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Lexikon der Astronomie: Supernova

Eine Supernova ist eine Explosion eines Sterns. Dieses katastrophale Ereignis ist mit einem deutlichen Helligkeitsausbruch am Explosionsort verbunden. Das macht die Supernova auch über astronomisch große Distanzen klar sichtbar.

Supernova vs. Nova

Supernovae sind streng von den Novae, einer verwandten Form von Helligkeitsausbrüchen, zu unterscheiden. Eine Differenzierung ist anhand der Lichtkurve möglich. So nennen Astronomen generell ein Diagramm, in dem die Strahlungsintensität (Helligkeit oder Leuchtkraft) über der Zeit aufgetragen wird. Im Moment des Helligkeitsausbruchs steigt die Intensität rapide an. Supernovae sind 'super', weil sie um einen Faktor von einer Million leuchtkräftiger sind als Novae. Es gibt aber auch grundlegende, physikalische Unterschiede zwischen Nova und Supernova (siehe dazu auch unter Nova).

zwei fundamentale Supernovatypen

Phänomenologisch unterscheidet man zunächst grundsätzlich zwei Typen von Supernovae (Abk. SN), bei denen das Kriterium das Vorhandensein bzw. Abwesenheit des Elements Wasserstoff im Spektrum ist. Eine SN Typ I enthält keine (oder nur eine äußerst schwache) Spektrallinie des Wasserstoffs, während eine SN Typ II eine Wasserstofflinie zeigt. Der Wasserstoff ist spektroskopisch nachweisbar, wenn der Stern vor der Explosion, der so genannte Vorläuferstern, noch eine Wasserstoffhülle besaß. Es kann vorkommen, dass der Stern die Wasserstoffhülle abgestreift hat, beispielsweise weil ein starker Teilchenwind von ihm ausgeht. Dann ist der Wasserstoff spektroskopisch kaum oder gar nicht nachweisbar.

