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Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Foeniculum vulgare

Foeniculum vulgare Mill.
(syn. Anethum faeniculum, Anethum foeniculum, Anethum rupestre, Feniculum commune, Foeniculum azoricum, F. capillaceum, F. dulce, F. foeniculum, F. officinale, F. panmorium, F. sativum, Ligusticum divaricatum, L. foeniculum, Meum foeniculum, Ozodia foeniculacea, Selinum foeniculum); Gemeiner Fenchel (syn. Fennekel, Fennichl, Fennkol); vgl. Abbildung.
Fam.: Apiaceae (Umbelliferae).
Heim.: Mittelmeerraum.
Vork.: in ganz Europa und allen gemäßigten Klimazonen angebaut. Obwohl die Gattung Foeniculum aus zwei oder drei Arten bestehen soll, gilt sie heute als monospezifisch mit Foeniculum vulgare als einziger namentlich genannter Art. Eine Aufteilung der Art unter pharmazeutischen Aspekten ist in zwei Varietäten möglich: Foeniculum vulgare ssp. vulgare var. dulce (Mill.)Batt. et Trab.; Süßer Fenchel (syn. Römischer Fenchel, Gewürzfenchel) und Foeniculum vulgare ssp. vulgare var. vulgare; Gewöhnlicher Fenchel (syn. Wilder Fenchel, Bitterfenchel). Eine dritte Varietät (Foeniculum vulgare ssp. vulgare var. azoricum; Gemüse- oder Zwiebelfenchel) besitzt lediglich als Gemüse Bedeutung.
Drogen: 1. Foeniculi aetheroleum (syn. Oleum Foeniculi); Fenchelöl (syn. Ätherisches Fenchelöl), das äther. Öl aus den Fenchelfrüchten. Inh.: je nach verwendeter Subspecies und Varietät der Stammpflanze werden 4 Fenchelöle mit unterschiedlicher Zusammensetzung beschrieben: a) Bitterfenchelöl von ssp. vulgare var. vulgare mit 50-75 % trans-Anethol, 12-33 % Fenchon, 2-5 % Estragol, α-Pinen, Limonen; b) Süßfenchelöl von ssp. vulgare var. dulce mit 80-90 % trans-Anethol, 1-10 % Fenchon, 3-10 % Estragol, Limonen > α-Pinen; c) Anetholfreies Öl von ssp. vulgare var. vulgare mit 10-30 % Fenchon und 50-80 % Estragol; d) Australisches Wild-Fenchelöl mit 10-20 % trans-Anethol, 10-20 % Fenchon und 55-65 % Estragol. Weitere Bestandteile unabhängig von der Varietät sind u.a. Camphen, p-Cymen, Myrcen, α- und β-Phellandren, β-Pinen, Sabinen, γ-Terpinen und Terpinolen sowie Kohlenwasserstoffe. Anw.: in Zubereitungen bei dyspeptischen Beschwerden wie leichten, krampfartigen Magen- und Darm-Beschwerden, Völlegefühl, Blähungen, Katarrhen der oberen Luftwege. Als Fenchelhonig bei Katarrhen der oberen Atemwege von Kindern. In der Volksheilkunde wird die Droge neben den genannten Indikationen auch äußerlich bei Augenekzemen, Konjunktivitis und Blepharitis eingesetzt. Auch in der Industrie wird Fenchelöl bzw. daraus gewonnenes trans-Anethol vielfältig genutzt, z.B. in Bonbons, Zahncremes, Seifen, Backwaren, Wurst, Süßwaren und in Likören. Geg.: Mit Ausnahme des Fenchelhonigs nicht bei Säuglingen, Kleinkindern und Schwangeren. 