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Lexikon der Astronomie: Quantenzahlen

Als Quantenzahlen bezeichnen die Physiker sämtliche quantisierte Eigenschaften (Freiheitsgrade) eines Teilchens oder quantisierten Systems (Ein-, Zwei-, Mehrteilchensysteme).

So finden wir Quantenzahlen

Der tiefer liegende Zusammenhang, der eine Verwendung von Quantenzahlen rechtfertigt, ist die Quantisierung physikalischer Größen, die die Quantentheorie aufdeckte. Kennt man das Quant, also die kleinstmögliche Einheit der betreffenden physikalischen Größe, so genügt die Angabe einer Zahl, nämlich des Vielfachen dieser Einheit, die Quantenzahl, um den Zustand des Systems eindeutig zu charakterisieren. In der Regel beschreiben erst viele Quantenzahlen, die unterschiedlichen Eigenschaften zugeordnet sind, ein Teilchen oder System eindeutig. Also charakterisieren Quantenzahlen erst ein Teilchen, ein Organisationsprinzip, um Ordnung in den Teilchenzoo zu bringen. Genau diese Methode wenden die Teilchenphysiker dem Particle Physics Booklet an. Es handelt sich um eine Art 'Teilchenkatalog', der alle Teilchen namentlich vorstellt und dann ihre Eigenschaften in Form von Quantenzahlen listet.

Beispiele für Quantenzahlen

  • Eine sehr anschauliche physikalische Größe und Quantenzahl ist die elektrische Ladung Q. Im Millikan-Versuch konnte die Elementarladung e abgeleitet werden. Man könnte dies als Ladungsquant bezeichnen. Ihr Zahlenwert ist e = 1.602 176 462 × 10-19 C (C steht für die SI-Einheit Coulomb der elektrischen Ladung). Entsprechend wird eine beliebige elektrische Ladung Q in Einheiten von e angegeben, also eine (in der Regel) ganze Zahl, die Quantenzahl. Dabei gilt die Vereinbarung, dass negative Ladungen ein negatives Vorzeichen und positive Ladungen ein positives Vorzeichen erhalten. So haben Elektronen Q = -1, Protonen und Positronen haben Q = +1 und die Quarks haben sogar drittelzahlige Ladungen, Q = -1/3 oder Q = +2/3 (wie man sieht haben Quarks drittelzahlige Ladungen!).
  • Das Standardmodell der Teilchenphysik kennt weitere Ladungen: So wie Photonen an die elektrische Ladung koppeln, koppeln die Austauschteilchen (Eichbosonen) der schwachen Wechselwirkung, W-, W+ und Z0 an die schwache Ladung g (oder Kopplung). Offensichtlich tragen Quarks und Leptonen ein g verschieden von null, da sie alle schwach wechselwirken. Zudem besteht ein eindeutiger Zusammenhang zwischen Elementarladung und schwacher Ladung (siehe erste Gleichung unten). Leider wird der dabei auftretende Weinbergwinkel θW nicht vom Standardmodell prognostiziert, folgt aber aus den Großen Vereinheitlichten Theorien in einer SU(5)-Gruppentheorie. Die Teilchenphysiker ermitteln den Weinbergwinkel experimentell: Er folgt aus dem Massenverhältnis von W- zu Z-Teilchen der schwachen Wechselwirkung (siehe zweite Gleichung unten). Der Zahlenwert für den quadrierten Sinus des Weinbergwinkels ist 0.23143.
  • In der elektroschwachen Theorie taucht die schwache Hyperladung Y auf, die mit der unitären Gruppe U(1) beschrieben wird. Das Konzept der Hyperladung wurde unabhängig voneinander von den Physikern Murray Gell-Mann und Kazuhiko Nishijima 1953 entwickelt. Die Nukleonen, Proton und Neutron, besitzen identische schwache Hyperladung, Y = 1 (siehe dazu auch letzte Gleichung unten).
  • Der Bahndrehimpuls ist ebenfalls quantisiert und wird durch die Bahndrehimpulsquantenzahl l angegeben. l gibt die Vielfache von h/(2π) = 1.054 571 596 × 10-34 Js an (h = 6.626 068 76 × 10-34 Js ist das berühmte Plancksche Wirkungsquantum). Die Angaben sind wichtig, um Zustände von Elektronen in Atomen zu charakterisieren. Die historische Terminologie ist dabei: l = 0 heißt S-Zustand, l = 1 P, l = 2 D, l = 3 F, l = 4 G, entsprechend weiter im Alphabet.
  • Der Spin s, mathematisch ebenfalls ein Drehimpuls, ist ebenfalls quantisiert und nimmt nur Vielfache von h/(4π) an. Quarks und Leptonen sind Fermionen und haben s = 1/2.
  • Weitere quantisierte Drehimpulse sind der Gesamtdrehimpuls J, der Isospin I und der schwache Isospin T.
  • Wichtige Quantenzahlen in der Teilchenphysik sind außerdem die Seltsamkeit S, Leptonenzahl L, Baryonenzahl B, Bottomness B*, Charmness C etc.
Zusammenhang von elektrischer und schwacher Ladung über Weinbergwinkel

Regel für Quantenzahlen

Allgemein gilt immer:

Die Quantenzahl eines zusammengesetzten Teilchens oder Systems ist die Summe der Quantenzahlen seiner Konstituenten.

Ein Beispiel für diese Regel wird bei den Hyperonen anhand der Seltsamkeit vorgestellt.

gute Quantenzahlen

'Gute' Quantenzahlen sind erhalten. Das ist eine wunderbare Eigenschaft, weil sie viele Rechnungen erleichtert. Aber da ist noch mehr: Diese Erhaltung von Quantenzahlen steht in Zusammenhang mit Symmetrien (auch Noether-Theorem). Auf der Basis der Gruppentheorie haben die theoretischen Physiker einen sehr eleganten, mathematischen Apparat gefunden. Das legt eine profunde Sicht auf die Natur frei: Gruppenstruktur, Symmetrien und Erhaltungsgrößen sind miteinander verwoben.

Verknüpfungen zwischen Quantenzahlen

Bestimmung des Weinbergwinkels aus Massen der schwachen Eichbosonen Die Quantenfeldtheorien decken wichtige Relationen zwischen Quantenzahlen auf. Die Gell-Mann-Nishijima-Formeln (siehe unten) verknüpfen einige Quantenzahlen, wie die letzten beiden Gleichungen zeigen, nämlich entweder elektrische Ladung Q, dritte Komponente des Isospins I3, Baryonenzahl B, Seltsamkeit S, Charmness C und Bottomness B oder elektrische Ladung Q, Hyperladung Y und dritte Komponente des schwachen Isospins T3:

Gell-Mann-Nishijima-Formeln

(Quelle für Zahlenwerte: Particle Physics Booklet, Stand Juli 2002)

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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