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Lexikon der Astronomie: Hubble-Klassifikation

Hubble-Klassifikation in Ellipsen, Spiralen und Balkenspiralen

Diese morphologische Klassifikation aller Galaxien geht auf den amerikanischen Astronomen Edwin Hubble zurück, der 1936 eine Einteilung in

  • elliptischen Galaxien,
  • Spiralgalaxien und
  • Balkenspiralgalaxien

vorschlug. Daneben gibt es noch den Typus irregulärer Galaxien, die morphologisch nicht in einen der obigen Typen eingeordnet werden können.

Ellipsen

Ellipse NGC 1316, HST 2005 Elliptische Galaxien (engl. ellipticals) haben eine Flächenhelligkeit, die vom Zentrum der elliptischen Form nach außen hin abnimmt. Diese Abnahme wird durch das De Vaucouleur-Gesetz (oder auch r1/4-Gesetz genannt) beschrieben. Untersuchungen vieler Ellipsen anhand dieses Gesetzes liefern sehr einfach ihre totale Leuchtkraft. Im Gegensatz zu den Kugelsternhaufen nimmt die Flächenhelligkeit bei Ellipsen mit zunehmender Größe (Radius) ab! Bei Kugelsternhaufen gilt hingegen, dass sie heller werden, wenn sie dichter sind. Die Helligkeitsprofile dienen daher als wichtiges Unterscheidungsmerkmal der morphologisch sehr ähnlichen elliptischen Galaxien und Kugelsternhaufen.
Elliptische Galaxien sind sehr alte Galaxien, die nach einer gängigen Vorstellung aus der Verschmelzung junger Spiralgalaxien hervorgegangen sind. Sie besitzen kaum noch interstellares Gas und ihre zentralen supermassereichen Schwarzen Löcher sind sehr schwer (Größenordnung: Milliarden Sonnenmassen!), weil sie über einen langen Zeitraum durch Akkretion wachsen konnten. Genau dieser Sachverhalt, erklärt auch das geringe Vorhandensein von Gas: es wurde aufgesammelt und verschwand im Schwarzen Loch. Die Ellipsen werden nach ihrer Abplattung nochmals klassifiziert und nach Typen E0 bis E7 benannt. E steht offensichtlich für Ellipse, während die nachgestellte Ziffer den Abplattungsgrad der Ellipse beschreibt: je größer die Zahl, umso stärker die Abplattung. Die Berechung dieser Zahl gestattet folgender Quotient (a-b)/a, wobei a und b die große und kleine Halbachse der Ellipse bezeichnet und nach Vereinbarung aufgerundet wird.
Im Wesentlichen gibt es zwei Klassen von elliptischen Galaxien: die großen Ellipsen oder Riesenellipsen (giant ellipticals, gE) zeigen keine Rotation der Sterne um das galaktische Zentrum! Hingegen zeigt die zweite Klasse der lichtschwächeren Zwergellipsen(dwarf ellipticals, dE) eine schnelle Rotation. Diese Ellipse sind eher scheibenförmig.
Ein Beispiel zeigt das Foto rechts, aufgenommen mit dem Weltraumteleskop Hubble: die elliptische Galaxie NGC 1316 (große Version; Credit: P. Goudfrooij, NASA/STScI/AURA 2005). NGC 1316 befindet sich in 23 Mpc Entfernung im Sternbild Fornax. Die auffälligen, dunklen Strukturen sind nicht typisch für Ellipsen; es handelt sich dabei um Staub im Vordergrund, der das Licht der Galaxie absorbiert.

Extrawurst für S0

Der Hubble-Typ S0 ist ein intermediärer Typus, an dem die Bifurkation in Spiralen und Balkenspiralen ansetzt. S0-Galaxien werden auch Linsengalaxien genannt. Sie sind ausgezeichnet durch eine auffällig helle Kernregion (bulge) und einer gasarmen, galaktischen Scheibe, die daher kaum eine Ausprägung besitzt. Vermutlich gehen sie wie die Ellipsen aus Spiralgalaxien hervor.

