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Waldbrände in Portugal: Eine unvermeidliche Katastrophe?

Hitze, fehlende Feuerwehrmannschaften und ein Trockengewitter sind verantwortlich für Portugals Feuerkatastrophe mit mehr als 60 Toten. Eine falsche Forstpolitik führte aber erst dazu.
Eukalyptus in Portugal

Die Trauer ist groß in Portugal: Mehr als 60 Menschen starben durch Feuer und Rauch im Bezirk der Kleinstadt Pedrógão Grande nördlich von Lissabon. Wahrscheinlich hatte ein Trockengewitter den Brand ausgelöst: Es blitzte, aber der Regen verdunstete, bevor er den Boden erreichen konnte. Temperaturen von 40 Grad Celsius und mehr hatten die Vegetation ausgetrocknet, Fallwinde fachten die Flammen immer wieder neu an. Die anfänglich unzureichend ausgerüstete Feuerwehr in der dünn besiedelten Region hatte der Feuersbrunst wenig entgegenzusetzen. Viele Menschen starben daher auf der Flucht, als ihre Autos auf einer unpassierbaren Straße vom Feuer eingeschlossen wurden.

In Portugal gilt deshalb ab Montag eine dreitägige Staatstrauer. Danach muss sich die Ursachenforschung jedoch weit über die Ausstattung der Feuerwehr hinaus erstrecken. Denn Katastrophen wie diese werden durch eine verfehlte Forstpolitik nicht nur begünstigt: Sie ist einer der wichtigsten Faktoren, dass es gerade in Portugal und im Norden Spaniens, in Galizien, immer wieder verheerend brennt. Feuer gehören zum mediterranen Ökosystem – in den heißen und trockenen Sommern kommt es hier von Natur aus zu Bränden, und viele Pflanzen sind daran angepasst. Sie schützen sich wie die Korkeichen durch eine dicke Rinde oder verbreiten sich und keimen sogar erst, wenn Flammen ihre Zapfen öffnen oder lästige Konkurrenz aus dem Weg räumen.

Erschöpfte Feuerwehrmänner in Portugal | Mehr als 60 Menschen starben in den Feuersbrünsten rund um Pedrógão Grande, 200 Kilometer nördlich von Lissabon. Die unzureichend ausgestattete Feuerwehr konnte die Flammen bislang nur teilweise eindämmen.

Doch in weiten Teilen Portugals (oder Galiziens) finden sich kaum mehr Wälder aus einheimischen Eichenarten. Stattdessen dominieren großflächig einheitliche Eukalyptus- oder Kiefernforste. Auf etwa sieben Prozent der portugiesischen Landesfläche wächst gegenwärtig der Blaue Eukalyptus (Eucalyptus globulus), was ihn zur häufigsten Baumart des Staats macht. Er wurde bereits im 19. Jahrhundert eingeführt, um die Erosion im kahl geschlagenen Südwesten Europas einzudämmen – Portugals und Spaniens koloniale Vergangenheit in Übersee hatte ihren Tribut gefordert.

Richtig populär wurde der schnellwüchsige Exot aus Australien schließlich in den 1970er Jahren, als der portugiesische Staat Geld für seine Kolonialkriege und skandinavische Papierfirmen Rohstoffe für ihre Fabriken benötigten. In großem Stil wurde das Land mit Eukalyptus bepflanzt: Alle 10 bis 15 Jahre ernten Maschinen das nachgewachsene Holz, die abgeholzten Flächen werden erneut mit dem fremden Gewächs aufgeforstet.

Das ist nicht nur eine ökologische Katastrophe, denn die Bäume saugen das Grundwasser leer und sind für die einheimische Tier- und Pflanzenwelt nicht besser als eine Wüste. Die von Alter und Struktur her einheitlichen Forste brennen auch wie Zunder. Die lose Rinde wird im Feuersturm als glühender Anzünder fortgerissen und setzt immer neue Flächen in Brand. Gleichzeitig sorgen die in Holz und Blättern reichhaltig vorhandenen Harze und ätherischen Öle dafür, dass die Wälder wie Zunder brennen, wenn sie erst einmal entflammt sind. Die Bilder der Feuerkatastrophe rund um Pedrógão Grande zeigen die immer gleichen Eukalyptusbäume wie riesige Fackeln im Wind. Wenn kein Wetterumschwung zu Hilfe kommt, kann nur ein massiver Einsatz von Löschflugzeugen etwas gegen diese Feuerwände ausrichten.

Die verfehlte Forstpolitik der letzten Jahrzehnte schuf also die Grundlage der Katastrophen, die sich regelmäßig wiederholen. In Galizien beispielsweise brennt es viel häufiger als im großen Rest Spaniens, obwohl es in der autonomen Region feuchter und kühler ist als etwa in Andalusien oder der Extremadura. Doch im Gegensatz zu diesen Regionen mit ihren Eichensavannen und -wäldern dominieren im Nordwesten Kiefern- und Eukalyptusplantagen. Die Brände aus dem Jahr 2006 sind der Bevölkerung noch in guter Erinnerung, denn damals verbrannten allein im August durch über 1600 Feuer mehr als 70 000 Hektar Waldland. Mehrere Menschen starben, der Schaden betrug mehr als eine halbe Milliarde Euro.

Angesichts des Klimawandels prognostizieren Wissenschaftler längere und intensivere Hitzewellen und geringere Niederschläge für große Teile der Iberischen Halbinsel. Die Brandgefahr wird also noch zunehmen, wenn die Politik nicht gegensteuert. Angesichts wirtschaftlicher Interessen wird es wohl ein langwieriger und kostspieliger Umbau der regionalen Wälder. Eine zumindest teilweise Rückkehr zu den ursprünglichen Eichenwäldern ist angesichts der wiederkehrenden Dramen und Feuersbrünste dennoch zwingend – und langfristig auch ökonomisch sinnvoll.

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