weitere Unterteilung der Supernovatypen

Supernova Typ Ia

Supernova Typ Ia oder thermonukleare Supernova: Sie entsteht, wenn Masse von einem Begleitstern auf einen Weißen Zwerg (genauer: einem Kohlenstoff-Sauerstoff-Zwerg, kurz CO-Zwerg; Hoyle & Fowler, ApJ 132, 565, 1960) akkretiert wird. SN Ia sind gute Standardkerzen für die Entfernungsbestimmung, weil dieser Explosionsvorgang immer nach demselben Schema abläuft. Das bestätigen aktuelle Erkenntnisse über die Explosionsvorgänge in SNe Ia (Mazzali et al., Science 315, 825, 2007): Wenn der Weiße Zwerg gerade seine kritische Massengrenze, die so genannte Chandrasekhar-Masse von etwa 1.38 Sonnenmassen, überschreitet, wird er instabil und die gesamte Konfiguration wird zerrissen! Bei Erreichen der Chandrasekhar-Grenze bilden sich im Innern des Zwergs Inseln, wo thermonukleare Verbrennung einsetzt (subsonische Deflagration). Diese breiten sich nach außen aus und gehen dann in eine Detonation über (engl. deflagration-to-detonation transition, DDT). In Detonationen ist der Explosionsdruck höher als in Deflagrationen. Die DDT wird vermutlich durch Turbulenz verursacht. Daraus entsteht schließlich eine schockgetriebene, supersonische Detonationswelle – der Motor der Supernova. Die dabei frei werdenden Leuchtkräfte betragen knapp 5 Mrd. Sonnenleuchtkräfte!
Die Synthetisierung zu neuen chemischen Elementen läuft in den Explosionszonen unterschiedlich ab und richtet sich nach der Dichte der Sternmaterie: Bei hohen Sternmateriedichten liefert das thermonukleare Brennen radioaktives Nickel (Ni-56), das über β+-Zerfall erst zu Kobalt (Co-56) und dieses ebenfalls über β+-Zerfall zu Eisen (Fe-56) zerfällt. In den Betazerfällen entstehen schnelle Teilchen, die das Explosionsgas aufheizen. Es kühlt durch die Emission so genannter verbotener Linien von Eisen (Fe-II und Fe-III). Die Supernova leuchtet umso heller, je mehr Ni-56 vorhanden ist (Colgate & McKee 1969). In den Zonen geringer Sternmateriedichten dagegen werden mittelschwere Elemente wie Silizium (Si) synthetisiert. Silizium wird dominant in Supernovaexplosionen erzeugt und weist Gesamtmassen von etwas mehr als einer Sonnenmasse auf. Supernovae, die mehr mittelschwere Elemente wie Silizium synthetisieren, produzieren weniger Ni-56. Die hellsten SN haben auch die dünnsten Si-Zonen. Doppler-Blauverschiebung der starken Siliziumspektrallinie Si-II bei 6355 Angstrøm dient den Astronomen zur Geschwindigkeitsbestimmung. Sie finden typische Geschwindigkeiten des Si-Materials von etwa 12000 km/s. Das innere Explosionsmaterial ist dominiert von schwereren Elementen. Sie sind am besten etwa ein Jahr nach der Explosion beobachtbar. In diesem Stadium ist die Explosionswolke ausgedünnt und sieht aus wie ein Nebel mit transparentem Gas ('Nebelphase' der SN). Die neuen Simulationen von Mazzali et al. bestätigen, dass SNe vom Typ Ia gute Standardkerzen sind. Geringe Helligkeitsunterschiede sind begründet durch unterschiedliche Häufigkeiten von Nickel und Silizium.
Die absolute Helligkeit M der Explosionen streut zwar wenig und liegt immer bei etwa -19.7mag; dennoch müssen die Supernovaforscher zur Ermittelung der Maximalleuchtkraft den Abfall der Lichtkurve genau betrachten. Mark Phillips fand 1993, dass der Abfall der Blauhelligkeit der Sternexplosion eine Funktion von der Maximalleuchtkraft ist (Phillips, M. ApJ 413, L105, 1993). Astronomen beschaffen sich aus dem Abfall der Blauhelligkeit innerhalb der ersten 15 Tage nach Maximalhelligkeit eine empirische Größe mit der Bezeichnung Δm15(B). Die Breite der Lichtkurve skaliert mit Δm15(B) und wird zusätzlich verändert durch die kosmologische Zeitdilatation. Aus Δm15(B) schließen die Astronomen auf die Maximalleuchtkraft. Mittlerweile wird diese Methode nicht nur bei Wellenlängen blauer Strahlung verwendet, sondern in ganz verschiedenen Spektralbereichen. Die Supernovaforscher sprechen dann von MLCS-Methoden (engl. MLCS für Multi-Wavelength Light Curve Shape; früher multicolor light curve shape).
Die Wirtsgalaxie der Supernova beeinflusst ebenfalls das Sternexplosionslicht durch Staubextinktion. Ohne Berücksichtigung dieses Effekts würde beispielsweise die wahre, maximale Blauhelligkeit unterschätzt werden. Dieser Rötungseffekt kann korrigiert werden bzw. fanden Astronomen Relationen zwischen Abfall der Lichtkurve und Maximalleuchtkraft, die nicht von der Staubrötung beeinflusst werden (Phillips et al. AJ 118, 1766, 1999). Dazu ist es erforderlich die Langzeitentwicklung der SN-Helligkeit etwa 30 bis 90 Tage nach dem Helligkeitsmaximum mithilfe von Farbindizes zu betrachten. In der Tat stellt die Rötung durch Wirtsgalaxien die größte Unsicherheit dar und ist die damit die gravierendste Quelle für systematische Fehler bei der Messung kosmologischer Parameter.
Ein weiterer Effekt, der bei der Auswertung weit entfernter Sternexplosionen berücksichtigt werden muss, ist der Einfluss der kosmologischen Rotverschiebung. Sie schiebt das Supernovalicht aus dem Beobachtungsfilter. Dieser Effekt wird bei der so genannten K-Korrektur herausgerechnet.
Nach allen Korrekturen folgt die Distanz der Sternexplosion aus dem Entfernungsmodul. Es gibt dabei eine schlechte Nachricht: Die Entfernungsmessung mit SN Typ Ia bricht derzeit bei einer kosmologischen Rotverschiebung von z ~ 1.5 zusammen. Denn für größere Distanzen wird die SN Ia zu lichtschwach, als dass sie noch entdeckt werden könnte.
Extrem leuchtkräftige Supernovae könnten von seltenen, schnell rotierenden, so genannten super-Chandra Weißen Zwergen kommen – dazu mehr am Ende dieses Eintrags.