Spiralen

ESpirale NGC 4622, HST 2002 Die Spiralgalaxien (engl. spirals) sind junge Galaxientypen und zeichnen sich durch auffällige Spiralarme aus. Sie werden durch Dichtewellen gebildet und in ihrer Dynamik durch Magnetfelder, die im galaktischen Dynamo erzeugt und verstärkt werden, beeinflusst. Die Spiralarme sind Orte der Sternentstehung, weil hier das interstellare Gas besonders verdichtet wird. Auf optischen Aufnahmen entdeckt man daher hier eine Vielzahl massereicher, junger blauer oder blauweißer Sterne (Spektraltyp O, B). Neben den Spiralarmen gibt es in der Morphologie der Spiralen eine helle Kernregion, den Bulge (engl. Verdickung, Wölbung), die galaktische Scheibe, die sich nach außen an den Bulge anschließt und den sphäroiden Halo, der Randregion einer Spirale. Der Bulge ist im Prinzip eine Ellipse bzw. sind Ellipsen nur Bulges ohne Scheibenkomponente. Sehr wesentlich für die Massenbestimmung supermassereicher Schwarzer Löcher ist die Korrelation von Masse des Schwarzen Loches mit der Geschwindigkeitsverteilung (Geschwindigkeitsdispersion) umgebender Sterne. Diese Geschwindigkeitsdispersion ist wiederum ein Maß für die Masse des Bulges (M-σ4-Relation). So kann man aus der Beobachtung der Kinematik von Sternen (Rotationskurven) auf die Masse des Schwarzen Loches schließen. Im Halo finden sich außerdem die ältesten Objekte einer Spiralgalaxie, die Kugelsternhaufen, die jeweils aus etwa 100 000 Sternen bestehen. Diese Sterne sind sehr alt und haben den bekannten RR Lyrae-Typus. Vor wenigen Jahren gab es Anzeichen dafür, dass im Zentrum der Kugelsternhaufen mittelschwere Schwarze Löcher mit 1000 bis 10000 Sonnenmassen zu finden sind. Mit dem Weltraumteleskop Hubble wurde ein sehr bekannter Kugelsternhaufen der Milchstraße, M15, und einer unserer Begleitgalaxie, der Andromedagalaxie, untersucht, der den Namen G1 trägt.
Das Foto rechts, aufgenommen mit dem Weltraumteleskop Hubble, zeigt die wunderschöne Spiralgalaxie NGC 4622 (große Version; Credit: Buta, Byrd & Freeman, NASA/STScI/AURA 2002). NGC 4622 befindet sich in 34 Mpc Entfernung im Sternbild Centaurus. Die auffälligen, mehrfach gewundenen Spiralarme sind gut zu sehen.

Die Öffnung der Spiralarme und die Größe des Bulges bestimmen nun die Unterklassifikation der Spirale:

  • Sa hat eng am Kern anliegende Spiralarme und einen einen hellen Bulge;
  • Sb hat weiter geöffnete Arme und einen weniger hellen Bulge;
  • Sc besitzt einen kleinen Bulge und weit geöffnete Spiralarme.

Im Prinzip kann dieses Schema weitergeführt werden (SBd, SBe etc). Die Klassifikation wird bei hoher Neigung (Inklination) des Systems erschwert, weil man hier weder Öffnung der Arme, noch Helligkeit des Bulges, noch Vorhandensein von Balken einsehen kann. Unsere Milchstraße und auch die bekannte Nachbargalaxie Andromedanebel (M31) sind Vertreter typischer Spiralgalaxien.