2. Foeniculi fructus (syn. Fructus Foeniculi, Foeniculum), Fenchelfrüchte, die getrockneten reifen Früchte. Je nach verwendeter Varietät wird auch die Droge spezifiziert: a) Bitterfenchel; Foeniculi amari fructus (syn. Fructus Foeniculi amari); Fenchel (syn. Bitterer Fenchel, Deutscher Fenchel, Dunkler Fenchel, Wilder Fenchel). Inh.: äther. Öl (3-8,5 %, Zusammensetzung s. Foeniculi aetheroleum), Phenolcarbonsäuren (v.a. als Chinasäurederivate oder Glykoside), Spuren von Cumarinen und Flavonoiden, fettes Öl (9-21 %, v.a. Triglyceride). b) Süßfenchel; Foeniculi dulcis fructus (syn. Fructus Foeniculi dulcis, Fructus Foeniculi kretici, Foeniculum dulce); Süßer Fenchel (syn. Gewürzfenchel, Französischer Fenchel, Kretischer Fenchel, Römischer Fenchel, Mazedonischer Anis). Inh.: äther. Öl (0,8-3 %, Zusammensetzung s. Foeniculi aetheroleum), Phenolcarbonsäuren (v.a. als Chinasäurederivate oder Glykoside), Spuren an Cumarinen und Flavonoiden, fettes Öl (9-21 %, v.a. Triglyceride). Anw. (beide Varietäten): dyspeptische Beschwerden wie leichte, krampfartige Magen-Darm-Beschwerden, Völlegefühl, Blähungen, Katarrhe der oberen Luftwege, v.a. als Fenchelsirup oder Fenchelhonig, besonders bei Kleinkindern und Säuglingen sowie zur Schleimlösung in den Atemwegen. In der Volksheilkunde wird die Droge weltweit als Carminativum, Stomachikum und Aromatikum verwendet sowie zur Stimulation der Milchsekretion (Lactagogum), als Expektorans bei Husten und Bronchitis und bei krampfartigen Durchfällen. Im Haushalt dient Fenchel als Gewürz bei der Brot- und Käseherstellung, beim Einmachen von Früchten und Gemüse sowie zur Aromatisierung der Butter. Die Industrie nutzt den Bitterfenchel in erster Linie zur Gewinnung von Anethol. Zur Teezubereitung verwendet man 1 Teelöffel frisch gequetschten Fenchel. Als Tagesdosis werden etwa 7,5 g Droge empfohlen.
Hom.: 1. Foeniculum vulgare HAB1 (Foeniculum), die getrockneten, reifen Früchte. Anw.-Geb.: unbekannt. 2. Foeniculum vulgare, äthanol. Decoctum HAB1, die getrockneten, reifen Früchte. Anw.-Geb.: in der anthroposophischen Therapierichtung.
Histor.: Der Fenchel ist dank seines angenehmen Geschmacks und Geruchs schon im Altertum als Heil- und Gewürzpflanze überall bekannt gewesen. Ihm entspricht das marathron des Theophrast und des Dioskurides sowie das foeniculum des Plinius. Kraut und Früchte sollten die Milchabsonderung befördern, die Wurzeln fein zerstoßen und mit Milch getrunken sollten den Biß eines tollwütigen Hundes heilen, die Abkochung der Stengel sei für Blasen- und Nierenleiden zuträglich. Auch bei den alten Ägyptern, Arabern und Chinesen war die Pflanze bekannt. Im Mittelalter wurde der Fenchel in allen Kräuterbüchern genannt, ebenso im Capitulare de villis Karls des Großen; Hildegard von Bingen behandelt ihn ebenfalls eingehend in ihren Schriften. Der Haupteinsatz bezieht sich auf die Schleimlösung, die Behandlung von Verdauungsbeschwerden und Katarrhen sowie auf die Nutzung als Diuretikum und als Lactagogum. Der Gattungsname Foeniculum ist vom lateinischen foenum (Heu) abgeleitet und deutet auf die beim Welken und Trocknen schmalen, heuartig aussehenden Blattzipfel hin.



Foeniculum vulgare, Gemeiner Fenchel

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