Supernova Typ Ib

Supernovae Typ Ib zeigen im Gegensatz zu Typ Ia eine schwach ausgeprägte Siliziumabsorptionslinie. Die Lichtkurven von Typ Ia und Ib sind jedoch sehr ähnlich.

Supernova Typ Ic

Supernovae Typ Ic besitzen keine Heliumlinie mehr, weil der Vorläuferstern sehr massereich gewesen sein muss (z.B. Wolf-Rayet-Sterne), so dass er seine äußeren Hüllen aus Wasserstoff und Helium in starken Sternwinden abgeblasen hat. SN Typ Ic sind oft mit den spektakulären (langen) Gamma Ray Bursts (Hypernovae) assoziiert.

Supernova Typ II

Supernovae Typ II sind die bekanntesten Supernovae. Auf der Grundlage der beobachteten Lichtkurve werden sie ebenfalls in Subtypen unterteilt (z.B. Nadyozhin & Imshennik 2005): eine SN Typ IIP hat eine plateauartige Lichtkurve (P: Plateau); in den Sternhüllen befinden sich etwa 10 Sonnenmassen Wasserstoff. Eine SN Typ IIL hat eine linear abfallende Lichtkurve (L: linear); in den Sternhüllen befindet sich weniger als etwa eine Sonnenmasse Wasserstoff. Schließlich gibt es noch die SN Typ IIn, die ein bisschen Wasserstoff im Spektrum anzeigt, der vom Sternenwind in die Sternatmosphäre transportiert wurde.
Eine SN Typ II ist einerseits mit dem Gravitationskollaps eines Sterns (engl. core collapse) und andererseits einer folgenschweren Explosion verbunden. Der Grund für den Kollaps ist, dass der Stern an das Ende seiner Entwicklung gekommen ist ('Sternentod'): Die stellaren Brennprozesse in Form der thermonuklearen Fusion kommen im Sternkern zum Erliegen, so dass das hydrostatische Gleichgewicht des Sterns empfindlich gestört wird: Ohne Fusionsprozesse sinken Gas- und Strahlungsdruck im Innern rapide ab. Der entgegengesetzt wirkende Gravitationsdruck drückt den Stern weiter zusammen. Deshalb fallen die äußeren Sternschichten in Richtung Zentrum des Sterns. Dort hat sich allerdings im Laufe der Sternentwicklung ein relativ großer, dichter Sternkern aus schweren Elementen, der Eisen-Nickel-Kern, ausgebildet. Er entstand aus der Asche der vielen vorangegangenen Brennprozesse. Eisen und Nickel befinden sich gerade im Sternkern, weil das der heißeste Ort im Stern ist, der damit die schwersten Elemente der stellaren Nukleosynthese erzeugt. An diesem massiven, dichten Kern prallt die einlaufende Schockwelle ab und wird wieder nach außen reflektiert (engl. back bounce). Die nun wieder nach außen laufende Schockwelle treibt die Explosion, und es kommt zur klassischen Kernkollaps-Supernova (engl. core-collapse SN). Die Supernova bedeutet das Ende des normalen Vorläufersterns. Es findet ein Übergang in eine neue, (in der Regel) stabile Endkonfiguration statt. Diese neue Sternenexistenz ist verglichen mit dem alten Zustand 'exotisch', weil die Sternmaterie eine ganz neue Form, physikalisch gesprochen eine neue Zustandsgleichung, annimmt. Welche Form das ist, entscheidet die vom Vorläuferstern übrig gebliebene Masse, die kollabiert. Während des 'Sternlebens' hat der Vorläuferstern einiges seiner Masse nach außen ins interstellare Medium (ISM) transportiert. Das übliche Schicksal des Vorläufersterns bei einer SN Typ II ist der Kollaps auf einen Neutronenstern. In Neutronensternen liegt die Materie in sehr kompakter Form vor: kernphysikalische Prozesse wie der inverse β-Zerfall verändern die gewöhnliche Materie. Sie wird bei hohen Massendichten neutronisiert. Neben einer daraus resultierenden Neutronenflüssigkeit mit Beimischungen von Protonen, Elektronen und Neutrinos bestehen Neutronensterne vermutlich auch aus exotischen Teilchen wie Kaonen und Hyperonen. Astrophysiker diskutieren außerdem, ob bei noch höheren Dichten der Verbund aus Nukleonen aufgebrochen werden kann. Dieser Materiezustand heißt Quark-Gluonen-Plasma und könnte tief im Innern des Neutronensterns existieren. Typische Massen von Neutronensternen liegen zwischen 1.0 und 1.5 Sonnenmassen. Allerdings können diese kompakten Objekte nicht beliebig schwer werden. Die Maximalmasse der Neutronensterne wird nach wie vor diskutiert und reicht von 1.5 Sonnenmassen (Burgio 2004) bis zu einem konservativen Wert von maximal drei Sonnenmassen (Nauenberg & Chapline 1973, Rhoades & Ruffini 1974).