Sb-Galaxie NGC 1300, HST 2005

Balkenspiralen

Die Balkenspiralgalaxien (engl. bar spirals) besitzen neben den oben geschilderten Eigenschaften der Spiralgalaxien einen auffälligen Balken, der quer durch das Kerngebiet verläuft. Die Nomenklatur ist analog SBa, SBb, SBc etc. Die Spiralarme greifen senkrecht am Balken an. Neue Untersuchungen mit optischen und infraroten Aufnahmen von Spiralgalaxien zeigen, dass viel mehr Galaxien einen Balken besitzen, als früher angenommen. So tauchen auf IR-Aufnahmen Balken auf, die optisch unsichtbar sind! Erklärt wird dieser Umstand dadurch, dass im Balken vor allem Protosterne in Staub eingebettet sind und daher durch interstellare Extinktion (siehe auch optische Tiefe) optisch nicht beobachtet werden können. Etwa ein Drittel der Spiralgalaxien in der Umgebung der Milchstraße zeigen diesen Balken, von dem man annimmt, dass er durch die gravitative Wechselwirkung (Gezeitenkräfte) sich nähernder Galaxien ausgebildet wird. Demnach sind besonders Haufengalaxien aussichtsreiche Kandidaten für Balkengalaxien. Vielleicht werden detaillierte Studien zeigen, dass eine Unterscheidung in Spiralgalaxien und Balkengalaxien nicht mehr haltbar ist, weil alle Spiralgalaxien mehr oder weniger einen Balken enthalten.
Ein Beispiel zeigt das Foto oben, aufgenommen mit dem Weltraumteleskop Hubble: die Balkenspiralgalaxie NGC 1300 (große Version; Credit: P. Knezek, WIYN, NASA/ESA/STScI/AURA 2005). NGC 1300 befindet sich in 21 Mpc Entfernung im Sternbild Eridanus. Der fasst waagerecht verlaufende Balken ist deutlich zu erkennen; ebenso die geöffneten Spiralarme.

Irreguläre

Antennengalaxien NGC4038-4039, HST 2006 Die irregulären Galaxien (Abkürzung Ir) zeigen keine besondere Symmetrie. Oft handelt es sich um gravitativ wechselwirkende Systeme, deren ursprüngliche Gestalt (Ellipse, Spirale) stark deformiert wird. Die Magellanischen Wolken (Small Magellanic Cloud, SMC und Large Magellanic Cloud, LMC) am Südhimmel sind Beispiele solcher irregulärer Systeme, die durch andere Galaxien der Lokalen Gruppe verändert wurden und werden. Ein besonders hübsches Exemplar sind die Antennengalaxien rechts, große Version; Credit: NASA/ESA, HST 2006).

Galaxienstatistik

Mithilfe von großen Aufnahmen des Himmels betreibt man nun Galaxienstatistik und zählt die verschiedenen Hubble-Typen im beobachteten Ausschnitt. Diese Untersuchungen dienen dazu, um die Galaxienentwicklung und Galaxiendynamik zu studieren. Auf diese Weise kann man die Entwicklungswege von Galaxientypen aufzeigen und deren Korrelationen aufdecken. Mit so genannten Tiefenfeldbeobachtungen (deep fields, z.B. Hubble Deep Field North, HDFN; Hubble Deep Field South, HDFS mit dem Hubble Weltraumteleskop; FORS Deep Field, FDF mit dem VLT) machen Astronomen sehr lang belichtete Aufnahmen eines sehr dunklen und kleinen Bereichs der Himmelssphäre (wenig Vordergrundsterne). Diese Bilder offenbaren eine Fülle von Galaxien in unterschiedlicher Entfernung und verschiedenen Typs. Bei ausreichender Zahl und möglicher Entfernungsbestimmung kann man eine gute Statistik und kosmologische Studien durchführen.

Typische Vertreter ihres Hubble-Typs:

  • E0: M87
  • E6: NGC 3377
  • Sa: Sombrero-Nebel
  • Sb: M81
  • Sc: NGC 2997, NGC 300
  • SBa: NGC 175
  • SBb: NGC 1365
  • SBc: NGC 1073
  • SBd: NGC 4242

Aus dieser Beschreibung wird klar, dass die Hubble-Klassifikation eine rein morphologische Einteilung ist und nicht mit Galaxienentwicklungsstufen assoziiert ist.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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