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Freistetters Formelwelt: Von einem, der uns entstört hat

Es gibt mathematische Formeln, die wichtig und gleichzeitig leicht verständlich sind. Einsteins Äquivalenz von Masse und Energie gehört dazu. Andere Formeln sind für uns aber vielleicht sogar noch wichtiger und trotzdem kaum bekannt – wie die Fourier-Transformation.
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Am 21. März 2018 jährte sich der Geburtstag von Jean Baptiste Joseph Fourier zum 250. Mal. Der französische Wissenschaftler zählte zu den bedeutendsten Mathematikern und Physikern seiner Zeit. Und seine Arbeit prägt auch heute noch unser Leben. Ganz besonders mit dieser Formel:

Fourier-Transformation

Diese Gleichung ist mit Sicherheit weniger anschaulich als Einsteins fundamentales E = mc2. Aber wenn man sie genauer betrachtet, fallen zwei Funktionen auf. Auf der rechten Seite steht die Funktion g(t), die durch Multiplikation mit der Exponentialfunktion und durch die Integration zu einer Funktion ĝ(f) wird. Die erste Funktion hängt von der Zeit t ab, die zweite von der Frequenz f.

Anschaulich zerlegt die Fourier-Transformation ein Signal in ein Spektrum der ihm zu Grunde liegenden Frequenzen. Das Signal ist dabei ohne Unterbrechungen und wiederholt sich nicht. Wenn das Signal etwa eine Audioaufnahme ist, dann sagt einem die Fourier-Transformation, aus welchen Frequenzen sie zusammengesetzt ist und welchen relativen Anteil die jeweiligen Frequenzen am Signal haben. Das ist zum Beispiel dann sehr praktisch, wenn man störende Geräusche aus einer Aufnahme entfernen will. Man identifiziert das entsprechende Geräusch im Spektrum, entfernt die zugehörige Frequenz und nutzt dann die inverse Fourier-Transformation, um aus dem Spektrum wieder ein Signal zu erzeugen. Das ist identisch mit der ursprünglichen Aufnahme, nur dass nun das Störgeräusch nicht mehr dabei ist.

Die Fourier-Transformation findet ihre Anwendung aber nicht nur in der Audiotechnik. Sie ist überall dort nützlich, wo man es mit der Analyse von Signalen zu tun hat. Ich habe die Fourier-Analyse das erste Mal im vierten Semester meines Astronomiestudiums kennen gelernt, als ich die Vorlesung "Mathematische Methoden der Astronomie" belegt hatte. Die Astronomen arbeiten zwar nicht mit Audiosignalen, doch die Technik funktioniert genauso gut bei der Verarbeitung der Daten, die die Teleskope liefern. Egal ob es um Radiosignale oder Lichtspektren geht oder um die Entwicklung neuer Methoden zur Bildverarbeitung, mit der ferne Exoplaneten direkt beobachtet werden können: Immer stößt man dabei auf die Fourier-Transformation.

Dort, wo in unserer modernen Welt Signale verarbeitet werden (also fast überall), spielt die vor mehr als zwei Jahrhunderten entwickelte Technik von Joseph Fourier eine große Rolle. Dabei war diese Art der Analyse nur eine von vielen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die der französische Forscher im Lauf seiner Karriere gewonnen hat. Fourier hat sich zum Beispiel auch intensiv mit der Ausbreitung von Wärme in Festkörpern beschäftigt – und als einer der Ersten die grundlegenden Mechanismen des Phänomens beschrieben, das wir heute "Treibhauseffekt" nennen.

Fourier berechnete, dass die Erde eigentlich viel kälter sein müsste, als sie es tatsächlich ist. Eine der Möglichkeiten, die er als Erklärung für den Unterschied zwischen beobachteter und berechneter Temperatur in Betracht zog, war der Einfluss der Erdatmosphäre und der in ihr enthaltenen Gase. Heute wissen wir nicht nur, dass dieser natürliche Treibhauseffekt tatsächlich für die lebensfreundlichen Temperaturen auf der Erde verantwortlich ist, sondern ebenso, dass wir dank des menschengemachten Treibhauseffekts auf dem besten Weg sind, die Bedingungen auf dem Planeten massiv zu verschlechtern. Und wenn die Klimawissenschaftler bei ihrer Forschung Meeresströmungen, die Vorgänge in der Atmosphäre und all die anderen Mechanismen untersuchen, die das Weltklima beeinflussen, dann nutzen sie dabei selbstverständlich auch die mathematischen Techniken der Fourier-Analyse.

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