Was passiert beim Überschreiten der kritischen Kollapsmasse?

Ist die kollabierende Masse schwerer als etwa drei Sonnenmassen, so ist der Kollaps auf ein punktförmiges Objekt unausweichlich. Die meisten Astrophysiker favorisieren, dass sich in diesem Kollaps ein stellares Schwarzes Loch bildet. Im Rahmen der klassischen Beschreibung mithilfe der Allgemeinen Relativitätstheorie ist die Sternmasse zu einer echten Singularität (Krümmungssingularität) zusammengefallen. Die damit assoziierte Sternexplosion heißt jedoch nicht mehr Supernova, sondern Hypernova oder langer Gamma Ray Burst. Diese Sternexplosion weist noch höhere Explosionsenergien auf.

Herkunft des Begriffs Supernova und Häufigkeit

SN 1994D beobachtet mit HST Die Etymologie des Begriffs Supernova ist gezeichnet von einem Irrtum: Zunächst dachten die Himmelsbeobachter, dass bei einer Supernova ein neuer Stern geboren sei, daher der lateinische Name nova, aber – wie die Beschreibung oben demonstriert hat – ist das Gegenteil der Fall: Es handelt sich um das 'letzte Aufbäumen' eines sterbenden, explodierenden Sterns. Bei der Explosion strahlt der kollabierende Stern für kurze Zeit so hell wie eine ganze Galaxie! Die absoluten Helligkeiten liegen dabei im Bereich von -14. bis -21. Magnitude, was dem Zehnmilliardenfachen der Sonnenleuchtkraft entspricht! Die relative Helligkeitszunahme des Sterns kann mehr als 20 Größenklassen betragen! Diese 'kosmischen Scheinwerfer' sind bis in die Tiefe des Alls zu beobachten. Oft sah man zuvor keinen Stern, und plötzlich taucht ein scheinbar 'neuer' (nova) auf. Die rasche Helligkeitszunahme wird durch die geradezu exponentielle Expansion der leuchtenden Fläche bewirkt. Solche Lichtkurven sind eindeutige Charakteristika von Supernovae. Trotz der hohen Zahl an Sternen in der Milchstraße plus extragalaktischer Systeme sind Supernovae relativ selten. Pro Galaxie gibt es nur wenige Supernovae pro Jahr.
Die Aufnahme oben links des Weltraumteleskops Hubble zeigt die Galaxie NGC 4526, in der sich 1994 eine Supernova Typ Ia ereignete (große Version; Credit: HST/NASA/ESA, The Hubble Key Project Team und The High-Z Supernova Search Team, 1999). Diese als SN 1994D katalogisierte Explosion eines Weißen Zwerges ist unten links im Foto klar zu erkennen. Man sieht auch, dass die Sternexplosion im Vergleich zur Galaxie tatsächlich sehr hell ist.

