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Lexikon der Astronomie: Brill-Wellen

Brill-Wellen

Brill-Wellen sind eine spezielle Form reiner Gravitationswellen und Lösungen der Einsteinschen Feldgleichungen im Vakuum. Sie sind benannt nach Dieter Brill, der 1959 diese Wellen eingehend untersuchte und zeigen konnte, dass diese Konfiguration reiner Gravitationswellen eine positive Masse (gemessen im Unendlichen) haben kann. Aus diesem Grund sind sie nicht nur ein Artefakt des Koordinatensystems, sondern können ein reales, physikalisches System bilden.

Ein Gezitter in der Raumzeit

Die Energie dieser Wellen ist in der propagierenden Raumkrümmung gespeichert. Mathematisch beschreibt man sie mit einem axialsymmetrischen Linienelement (siehe dazu auch Raumzeit). Je nach Energiedichte bzw. Intensität dieser Welle handelt es sich – bei kleinen Intensitäten – lediglich um linear propagierende Wellen in einer flachen Raumzeit, die einen geglätteten, flachen Raum hinterlassen. Diese Wellen nennt man subkritische Brill-Wellen. Bei sehr hoher Intensität handelt es sich um einen Kollaps ohne Materie von reinen Gravitationswellen zu einem Schwarzen Loch. Diese Wellen heißen superkritische Brill-Wellen. Bei noch höheren Energiedichten können die Brill-Wellen von Anfang an Schwarze Löcher bilden.

Wo laufen'se denn?

Da es sich um Vakuumlösungen der Feldgleichungen handelt, sind Brill-Wellen materiefreie Systeme, so dass bei deren numerischer Behandlung auf relativistische Hydrodynamik verzichtet werden kann. Eine interessante Eigenschaft der Brill-Wellen ist, dass deren Gravitationsenergie nicht klassisch lokalisiert werden kann: An jedem Punkt der Raumzeit sieht ein Beobachter nur eine (flache) Minkowski-Raumzeit, weil überall Vakuum herrscht. Nur in einer asymptotisch flach Region weit entfernt von der Quelle kann man die Gravitationsenergie als Gravitationsfeld interpretieren, das man nicht von dem einer Materiekonfiguration unterscheiden kann.

Kollaps zum Loch

Astrophysikalisch relevant sind diese noch theoretischen Gebilde, weil sie Schwarze Löcher bilden können – wie es scheint auf der ganzen Massenskala, von TeV bis 1010 Sonnenmassen. Da dies nicht mal Materie bedarf, könnten dies erste Kondensationskeime für Galaxien in der Frühgeschichte des Universums sein. Gravitationswellendetektoren (Geo 600, LISA, LIGO, LISM etc.) könnten über diese Spekulation bald Klarheit verschaffen.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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