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Lexikon der Astronomie: Radiogalaxie

Radiogalaxien sind Vertreter Aktiver Galaktischer Kerne (AGN), die sich durch eine hohe Radioleuchtkraft auszeichnen. Im Jargon der Astronomie sind Radiogalaxien radiolaute Quellen.

Eigenschaften von Radiogalaxien

Die visuelle Leuchtkraft ist mit -24. Magnitude eher gering. Bolton entdeckte die erste Radiogalaxie mit der Messier-Bezeichnung M87 im Jahre 1949. Am gleichen Objekt wurde der Begriff Jet geprägt. Radiogalaxien haben immer Jets. Radioastronomen teilen sie gemäß der Fanaroff-Riley-Klassifikation (1974) ein.
Meist sind die Radiogalaxien elliptischen Typs, es handelt sich also um entwickelte Galaxien. Ihr Emissionslinienspektrum ähnelt sehr den Seyfert-Galaxien. Morphologisch ähneln die Radiogalaxien sehr den radiolauten Quasaren: Beide AGN-Typen zeigen im Radiowellenlängenbereich neben den Jets weitere, ausgedehnte Strukturen wie Lobes, Hot Spots und einen Core (Begriffe erläutert unter FR-Klassifikation). Sie unterscheiden sich nur auf der Längenskala, zeigen aber gleiche Gestalt (Morphologie), wie z.B. Beobachtungen mit dem Very Large Array (VLA) belegen.

Typen unter den Radiogalaxien

  • Broad Line Radio Galaxies (BLRGs), mit breiten Emissionslinien und blauem Kontinuum,
  • Narrow Line Radio Galaxies (NLRGs) mit schmalen Emissionslinien
  • und High-z Radio Galaxies (HZRGs), bei denen es sich um hochrotverschobene Radiogalaxien handelt.

Was weit entfernte Radiogalaxien verraten

Gerade die hochrotverschobenen Radiogalaxien sind von besonderem Interesse in der Kosmologie, weil diese HZRGs hohe kosmologische Rotverschiebungen z aufweisen und damit ein Studium früherer Phasen im Universum gestatten. Diese Objekte sind so weit entfernt, dass sie sich eignen, um Jets im frühen Universum zu untersuchen. Hier war das intergalaktische Medium (IGM) noch dichter, als es im lokalen Universums (bei z = 0) ist. Befindet sich die Radiogalaxie in der Nähe der Reionisationsära, war das IGM sogar teilweise noch neutral.
Es ist äußerst interessant, die Propagation von Jets unter diesem Dichtekontrast (Verhältnis von Jetmateriedichte zu IGM-Umgebungsdichte) zu studieren, weil sich hier völlig neue Jetstrukturen ausbilden können. Jets im frühen Universum sehen anders aus, als Jets im lokalen Universum. Diese Untersuchungen werden mithilfe von leistungsfähigen Computern in der theoretischen Astrophysik durchgeführt. Das Computerlabor trägt hier sehr zum Verständnis der beobachteten Quellen und der Entwicklung der Strukturen im Kosmos bei.

Entfernungsrekord bei Radiogalaxien

Der Entfernungsrekord für die Radiogalaxien liegt bei z = 5.19 und wird vom Objekt TN J0924-2201 gehalten (Breugel et al., 2000; astro-ph/0006238). Die so genannte Lyman-Alpha-Kante, eine charakteristische Spektrallinie von Wasserstoff, die im Ruhesystem im UV zu finden ist, liegt bei diesem Objekt bei 753 nm, also im Bereich sichtbaren, roten Lichts! Diese Radiogalaxie ist also so weit entfernt, dass die kosmische Expansion die 'vor Ort' ultraviolette Strahlung ins rote Licht verschoben wird – allein durch die Ausdehnung des Kosmos!

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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