Ursprung schwerer Elemente als Eisen

Nur massereichere Sterne als die Sonne durchleben überhaupt eine Supernova vom Typ II. Typisch sind Ausgangsmassen im Bereich von 15 bis 25 Sonnenmassen, die im Verlauf des Sternlebens abgebaut werden. Physikalisch ist es eine Explosion, bei der der kollabierende Stern seine Außenhüllen (die 'Asche des Schalenbrennens') mit voller Wucht ins interstellare Medium (ISM) schleudert. In den Supernova-Schockwellen spielen sich wichtige Prozesse für das Leben im Kosmos ab: Die Vielfalt chemischer Elemente verdanken wir den Supernovae. Denn nur in den dichten, heißen Schockfronten kann sich das ISM mit den schwersten Elementen wie z.B. Gold anreichern. Die damit verbundenen kernphysikalischen Prozesse heißen r-Prozesse und p-Prozesse, wobei letztgenannte etwas seltener vorkommen. Mit jeder Supernova und jeder Sterngeneration nimmt deshalb die Häufigkeit schwerer Elemente, die Metallizität, im ISM zu.

Supernovaüberreste

Chandra-Röntgenbild des Supernovaüberrests Cas A Nach der Explosion, dem eigentlichen Strahlungsausbruch, breitet sich eine Schockfront in der Umgebung des ehemaligen Sterns aus. Dabei bildet sich ein Supernovaüberrest aus, den man auch Supernovaremnant nennt (gesprochen -'remmnent'). Ein bekanntes Beispiel dafür ist der Crab-Nebel im Sternbild Stier. Im Jahre 1054 ereignete sich eine Supernova, die von chinesischen Astronomen sogar tagsüber beobachtet und dokumentiert wurde. 1969 konnte man einen optischen Millisekunden-Pulsar (CM Tau) als Zentralstern identifizieren. Dieses Objekt wird ausführlich unter dem Eintrag SNR vorgestellt.
An dieser Stelle geht es um ein anderes farbenprächtiges Beispiel: den Supernovaüberrest Cassiopeia A. Die Abbildung rechts zeigt allerdings keine optische Fotografie von Cas A, sondern ein Falschfarbenbild. Jede der drei Farben entspricht einem bestimmten Energieband der Röntgenstrahlung: rot eingefärbt ist die Strahlung einer Energie von 1.78 bis 2.0 keV; grün ist das Energieband von 4.2 bis 6.4 keV und blau ist die hier energiereichste Röntgenstrahlung von 6.52 bis 6.95 keV. Das Röntgenbild wurde vom US-amerikanischen Satelliten Chandra aufgenommen (Credit: NASA/CXC/GSFC/U.Hwang et al. 2004; große Version). Das Bild ist nicht nur schön, sondern auch reich an Strukturen. Man sieht hier die übrig gebliebene, leuchtende und sich ausdehnende Explosionswolke eines 'gestorbenen' Sterns. Nach dem gewaltigen Lichtblitz der Explosion selbst, der sogar die Heimatgalaxie des sterbenden Sterns überstrahlte, breitet sich eine Schockwelle im ISM aus. Diese quasi kugelförmig auslaufende Welle heißt im Fachjargon blast wave. Der äußere, grüne Ring hat einen Durchmesser von etwa 10 Lichtjahren. Das in Falschfarben blaue Leuchten wird mit Eisen in Zusammenhang gebracht, das bei diesen Energien Fluoreszenzstrahlung abgibt (vergleiche Eisenlinie und Röntgen-K-Linien). Es stammt wie die Stellarphysik lehrt, aus den innersten Bereichen des sterbenden Sterns. Nicht leicht zu erkennen ist der Jet, Material, das sowohl links oben, als auch rechts unten ausströmt. Im Gegensatz zum Krebsnebel gibt es hier keine leuchtenden Ringe aus Elektronenplasma und dementsprechend keine Evidenz für einen relativistischen Pulsarwind. Cas A kann als 'verhinderte Hypernova' aufgefasst werden: Die Explosionsenergie reichte nicht ganz aus, um einen ultrarelativistischen Jet zu treiben und weithin als Gamma Ray Burst in Erscheinung zu treten.

