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Lexikon der Astronomie: Penrose-Prozess

Penrose Paarbildung in der Ergosphäre

Der Relativist Roger Penrose hat darauf hingewiesen, dass es möglich sein könnte, aus einem rotierenden Schwarzen Loch Energie, genauer gesagt Rotationsenergie, zu gewinnen. Dieser Vorgang wird Penrose-Prozess genannt.

Wie kann das gehen?

Rotierende Schwarze Löcher werden in Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie durch die Kerr-Metrik beschrieben. Diese Raumzeit hat eine einzigartige Eigenschaft: sie besitzt eine Ergosphäre, die eine besonders schnelle Rotation des Raumes markiert. Penrose hatte sich nun das Gedankenexperiment ausgedacht, dass Teilchen in die Ergosphäre geschossen werden. Dort sollte jedes Teilchen in zwei Teile zerfallen, z.B. infolge eines radioaktiven Zerfalls: ein Teil fällt in das Schwarze Loch, der andere entweicht aus der Ergosphäre in den Außenraum.
Die Rechnungen zeigen nun, dass die ausströmende Materie mehr Energie haben kann als die eingefallene! Dies geschieht dadurch, dass das rotierende Schwarze Loch Drehimpuls verlieren kann, um ihn auf das entkommene Teilchen zu übertragen. Anders gesagt: Das Loch verliert Rotationsenergie. Die Energiegewinnung aus Kerr-Löchern scheint damit theoretisch möglich zu sein.

klassischer Penrose-Prozess

Im klassischen Penrose-Prozess (Penrose et al., 1969) nehmen retrograd rotierende Teilchen (gegenläufige Rotation im Vergleich zum Kerr-Loch) in der Ergosphäre Zustände negativer Energie an, gemessen von einem Beobachter im Unendlichen. Allerdings können diese Teilchen nicht direkt ins Unendliche entkommen und dem System Energie entnehmen. Jedoch kann durch Streuprozesse zwischen zwei Teilchen in der Ergosphäre eines einen retrograden Orbit und damit negative Energie erhalten, während das andere seine Energie bekommt und forttragen kann.

PPP: Penrose-Paarbildung

Paarbildung in der Photonensphäre Ein besonderes Szenario unter den Penrose-Prozessen ist die Penrose-Paarbildung (engl. Penrose pair production, PPP). Hier geht man davon aus, dass Photonen, die in der Photonensphäre gefangen sind, mit Photonen, die auf radialen Geodäten einlaufen kollidieren. Wie die Reaktionsgleichung links darstellt, kann bei dieser Kollision ein Paarplasma aus Elektronen und Positronen erzeugt werden. Typischerweise wird angenommen, dass die Photonen im Orbit Energien im Bereich von MeV bis GeV haben, während das einlaufende Photon nur etwa 10 keV haben muss. Das würde nach E = mc2 ausreichen, um aus hochenergetischem Licht leptonische Materie zu erzeugen.

Jetentstehung durch Gravitomagnetismus

Die Ergosphäre als Gebiet zwischen statischem Limit, rstat, und Ereignishorizont erlangt erst bei hohen Rotationen eine signifikante Größe. Im Schwarzschild-Fall gibt es keine Ergosphäre und keine rotierende Raumzeit: diese Raumzeit ist statisch. Eine Darstellung aller charakteristischer Radien bei Schwarzen Löchern zeigt, dass der Photonenorbit erst bei einer Rotation von a ~ 0.7M in die Ergosphäre eintaucht. In der Ergosphäre gibt es dann allgemein relativistische Effekte wie Frame-Dragging bzw. Lense-Thirring-Effekt – dort werden sie besonders stark. Das gravitomagnetische Feld stellt eine gravitomagnetische Kraft (als Pendant zur Lorentz-Kraft im magnetischen Feld) bereit, die vor allem nicht-äquatoriale Teilchenbahnen beeinflusst: sie werden zur Lense-Thirring-Präzession veranlasst. Insbesondere kann diese gravitomagnetische Wechselwirkung zu einseitigen Jets führen, wie man sie in vielen Quasaren und anderen Aktiven Galaktischen Kernen (AGN) beobachtet. Denn die gravitomagnetische Kraft zieht vorzugsweise die Teilchen mit der Rotationsrichtung des Kerr-Loches mit. Dies bricht also die Reflexionssymmetrie zwischen oberer und unterer Hemisphäre. Damit kann die Einseitigkeit von Jets nicht nur auf Beaming infolge des Doppler-Effekts bei entsprechender Orientierung zurückgeführt werden, sondern auch gravitomagnetische Effekte. Eine gute Darstellung dieses Modells findet sich bei R.K. Williams 2002/2003, astro-ph/0203421 sowie in Anwendung auf die Quasare 3C 279 und 3C 273, astro-ph/0306135.

Blandford-Znajek-Mechanismus

Ein weiterer Prozess, der dem rotierenden Schwarzen Loch Rotationsenergie zu entziehen vermag, ist der so genannte Blandford-Znajek-Mechanismus. Im Unterschied zum Penrose-Prozess sind hier elektrische und vor allem magnetische Felder beteiligt. Die Extraktion der Rotationsenergie geschieht auf elektromagnetischem Wege.

Motor aktiver Galaxien

Penrose-Prozess und Blandford-Znajek-Mechanismus sind besonders wichtig für die Physik der AGN und das AGN-Paradigma, wonach die enorme Leuchtkraft aus der Akkretion von interstellarem Gas und Sternen auf ein supermassereiches Schwarzes Loch erzeugt wird ('AGN-Motor').

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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