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Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen: Prunus-Arten

Prunus-Arten

Fam.: Rosaceae.

Prunus armeniaca L. (syn. Armeniaca vulgaris, A. communis); Aprikose (syn. Marille).
Heim.: Mittelasien, Mongolei, heute in den Mittelmeerländern und subtropischen Gebieten Amerikas kultiviert.
Droge: Oleum Amygdalarum gallicum; Aprikosenkernöl, das fette Öl der Fruchtkerne. Inh.: fettes Öl (ca. 45 %), bestehend aus Ölsäuretriglyceriden, ferner Amygdalin. Anw.: als Salbengrundlage, in der Kosmetik sowie als feinmechanisches Schmieröl.

Prunus avium L. (syn. Cerasus avium); Süßkirsche (syn. Vogelkirsche).
Vork.: Europa, Vorderasien, in zahlreichen Formen kultiviert.
Droge: Gummi Cerasorum; Kirschgummi (syn. Prunoideengummi), das aus dem Stamm nach Verletzung austretende Gummiharz. Inh.: D-Glucuronsäure, D-Galactopyranose, L-Arabofuranose, D-Xylopyranose, D-Mannopyranose. Anw.: ähnlich wie Gummi arabicum (Acacia-Arten), als Appreturmittel in der Textilindustrie. Die Blätter der Pflanze wurden auch als Tabakersatz geraucht, die Früchte werden als Obst gegessen.
Hom.: Padus avium HAB 34; die frischen, zur Blütezeit gesammelten Blätter.

Prunus cerasus L. (syn. Cerasus vulgaris). Sauerkirsche (syn. Weichselkirsche).
Heim.: Kleinasien, Transkaukasien, in Europa und Nordamerika in zahlreichen Formen kultiviert.
Drogen: 1. Fructus Pruni cerasi (syn. Fructus cerasi acidi), Sauerkirschen. Inh.: Fruchtsäuren, Pektin (ca. 2 %), der glykosidische Anthocyanfarbstoff Ceracyanin und Gerbstoffe. Anw.: zur Herstellung von Sirupus Cerasorum (syn. Sirupus Cerasi nigri); Kirschsirup (syn. Sauerkirschsirup), der aus dem Fruchtsaft und Saccharose hergestellte Sirup, der als Arzneimittelträger und Geschmackskorrigens verwendet wird. Aus den zerstoßenen gegorenen Früchten wird durch Destillation das "Schwarzwälder Kirschwasser" hergestellt, das neben Alkohol (45-48 %) auch Spuren von Blausäure als Aromastoff enthält. 2. Stipites Cerasorum (syn. Stipites Cerasi acidi, Pedunculi Cerasorum); Kirschstiele (syn. Sauerkirschstiele), die Fruchtstiele. Inh.: Gerbstoffe. Anw.: in der Volksheilkunde als Diuretikum und Stopfmittel sowie als Bestandteil von Entfettungstees. In England wird die Droge auch als Gewürz zum Einlegen von sauren Gurken benutzt. 3. Kirschkernöl, das fette Öl der Fruchtkerne. Inh.: fettes, trocknendes Öl (25-35 %). Anw.: als Speiseöl. 4. Folia Cerasi; Sauerkirschenblätter, die getrockneten Blätter. Inh.: Gerbstoffe, Säuren, Flavonoide, Amygdalin und Cumarin. Anw.: in der Volksheilkunde bei Blutarmut und Bleichsucht. Früher auch als Tabakersatz bzw. zum Strecken von echtem Tabak.

Prunus domestica L.; Pflaume (syn. Zwetschge).
Vork.: Europa, Nordamerika, Asien.
Drogen: 1. Fructus Pruni domesticae (syn. Fructus Prunorum), Pflaume (syn. Zwetsche, Zwetschge), die reifen Früchte (frisch oder getrocknet, Backpflaumen). Inh.: Zucker (10-20 %), Fruchtsäuren. Anw.: mildes Laxans (Trockenpflaumen), Genußmittel. In der Nahrungsmittelindustrie dient die Droge zur Bereitung von Pflaumenmus, das früher auch einmal als Arzneiträger fungierte. 2. Pflaumenkernöl, das fette Öl der Fruchtkerne. Inh.: fettes, halbtrocknendes Öl (25-35 %), das aus Triglyceriden der Fettsäuren Myristin-, Palmitin-, Stearin-, Öl- und Linolsäure besteht. Anw.: nach Raffination als Speiseöl.
Hom.: Prunus domestica HB34, die frische Rinde.

