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Lexikon der Astronomie: Leuchtkraft

Die Leuchtkraft hat die Dimension einer Leistung, Energie pro Zeit, und ist in der Astronomie eine besonders wichtige Zustandsgröße. Im Speziellen ist die Leuchtkraft wesentlich, um in der Stellarphysik Sterne zu charakterisieren; aber Leuchtkräfte geben die Astronomen für alle möglichen kosmischen Objekte an, auch für Galaxien. Die typische Einheit der Leuchtkraft ist in der Astronomie erg/s, weil vor allem Theoretiker das cgs-System bevorzugen. Die Leuchtkraft (engl. luminosity) ist von der Definition der Helligkeit zu unterscheiden.

Was leuchtet da?

Oft beziehen die Astronomen die Leuchtkraft auf einen bestimmten Spektralbereich und sprechen beispielsweise von Radioleuchtkraft, Röntgenleuchtkraft oder Gammaleuchtkraft. Auch werden – etwas seltener – Leuchtkräfte auf Teilchen bezogen, z.B. Neutrinoleuchtkraft.

Leuchtkraft bei allen Farben

Zusammenhang zwischen absoluter bolometrischer Helligkeit und Leuchtkraft Die bolometrische Leuchtkraft, also die Leuchtkraft integriert über alle Spektralbereiche, folgt aus der bolometrischen Helligkeit (siehe erste Gleichung). Bei beiden Größen gibt es jedoch große Unsicherheiten zur exakten Bestimmung.

Leuchtkraft von Sternen

Die Leuchtkraft von Sternen folgt aus Sternmodellen. Eine fundamentale Gleichung der Stellarphysik setzt die Leuchtkraft einer Massenschale bekannter Dicke und Dichte in Bezug zur Energieproduktion in dieser Schale (siehe zweite Gleichung). produzierte Leuchtkraft in stellaren Massenschalen Kennt man die Energieproduktion (epsilon, Dimension: Energie pro Masse und pro Zeiteinheit) in Abhängigkeit von Dichte, Temperatur und chemischer Zusammensetzung (vergleiche auch thermonukleare Fusion), so lässt sich diese Gleichung über die Massenschale des Sterns integrieren und liefert die Leuchtkraft dieser Schale.

Leuchtkraft von wärmestrahlenden Kugeln

Beziehung zwischen Leuchtkraft, Radius und Effektivtemperatur eines SternsEine andere wichtige Gleichung erhält man, wenn man den Stern als Schwarzen Strahler (engl. black body) annimmt. Die strahlende Sternoberfläche mit Radius R möge gerade die Effektivtemperatur Teff. Dann folgt mit der Stefan-Boltzmann-Konstante σ, die einen Wert von 5.67 × 10-8 W m-2 K-4 hat, die dritte Gleichung. Sternradius und Effektivtemperatur oder äquivalent Spektraltyp führen so auf die Leuchtkraft eines Sterns.

Charakterisierung im Hertzsprung-Russell-Diagramm

Mit den beiden bekannten Zustandsgrößen Leuchtkraft und Effektivtemperatur (oder Spektraltyp) von vielen Sternen lässt sich das fundamentale Hertzsprung-Russell-Diagramm (HRD) der Sterne darstellen. Das HRD zeigt die Entwicklung von Sternen von ihrer Entstehung bis zu ihrem Ende, das möglicherweise zu einem kompakten Objekt führen kann. Es zeigt sich, dass sich beobachtete Sterne in verschiedenen Entwicklungsstadien befinden. Massereichere Sterne durchleben die stellare Entwicklung schneller, weil die thermonuklearen Prozesse im Innern effizienter sind und schneller den Brennstoff aufbrauchen. Massearme Sterne wie die Sonne hingegen können relativ lange in einem stationären Zustand auf der Hauptreihe verharren. Auch unterscheiden sich die Sterne darin, was als stabile Endkonfiguration nach den thermonuklearen Reaktionen übrig bleibt: Weiße Zwerge, Neutronensterne, Quarksterne, Seltsame Sterne, stellare Schwarze Löcher oder sogar Gravasterne sind dabei vermutete Kandidaten. Im Wesentlichen entscheidet die Masse des Sterns über sein Schicksal, weshalb sie als wichtigste Zustandsgröße angesehen werden muss.
Im HRD lassen sich die unterschiedlichen Entwicklungsstadien zu stellaren Entwicklungspfaden verknüpfen, die viel über die physikalischen Abläufe in Sternen während ihres 'Lebens' verraten.
In Sternmodellen unter Annahme bestimmter Zustandsgleichungen lassen sich so genannte Masse-Leuchtkraft-Beziehungen oder Temperatur-Leuchtkraft-Relationen ableiten. Auf diese Weise führt eine bekannte Zustandsgröße auf eine unbekannte Zustandsgröße, wenn die Relation Gültigkeit für den betrachteten Stern hat.

Leuchtkraft von Galaxien

In der Theorie der Galaxienentstehung und -entwicklung sowie in der Kosmologie ist man besonders an der Leuchtkraft von Galaxien interessiert. Es lässt sich also die Strahlung vieler Objekte (Sterne, Kugelsternhaufen, Kernregion etc.) in der Galaxie zu einem Wert subsumieren.
Im speziellen Fall elliptischer Galaxien (siehe Hubble-Klassifikation) fand de Vaucouleurs 1948 eine Helligkeitsverteilung, die einem R1/4-Gesetz folgt. Hier definiert man den Effektivradius Reff, der die Hälfte der Gesamtleuchtkraft enthält. Bei bekannten morphologischen Parametern der Ellipse, den Halbachsen a und b, kann man bei bekanntem Effektivradius und zugeordneter Helligkeit an diesem Radius, Ieff, die Gesamtleuchtkraft gemäß folgender Gleichung bestimmen:

Leuchtkraft einer elliptischen Galaxie

Leuchtkraftfunktionen

Von besonderem Interesse ist die so genannte Leuchtkraftfunktion. Sie gibt an, wie viele Galaxien in einem gegebenen Volumen in einem bestimmten Leuchtkraftintervall liegen. Schlechter hat 1976 dafür eine empirische Formel gefunden, die unterhalb einer charakteristischen Leuchtkraft ein Potenzverhalten und oberhalb einen exponentiellen Abfall zeigt.
Die größten Leuchtkräfte zeigen erwartungsgemäß die Aktiven Galaktischen Kerne (AGN). Diese enormen Leuchtkräfte lassen die AGN auch auf kosmologischen Skalen (Rotverschiebungen z = 1 bis 6) noch beobachten. Theoretisch erklärt man diese gewaltigen Strahlungsemissionen mit der Akkretion interstellarer Materie der Wirtsgalaxie auf ein supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum des AGN. Nur dieser Mechanismus leistet eine effiziente Umwandlung von Ruheenergie des Plasmas in Strahlungsenergie!

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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