Paarinstabilitäts-Supernovae

Eine spezielle Form der Supernova ist die Paarinstabilitäts-Supernova (engl. pair instability supernova, PISN). Nach dem zentralen Heliumbrennen ist die Entropie groß genug, damit sich Temperatur- und Dichtebedingungen einstellen, die die Erzeugung von Elektron-Positron-Paaren begünstigen. Weil diese Paare nicht mehr soviel zum Gesamtdruck des Sterns beitragen, wird das hydrostatische Gleichgewicht des Sterns abrupt gestört: der Stern kollabiert, wird heißer, bis Sauerstoff und Silizium explosionsartig brennen. Dieser Vorgang kann den Kollaps aufhalten und sogar umkehren! Die freigesetzten Energien sind um einen Faktor 100 größer als bei den üblichen Kernkollapssupernovae, nämlich rund 100 foe = 1053 erg! 1 foe ist eine Einheit, die die Supernovaforscher eingeführt haben. Sie entspricht der typischen Energie einer Supernova: 1 foe = 1051 erg (ten to the power of fifty-one ergs).

Das PISN-Szenario wird bei den ersten Sternen im Kosmos, der Population III, angewendet. Vermutlich fragmentierten besonders massereiche Sterne geringer Metallhäufigkeit – so genannte Very Massive Stars (VMS) – aus typischen Jeans-Massen von 1000 Sonnenmassen (bei typischen Temperaturen von 200 K und Dichten von 10-4 cm-3). Daraus entstanden kleinere Sterne, die dann nur noch einige hundert Sonnenmassen aufwiesen (Bromm et al.). In der Kosmologie ist diese Entstehung erster Sterne am Ende des 'Dunklen Zeitalters' (engl. dark ages) einzuordnen, entsprechend kosmologischen Rotverschiebungen von z = 15 bis 30. Eine bestimmte Massendomäne, nämlich sehr massereiche Hauptreihensterne mit etwa 140 bis 260 Sonnenmassen weisen Heliumkerne mit 64 bis 133 Sonnenmassen auf (Heger & Woosley, ApJ 567, 532, 2002). Diese Sterne sind ausgezeichnet um PISNs zu erzeugen. Oberhalb dieses Massenbereiches entsteht aus dem Vorläuferstern ein stellares Schwarzes Loch.
Eine signifikante Anzahl an PISNs wird favorisiert, um die interstellare, metallarme Umgebung im jungen Universum mit Metallen angereichert zu haben. Die Astronomen hoffen mit dem neuen Multiwellenlängen-Satellit SWIFT die ersten Sterne bzw. deren PISNs oder sogar einen Gamma-Ray Burst mit z > 10 beobachten zu können.

Die Supernova 1987A

Ein besonders aufregender Tag war für die Astronomen der 23. Februar des Jahres 1987: An diesem Tag waren Astronomen, ausgestattet mit modernem Beobachtungsgerät, Augenzeuge einer sehr nahen Supernova vom Typ II. Seither heißt sie SN 1987A. Sie ereignete sich in einer unserer Nachbargalaxien in 50 kpc Entfernung, der Großen Magellanschen Wolke (engl. Large Magellanic Cloud, LMC). Die Astronomen waren zwar Augenzeugen, doch aufgrund der endlichen Laufzeit des Lichts, ereignete sich die Explosion eigentlich vor gut 160000 Jahren. Von uns aus gesehen liegt SN 1987A im Sternbild Schwertfisch (internat. Dorado), am Südhimmel. Der Stern Sanduleak leuchtete an diesem Tag besonders hell auf und leitete damit seine letzte, spektakuläre Entwicklungssequenz ein. Die SN 1987A (eine SN Typ II) ist bislang das einzige Beispiel, wo der Vorläuferstern nachträglich mittels alter Fotoplatten identifiziert werden konnte: ein blauer Überriese. Für ein kompaktes Objekt, wie einen Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch, das nach der Explosion blieb, gibt es bislang keinerlei Anzeichen. Mittlerweile wurde klar, dass es nicht ein einziger Vorläuferstern war, sondern sogar ein Doppelsternsystem: der Begleiter des blauen Überriesen war vermutlich ein roter Überriese.
Aufregend war dieses Ereignis deshalb, weil die Supernova besonders nah war und somit sämtliche Helligkeitsstadien (Prä- bis Postsupernova) in der Lichtkurve beobachtet und studiert werden konnten.
So war es erstmals möglich, Information über die Anreicherung des ISM mit schweren Elementen zu erhalten. Außerdem können zahlreiche Effekte und Einflüsse der Supernova auf die Umgebung untersucht werden (Entfernungsbestimmung, Aufheizung des ISM). Ein Durchbruch für die Neutrinophysik besteht darin, dass die SN 1987A erstmals die Entdeckung kosmischer Neutrinos ermöglichte (mit Kamiokande II, Hirata et al. 1987).
Von der SN 1987A wurden sogar harte und weiche Röntgenstrahlen entdeckt (Sunyaev et al. 1987; Dotani et al. 1987), deren Fluss sogar zunimmt (Hasinger et al. 1996). Die Zunahme liegt sehr wahrscheinlich daran, weil die Explosionsregion mit der Zeit immer durchsichtiger wird.