Prunus dulcis (Mill.) D. A. Webb (syn. Amygdalus communis, Prunus communis, P. amygdalus); Mandelbaum; vgl. Abbildung.
Heim.: Südchina, Kleinasien. Heute werden die verschiedenen Formen im Mittelmeergebiet, Rußland, Nordamerika (Kalifornien) und Südamerika (Brasilien) kultiviert. In zwei Varietäten vorkommend:
A.
Prunus dulcis var. amara (DC.) Buchheim; Bittermandelbaum.
Drogen: 1. Semen Amygdali amarum (syn. Amygdalae amarae, Semen Amygdalae); Bitterer Mandelsame (syn. Bittermandel, Bittere Mandeln), die reifen Samen. Inh.: fettes Öl (30-50 %), Proteine (20-30 %), Zucker, Schleimstoffe, Enzyme (Emulsin als Enzymkomplex), Amygdalin (1-8 %). Anw.: zur Herstellung von Mandelöl, in der Marzipan-, Schokoladen-, Süßwaren- und Likörindustrie sowie in der Parfümerie. Größere Mengen bitterer Mandeln sind giftig durch die Freisetzung von Blausäure aus dem Amygdalin. Die letale Dosis beträgt für einen Erwachsenen etwa 50 bis 60, für Kinder 5 bis 12 bittere Mandeln. 2. Oleum Amygdalarum amarum aethereum (syn. Oleum Amygdalae amarae); Ätherisches Bittermandelöl, das nach Entfettung und Fermentierung durch Destillation gewonnene äther. Öl. Die Droge ist giftig! Inh.: Benzaldehyd (75-95 %), Mandelsäurenitril, Blausäure (1,5-4 %), Benzoesäure, Benzylalkohol. Anw.: in der Likörindustrie, Parfümerie, Kosmetik. Die Droge wird heute wegen des schwankenden Gehaltes an Blausäure kaum noch verwendet. 3. Amygdalae oleum (syn. Oleum Amygdalarum, Oleum amygdalarum expressum, Oleum Amygdalarum verum); Mandelöl (syn. Fettes Mandelöl), das kaltgepreßte, fette Öl aus den reifen Samen. Inh.: Triglyceride gesättigter Fettsäuren (ca. 5 %), Ölsäureglyceride (ca. 80 %), Linolsäureglyceride (ca. 15 %), Phytosterole. Anw.: als Salbengrundlage, zu Linimenten und galenischen Präparaten. In der Volksheilkunde bei Magen- und Darmentzündungen eingesetzt. Auch als Speiseöl, in der Süßwarenindustrie sowie als Schmieröl in der Feinmechanik wird die Droge verwendet. 4. Farina Amygdalarum (syn. Placenta Amygdalarum); Mandelkleie, die Preßrückstände bei der Gewinnung des fetten Öls. Inh.: fettes Öl (ca. 10 %), Zucker, Amygdalin sowie Reste von Emulsin. Anw.: in der Kosmetik zur Herstellung von Gesichtsmasken bei unreiner Haut.
Hom.: Prunus dulcis var. amara HAB 1; Bittermandel, die reifen Samen. Anw.-Geb.: Entzündliche Prozesse im Hals- und Rachenbereich.
B.
Prunus dulcis var. dulcis; Mandelbaum.
Drogen: 1. Semen Amygdalae dulce (syn. Semen Amygdali dulce, Amygdalae dulces); Süße Mandeln, die reifen Samen; vgl. Abbildung. Inh.: fettes Öl (30-60 %), Proteine (20-30 %), Glucose. Saccharose, Enzyme sowie Gummi. Anw.: in Form der Emulsio amygdalina als Hustenmittel sowie zur Herstellung anderer galenischer Präparate. 2. Amygdalae oleum (syn. Oleum Amygdalarum, Oleum amygdalarum expressum, Oleum Amygdalarum verum); Mandelöl (syn. Fettes Mandelöl), das kaltgepreßte, fette Öl aus den reifen Samen. Inh.: Triglyceride gesättigter Fettsäuren (ca. 5 %), Ölsäureglyceride (ca. 80 %), Linolsäureglyceride (ca. 15 %), Phytosterole. Anw.: als Salbengrundlage, zu Linimenten und galenischen Präparaten sowie in der Volksheilkunde bei Magen- und Darmentzündungen. Ferner als Speiseöl, in der Süßwarenindustrie sowie als Schmieröl in der Feinmechanik. 3. Farina Amygdalarum (syn. Placenta Amygdalarum); Mandelkleie, die Preßrückstände bei der Gewinnung des fetten Öls. Inhaltsstoffe und Anwendung s. Prunus dulcis var. amara.
Histor.: Die süße Mandel ist eine uralte Kulturpflanze, die in den landwirtschaftlichen Schriften des Altertums oft genannt wird. Dioskurides und Plinius erwähnen auch die bittere Mandel. Die Rezepte der römischen Ärzte Scribonius Largus und Alexander Trallianus enthalten beide Formen. Karl der Große erwähnt die Mandeln in dem bekannten Capitulare de villis und ordnete ihre Kultivierung an. Im Mittelalter waren die Mandeln Gegenstand eines bedeutsamen Handels.



