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Lexikon der Astronomie: Casimir-Effekt

Klassischer Casimir-Effekt zwischen zwei Metallplatten

Der Casimir-Effekt ist nach dem Physiker Hendrick B.G. Casimir benannt, der diesen Effekt 1948 berechnet hat. Der Effekt besagt, dass zwei parallel ausgerichtete Metallplatten sich im Vakuum anziehen!

Wer schiebt denn da?

Hinter diesen fast wie Zauberei anmutenden Effekt steckt als Erklärung 'handfeste' Quantentheorie: das Quantenvakuum ist nicht völlig leer. Das elektromagnetische Feld besitzt ebenfalls eine Nullpunktsenergie (oder Vakuumfluktuationen) und entsprechend Schwingungsmoden (oder Wellenfunktion) zu diesen Energieeigenwerten. Im Vakuum zwischen den Metallplatten können jedoch nicht alle freien Schwingungsmoden (Schwingungsfrequenzen) existieren: durch den endlichen Abstand zwischen den metallenen Platten werden diejenigen Schwingungsmoden 'ausgeblendet', deren Vielfaches der Wellenlänge nicht mit dem Plattenabstand übereinstimmt. Um das zu zeigen, löst man quantenmechanisch die Schrödinger-Gleichung in einem Kasten und findet für diese Anordnung paralleler Platten weniger Schwingungsmoden als im Fall ohne Platten. Anschaulich würden Schwingungsmoden die nicht in einem Knoten auf den Plattenoberfläche enden Ladungen in den Platten verschieben, also elektrische Ströme erzeugen. Die Voraussetzung, dass es sich um ungeladene Metallplatten handeln soll ist wesentlich, weil nur sie das elektromagnetische Feld zwischen den Platten reflektieren können. Anders formuliert können zwischen den Leiterplatten nur virtuelle Photonen bestimmter Frequenz entstehen.
Die Folge dieses Defizits an Schwingungsmoden innerhalb der Platten gegenüber dem Bereich außerhalb der Plattenanordnung ist ein Quantendruck bzw. eine Casimir-Kraft von außen, der die Platten zusammenbringt. Damit ist der Casimir-Effekt ein makroskopischer Beleg der mikroskopischen Quantenfluktuationen!

Varianten der Casimir-Experimente

Experimentell wurde der Casimir-Effekt 1997 von dem amerikanischen Physiker Steve Lamoreaux mit einer geringfügig anderen Versuchsanordnung, nämlich einer Metallplatte vor einem Metallkugelsegment im Distanzbereich von 0.6 bis 6 Mikrometern verifiziert, d.h. tatsächlich gemessen! Mit dieser Anordnung konnte Lamoreaux die exakt parallele Ausrichtung der Platten umgehen, die im ursprünglichen Ansatz nötig gewesen wäre. Er verwendete ein Torsionspendel und piezo-elektrische Druckmesser, um die Casimir-Kraft zu messen. Im betrachteten Bereich betrug sie etwa 10 nN (Nanonewton), also einer Gewichtskraft wie sie eine Masse von einem Mikrogramm auf eine Unterlage ausübt.
Als Variante des klassischen Casimir-Effekts stellt sich eine Anordnung dar, wo Atomkerne in den 'Fermi-See' der Neutronen eintauchen. Die Casimir-Kräfte könnten für eine Umordnung der Atomkerne sorgen oder die Bewegung der Neutronen im Fermi-See beeinflussen, was eine Relevanz in der Kruste eines Neutronensterns oder eines Quarksterns haben könnte.
Ein anderes Beispiel sind die Fußballmoleküle C-60 (Gattung der Fullerene), die eingetaucht in den Fermi-See von Elektronen (beispielsweise in flüssiges Quecksilber) ein ähnlichen Effekt zeigen sollten (Wirzba & Bulgac 2001).

wissenschaftliche Veröffentlichungen

  • Lamoreaux, S.: Demonstration of the Casimir Force in the 0.6 to 6 μm Range, Physical Review Letters 78, 5, 1997
  • Wirzba, A. & Bulgac, A.: Casimir Interaction among Objects Immersed in a Fermionic Environment, Physical Review Letters 87, 120404, 2001

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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