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Zeitreisen: Zu Besuch in der Vergangenheit

Können wir uns selbst in der Vergangenheit besuchen? Bisher verbietet kein wissenschaftliches Gesetz die Zeitreise. Vince Ebert spekuliert, welche Folgen so ein Trip für uns hätte.
Der Kabarettist Vince Ebert

Was wäre, wenn …

… es irgendwann einmal Zeitreisen gäbe? Es ist DAS klassische Thema eines Sciencefiction-Films. Von "Raumschiff Enterprise" bis "Zurück in die Zukunft". Auf Knopfdruck einfach durch die Jahrhunderte jetten.

Tatsächlich ist "Zeit" eines der größten Geheimnisse des Universums. Warum vergeht sie überhaupt? Wer treibt sie an? Und warum scheint sie immer nur in eine Richtung zu laufen? Denn wenn dem nicht so wäre, könnten Sie zum Beispiel in die Zeit vor Ihrer Geburt zurückreisen und Ihren zukünftigen Vater umbringen. Intuitiv wissen wir, was das bedeuten würde: Wenn Sie Ihren Erzeuger vor Ihrer Geburt um die Ecke bringen, kann er Sie logischerweise gar nicht gezeugt haben. Folglich gäbe es Sie nicht und Sie könnten demnach auch nicht in die Vergangenheit reisen, um ihn zu beseitigen. Damit dieses so genannte Vaterparadoxon lösbar ist, gibt es aus wissenschaftlicher Sicht nur eine einzige Erklärung: Ihre Mutter hatte eine Affäre.

Für Isaac Newton waren Zeitreisen noch undenkbar. Newton betrachtete die Zeit als einen festen Pfeil, der immer nur in eine Richtung zeigt: in die Zukunft. War er einmal abgeschossen, konnte er nicht mehr von seinem Pfad abweichen. Darüber hinaus war Newton davon überzeugt, dass der Zeitpfeil immer gleich schnell fliegt. Eine Sekunde auf der Erde entsprach genau einer Sekunde­ im Universum. Eine Vorstellung, die erst 200 Jahre später von Albert Einstein in Frage gestellt wurde. Er zeigte, dass Zeit eher einem Fluss ähnelt, der durch unser Universum fließt. Und wie ein Fluss kann demnach auch die Zeit mal schneller und mal langsamer fließen. Inzwischen ist dies millionenfach experimentell bestätigt: Die Zeit schwankt. Und zwar abhängig vom Ort. So läuft die Zeit für einen Mann, der an einem Bahnsteig steht, tatsächlich messbar schneller, als für einen Mann in einem vorbeifahrenden Zug. Vor allem, wenn der Mann im Zug noch zusätzlich seine Schwiegermutter dabei hat.

Und genau durch diese paradoxe physikalische Tatsache sind Reisen in die Zukunft tatsächlich möglich. Jedes Mal, wenn Astronauten mit knapp 30 000 Kilometer pro Stunde durchs Weltall rasen, vergeht laut einsteinscher Relativitätstheorie die Zeit im Raumschiff im Vergleich zur Erde ein klein wenig langsamer. Das hat zur Folge, dass Astronauten nach einer zwölfmonatigen Mission in der Raumstation tatsächlich um den Bruchteil einer Sekunde jünger sind als ihre Kollegen auf der Erde. Wäre ein Astronaut mit nahezu Lichtgeschwindigkeit unterwegs, so würden für ihn nur wenige Minuten vergangen sein, während auf der Erde bereits Jahre verstrichen wären. Käme er zurück, wäre er aus irdischer Perspektive also Jahre in die Zukunft gereist. Eine Zeitmaschine, die uns in die Zukunft katapultiert, steht folglich nicht im Widerspruch zu den bisher bekannten Naturgesetzen.

Wie aber sieht es mit Zeitreisen in die Vergangenheit aus? Und damit meine ich nicht einen Wochenendtrip in den Odenwald. Unabhängig von rein physikalischen Schwierigkeiten und dem eingangs erwähnten Vaterparadoxon, ergeben sich bei Zeitreisen in die Vergangenheit eine Reihe ethischer Probleme. Darf man zum Beispiel einen Zeitreisenden wegen Körperverletzung anklagen, wenn er seinem jüngeren Ich eins auf die Glocke gibt? Kann er wegen Bigamie verurteilt werden, wenn er in der Vergangenheit eine Frau heiratet, obwohl seine andere Frau erst in 20 Jahren auf die Welt kommen wird? Wie soll der Gesetzgeber reagieren, wenn er erfährt, dass ein Mann in der Gegenwart eine Frau geheiratet hat, die sich in der Vergangenheit als seine Tochter entpuppt?

1990 stellte der Physiker Stephen Hawking die Wissenschaftler der Welt vor eine spannende Herausforderung: Sie sollten sich auf die Suche nach einem physikalischen Gesetz begeben, das Zeitreisen ganz und gar und ein für alle Mal ausschließe. Die größten Forscher der Welt dachten darüber nach, philosophierten, rechneten Gleichungen hoch und runter. Schließlich kamen sie zu einem eher peinlichen Ergebnis: Sie konnten tatsächlich kein wissenschaftliches Gesetz finden, das Zeitreisen grundsätzlich verbietet. Obwohl man bisher nicht den leisesten Schimmer hat, wie das Ganze zu bewerkstelligen wäre, schließt keine Gleichung, keine Formel, kein physikalischer Satz eine Reise in die Vergangenheit aus.

Vielleicht wird das Problem von Zeitreisen in ferner Zukunft gelöst werden. Immerhin hat man ja auch den selbstschärfenden Gemüsehobel erfunden. Möglicherweise können unsere Kindeskinder tatsächlich irgendwann mal zu uns in die Vergangenheit reisen. Doch auch, wenn das möglich sein sollte, werden diese Zeitreisen wohl selbst in 1000 Jahren nicht durchgeführt werden. Denn wäre das so – wo sind dann die ganzen Touristen aus dem Jahr 3013?

Mehr Einblick in die Zukunft gibt Vince Ebert mit seinem neuen Bühnenprogramm "Zukunft is the Future". Infos und Tickets unter www.vince-ebert.de.

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