Prunus dulcis, Mandelbaum



Prunus dulcis, Semen Amygdalae, Mandeln

Prunus laurocerasus L. (syn. Laurocerasus officinalis, Cerasus laurocerasus); Kirschlorbeer (syn. Lorbeerkirsche), vgl. Abbildung.
Vork.: Mittelmeergebiet, v.a. Italien, Kleinasien und Kaukasusgebiete.
Drogen: 1. Folia Laurocerasi (syn. Folia Lauro-Cerasi); Kirschlorbeerblätter, die getrockneten Laubblätter. Inh.: Blausäureglykoside, u.a. Prulaurasin und Prunasin; Prunase, Emulsin, Phyllinsäure, Gerbstoffe. Anw.: früher bei Neuralgien und Krämpfen als Schmerzmittel (heute obsolet) sowie zur Herstellung von Aqua Laurocerasi. 2. Oleum Laurocerasi aethereum (syn. Oleum Lauro-Cerasi aethereum); Kirschlorbeeröl, das äther. Öl der Blätter, das aus den Glykosiden mittels Emulsin entsteht. Die Droge ist giftig! Inh.: Benzaldehyd, Benzylalkohol, Blausäure (0,4-4 %). Anw.: früher als schmerzstillendes Mittel, bei Asthma sowie bei Krämpfen.
Hom.: Prunus laurocerasus HAB 1; Kirschlorbeer, die frischen Blätter. Anw.-Geb.: Erkrankungen des Herzens sowie des arteriellen Gefäßsystems.



Prunus laurocerasus, Kirschlorbeer

Prunus mahaleb L. (syn. Cerasus mahaleb, Padus mahaleb); Felsenkirsche (Steinweichsel, Türkische Weichsel, Weichselrohr).
Vork.: Kleinasien, Südeuropa.
Droge: die reifen Samen. Inh.: Cholin, Herniarin und weitere Cumaringlykoside sowie Amygdalin. Anw.: in der Likörindustrie zur Herstellung von Cherry Brandy.
Hom.: Prunus Mahaleb HAB 34, die frische Rinde der jungen Zweige.