SN 1987A beobachtet mit HST Bei der Supernova wurde u.a. ein UV-Blitz erzeugt, der sich mit Lichtgeschwindigkeit in der Umgebung ausbreitete. Ein ganz erstaunlicher Vorgang war dabei, dass diese Strahlung auf einen zuvor noch dunklen Materiering traf. Durch die recht energiereiche UV-Strahlung wurde der Ring schon dreißig Tage nach der Supernova zum Leuchten angeregt (das ist die gleiche Physik wie bei Planetarischen Nebeln, nur liefert dort ein Weißer Zwerg die UV-Strahlung). Viel länger unterwegs war die supersonische (siehe dazu Schallgeschwindigkeit) Schockwelle. Das Beobachtungsfoto rechts zeigt eine Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble aus dem Jahr 2003 (Credit: Challis, Kirshner, Sugerman, HST/NASA 2003). Die auffälligen hellen Flecken sind gerade mit dem ehemals dunklen Materiering assoziiert, der schon etwa 20000 Jahre vor der Supernova existierte. Die Lichtflecken ordnen sich an wie auf einer Perlenkette und formen einen etwa 1.5 Lichtjahre durchmessenden Ring. Ihre Strahlung stammt von Gas, das durch die ankommende kugelförmige Schockwelle stark aufgeheizt wurde. Somit eignen sich die durch die SN freigesetzte Strahlung und Schockwellen, um etwas über das ISM zu erfahren.

weitere prominente Supernovae

Ein weiteres Beispiel für eine Supernova ist SN 1998bu in der Galaxie M96 in einer Entfernung von 10 Mpc, bei der überraschenderweise keine 56Co-Radioaktivität gemessen werden konnte. Eine länger zurückliegende Supernova ist SN 1979C in der Galaxie M100.

