug auf die Umwelt, auch in der Reduzierung unserer Abhängigkeit von Energielieferungen aus dem Ausland. Mit einem vorschnellen, technisch und wissenschaftlich nicht zu rechtfertigenden Verbot würden wir ein sattes Eigentor schießen.

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