Prunus padus L. (syn. Cerasus padus, Padus avium, Padus racemosa); Traubenkirsche.
Vork.: Mittel- und Südeuropa, Asien, Rußland, Kaukasus, als Zierpflanze auch kultiviert.
Droge: Cortex Pruni padi (syn. Prunus Padus e cortice); Traubenkirschenrinde (syn. Ahlkirschenrinde), die Rinde der Zweige. Inh.: Amygdalin, Gerbstoffe, Harz, Prunolaurasin. Anw.: in der Volksheilkunde als Tonikum und Sedativum.
Hom.: 1. Prunus padus e cortice HAB 34; die frische Rinde der jungen Zweige. Anw.-Geb.: Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, Mastdarmleiden. 2. Prunus padus e foliis HAB 34; die frischen Blätter zur Zeit der Blüte. Anw.-Geb.: Kopfschmerzen.

Prunus persica (L.) Batsch (syn. Amygdalus persica, Amygdalus pumila, Persica vulgaris); Pfirsichbaum (syn. Pfirsich).
Heim.: Ostasien, in wärmeren Gebieten weltweit kultiviert.
Droge: Oleum Persicarum (syn. Oleum Amygdalarum gallicum, Oleum nucum persicarum); Pfirsichkernöl (syn. Französisches Mandelöl), das fette Öl der Samen. Inh.: fettes Öl (ca. 45 %), das größtenteils aus Ölsäureglyceriden besteht, geringe Mengen an Mandelsäurenitril. Anw.: s. Oleum Amygdalarum.
Hom.: Prunus persica e cortice (syn. Amygdalus persica e cortice) HAB; die frische Rinde. Anw.-Geb.: Erbrechen bei Kindern.

Prunus serotina Ehrh. (syn. Prunus virginiana, Padus virginiana, Padus serotina); Wildkirsche (Black cherry).
Vork.: Nordamerika, in Europa teilweise als Zierpflanze kultiviert.
Droge: Cortex Pruni virginianae (syn. Cerasus virginiana); Virginianische Traubenkirschenrinde (syn. Wildkirschenrinde), die Zweigrinde. Inh.: Prunasin, Gerbstoffe, Emulsin, äther. Öl. Anw.: in der Volksheilkunde als Tonikum und Sedativum.
Hom.: Cerasus virginiana HAB 34; Virginische Traubenkirsche, die frische Rinde.

Prunus spinosa L.; Schlehe (syn. Schlehdorn), vgl. Abbildung.
Vork.: Mittel-, Ost- und Südosteuropa, besonders Italien, Balkan.
Drogen: 1. Flores Pruni spinosae (syn. Flores Acaciae, Flores Acaciae nostratis, Flores Acaciae germanicae, Pruni spinosae flos); Schlehenblüten (syn. Eschendornblüten, Heckendornblüten, Schlehdornblüten, Schwarzdornblüten), die getrockneten Blüten. Inh.: Spuren an Amygdalin, Benzaldehyd, Kämpferol- und Quercetinglykoside, Cumarine. Anw.: in der Volksheilkunde als mildes Laxans, Diuretikum, Blutreinigungsmittel. 2. Fructus Pruni spinosae; Schlehen (syn. Schlehenfrüchte), die reifen (frischen oder getrockneten) Früchte. Inh.: Zucker, Gerbstoffe, Vitamin C, Fruchtsäuren, Pektin, Farbstoffe, Amygdalin. Anw.: in der Volksheilkunde als Adstringens sowie die getrockneten Früchte als Mittel gegen Magenschwäche, Blasen- und Harnleiden.
Hom.: 1. Prunus spinosa HAB 1; Schlehe, die frischen, vor dem Abfallen der Kronblätter geernteten Blüten. Anw.-Geb.: Erkrankungen des Herzens, der Nieren und ableitenden Harnwege. 2. Prunus spinosa e summitatibus HAB 1; die frischen, krautigen, eine Woche nach der Blüte geernteten, noch jungen Triebspitzen. Anw.-Geb.: anthroposophische Therapierichtung.
Histor.: Der Gattungsname Prunus ist vom griechischen prúmnon abgeleitet, padus kommt vom griechischen pádos, bei Theophrast der Name eines schattenliebenden Baumes, und spinosa (lat.) bedeutet dornig, stachelspitzig. Der deutsche Name Schlehe entstammt dem mittelhochdeutschen slêhe.

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