Explosionskandidaten

In der Milchstraße gibt es eine Reihe von sehr massereichen Sternen, von denen man erwartet, dass sie bald in einer Sternenexplosion enden werden. Dazu zählen der rote Riesenstern Beteigeuze im Sternbild Orion (Nordhimmel) und vor allem η Carinae im Sternbild Carina (dt. Schiffskiel, Südhimmel).
Beteigeuze befindet sich in einer Entfernung von etwa 430 Lichtjahren. Eine typische Supernova Typ II erreicht eine absolute Helligkeit von -18 mag. Mithilfe des Distanzmoduls kann man aus diesen beiden Daten eine scheinbare Helligkeit von -13 mag errechnen, was derjenigen des Vollmondes entspricht. Sollte Beteigeuze also zu einer SN Typ II werden, strahlt er aufgrund seiner kosmischen Nähe so hell wie der Vollmond!
η Carinae ist dagegen ein Superstern von mindestens 100 Sonnenmassen, aber glücklicherweise 7500 Lichtjahre entfernt. Wie die Wolf-Rayet-Sterne bläst er unablässig heftige Sternenwinde in den interstellaren Raum, die einen bipolaren Ausfluss bilden. Mit der enormen Masse ist η Carinae eher ein Kandidat für eine Hypernova, als für eine SN Typ II. Die Explosion würde demnach wie ein Gamma Ray Burst ablaufen. Solche Explosionen sind noch heftiger als Supernovae! Die kosmische Gammastrahlung belastet ebenso wie die radioaktive Strahlung aus Gamma-Zerfällen irdischer Proben jeden lebenden Organismus, der der Strahlung ausgesetzt ist.
Schätzen wir doch die deponierte Energiedosis von η Carinae ab: Nehmen wir den schlimmsten Fall an, bei dem der anisotrope GRB genau auf die Erde gerichtet sei und etwa 100 Sekunden andauere. Damit resultiert eine auf den Tag bezogene Äquivalentdosis von fast einem Sievert (1 Sv). Das entspricht dem 300fachen der üblichen Jahresbelastung für einen Menschen! Das könnte man noch überleben. Aber eine kurzzeitige Ganzkörperbestrahlung von über 7 Sv führt nach wenigen Tagen zum Tode. Ein längerer GRB von etwa 1000 Sekunden oder mehr, was durchaus möglich wäre, würde die Bevölkerung auslöschen, die auf der dem GRB zugewandten Seite der Erdkugel wäre. Das kann aber nur derjenige Teil sein, der auch der GRB-Strahlung ausgesetzt war, nie jedoch die ganze Menschheit. Das ist sicherlich kein Trost.
Dieses Beispiel demonstriert, dass das irdische Leben immer Gefahren ausgesetzt war und ausgesetzt ist. So sind die Dinosaurier nach gängiger Auffassung ausgestorben, weil ein gewaltiger Meteorit die Erde vor etwa 60 Millionen Jahren traf. Gammablitze aus dem All sind da nur eine weitere kosmische Gefahr von vielen.

Zweifel an der Standardkerze SN Ia

Jüngst wurden Zweifel an dem Szenario angemeldet, dass SN Ia immer wieder gleichartig explodieren: Eine ganz bestimmte SN vom Typ Ia mit der Katalogbezeichnung SNLS-03D3bb konnte nur dadurch erklärt werden, dass der Weiße Zwerg das Chandrasekhar-Limit von etwa 1.4 Sonnenmassen überschreitet (Howell et al., Nature 443, 308, 2006)! Dieser Zwerg heißt dann super-Chandra-Weißer-Zwerg. SNLS-03D3bb hat eine ungewöhnlich hohe Leuchtkraft und eine kleine kinetische Energie freigesetzt. Die Leuchtkraft wird durch Radioaktivität produziert, weil sich Nickel-56 durch β--Zerfall zu Kobalt-56 und dieses wiederum zu Eisen-56 umwandelt. Aus der beobachteten Leuchtkraft folgt insgesamt ein abnorm hoher Anteil an Nickel-56 im Zwerg, was wiederum auf eine Gesamtmasse von 2.1 Sonnenmassen hinauslaufen würde – bei weitem zuviel für einen Weißen Zwerg! Eventuell könnte eine ungewöhnlich hohe Rotation des Zwergs so eine Masse gestatten (Yoon & Langer 2005).
Bislang ist dieser super-Chandra-Zwerg ein Einzelfall, aber sollten sich mehr Repräsentanten dieser Klasse finden lassen, so würde das eine Krise in der SN-Ia-Kosmologie auslösen und eine Rekalibration der Daten erfordern.

Supernovae als Werkzeuge der Kosmologie

Viele hundert Supernovae wurden bisher beobachtet, doch sind sie zum Teil so weit entfernt, dass man daraus nicht besonders viele Informationen ziehen konnte. Die guten Standardkerzen SN Typ Ia (explodierende Weiße Zwerge) haben allerdings eine große Bedeutung für die Kosmologie, weil sie der Überprüfung und Bestimmung kosmologischer Parameter (z.B. der Hubble-Konstante, der kosmologischen Konstante, der Zeitabhängigkeit der Dunklen Energie) und kosmologischer Modelle (siehe beispielsweise Friedmann-Weltmodelle, Quintessenz) dienen.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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