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Lexikon der Astronomie: AdS/CFT-Korrespondenz

Die AdS/CFT-Korrespondenz, AdS-CFT-Dualität oder Maldacena-Dualität gehört zu den wichtigsten Entdeckungen in der theoretischen Physik in den 1990er Jahren. Sehr salopp umschrieben handelt es sich um eine Art Verwandtschaft zwischen der Gravitation und Theorien für Teilchenphysik. Um konkreter zu erklären, was gemeint ist, müssen zunächst einige Begrifflichkeiten und Grundlagen geklärt werden.

Was ist AdS?

AdS ist die Abkürzung für Anti-de-Sitter und meint eine gekrümmte Raumzeit, die mit dem de-Sitter-Kosmos zusammenhängt. Diese Raumzeit ist durchsetzt von einer Energieform, die als kosmologische Konstante Λ bezeichnet wird. Albert Einstein hat diese Größe 1917 erfunden, um mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) Fragen der Kosmologie zu lösen.
Das 'Anti' bedeutet, dass die Raumzeit von einer kosmologischen Konstante mit negativem Vorzeichen gekrümmt wird. In der AdS/CFT-Korrespondenz geht es aber nicht um vierdimensionale Raumzeiten wie in der ART, sondern um eine fünfdimensionale Anti-de-Sitter-Raumzeit. Diese wird abgekürzt mit AdS5. Auf dieser gekrümmten 5D-Raumzeit wird nun eine Stringtheorie aufgebaut, d.h. AdS5 fungiert als Hintergrundmetrik einer Theorie für Elementarteilchen. Es ist eine Stringtheorie, die die Gravitation berücksichtigt.
An dieser Stelle sollten Sie als Leser stutzig werden und einwenden: 'Moment, die Stringtheorien sind doch zehndimensional – wo sind die anderen fünf Dimensionen in dieser Betrachtung geblieben?' Völlig richtig! Die verbleibenden fünf Dimensionen sind auf einer kompakten Mannigfaltigkeit kompaktifiziert. So kann man die Stringtheorie Typ IIB auf dem Produkt der Räume AdS5 × S5 bewerkstelligen, wobei S5 die kompakte 5D-Sphäre ist.

Was ist CFT?

CFT steht für Conformal Field Theory, also übersetzt konforme Feldtheorie. Eine Feldtheorie beschreibt Kräfte in der Natur entweder klassisch (wie bei der ART oder bei der Maxwellschen Elektrodynamik) oder quantisiert (siehe Quantenfeldtheorie).
Das Attribut 'konform' bedeutet, dass eine bestimmte Symmetrie bei dieser Feldtheorie vorliegt, nämlich die konforme Symmetrie. Was das genau bedeutet, ist nur mit einigen Kenntnissen der Gruppentheorie zu verstehen. Im Folgenden wird versucht, die konforme Symmetrie zu erklären: Mathematisch assoziiert man Symmetrien mit Gruppen. In diesem Fall betrachten wir also die konforme Gruppe. Sie setzt sich aus verschiedenen Transformationen (Generatoren) zusammen, die gerade die Gruppeneigenschaften erfüllen. Im Falle der konformen Gruppe sind das die Generatoren der Poincarégruppe (d.h. die Lorentz-Generatoren, die zur Lorentzgruppe gehören, plus Translationen), der Generator für Dilatationen sowie spezielle konforme Transformation. Dilatationen sind Transformationen, die die Längen- oder Energieskala verändern. Die zugehörige Symmetrie heißt Skaleninvarianz. Eine skaleninvariante Theorie hängt demnach nicht von der Längen- oder Energieskala ab.
Ein Beispiel für eine konforme Feldtheorie ist die vierdimensionale, supersymmetrische Yang-Mills-Theorie, die die starke Kraft beschreibt und die die Supersymmetrie beinhaltet.

Entdecker und Mitbegründer

Juan M. Maldacena, damals an der Harvard University in Cambridge (USA), veröffentlichte 1997 eine wissenschaftliche Arbeit, die in der Fachwelt für viel Aufsehen und Inspiration gesorgt hat. Er entdeckte die AdS/CFT-Korrespondenz, die in der Folgezeit klarer ausgearbeitet wurde, u.a. von dem bekannten Stringtheoretiker Edward Witten.

Was ist eine Korrespondenz zwischen AdS und CFT?

Diese Korrespondenz besteht zwischen der Supergravitation oder einer Stringtheorie (Typ IIB) auf einer 5D Anti-de-Sitter-Raumzeit mit Gravitation und einer 4D konformen Feldtheorie ohne Gravitation. Man sagt auch, die Feldtheorie operiere nur auf dem 4D Rand der 5D AdS-Raumzeit. Wie muss man sich das vorstellen?
Nun, die 5D-Strings vermögen eine Reihe der Eigenschaften der 4D-Yang-Mills-Theorie zu beschreiben. Die Yang-Mills-Theorie ist gerade ein mathematisches Konzept für die starke Kraft. Mathematisch lassen sich nun aus Rechnungen mit Strings in 5D Eigenschaften der 4D-Welt ableiten, die mit der Quantenchromodynamik zusammenhängen. Diese verblüffende Analogie legt eine tiefsinnige Einsicht in die Gravitation und Teilchenphysik frei.

Dualität mit viel allgemeinerem Charakter

Es ist sogar in der weiteren Erforschung der Korrespondenz gelungen, die Dualität auch für andere Raumzeiten als AdS zu verallgemeinern. Ähnlich ist es bei den Feldtheorien, die letztlich Eichtheorien sind. In der Verallgemeinerung sprechen die Theoretiker daher von einer fundamentalen Dualität von Eichung und Gravitation (engl. gauge/gravity dual, gauge/string duality). Dualität meint in diesem Zusammenhang, dass es zwei gleichwertige Beschreibungen der Natur gibt – sozusagen zwei Seiten einer Medaille.
AdS/CFT ist eine konkrete Realisierung des holographischen Prinzips (siehe auch Holostern), das 't Hooft und Süsskind 1993/94 entdeckt haben.
AdS/CFT ist zwar eine unbewiesene Vermutung, wurde aber in einigen konkreten Fällen getestet, bei denen Übereinstimmung gefunden wurde!

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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