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Lexikon der Astronomie: Trägheit

Die Trägheit ist eine Eigenschaft von Massen. Trägheit bedeutet, dass jeder Körper versucht in seinem Bewegungszustand zu verharren und einer Bewegungsänderung einen Widerstand entgegensetzt: Ruhende Objekte setzen einer Bewegung Widerstand entgegen; bewegte Objekte setzen der Abbremsung oder Ablenkung einen Widerstand entgegen. Das ist gerade die Aussage des Trägheitsgesetzes, dem ersten der drei Newtonschen Gesetze. Aber warum ist das so, dass Massen träge sind?

Newtonsche Gravitationskraft

Newtonschen Gravitationsgesetz Massen ziehen sich über Gravitationskräfte an. Dies konnte schon der englische Physiker und Mathematiker Sir Isaac Newton im 17. Jahrhundert mit seinem Newtonschen Gravitationsgesetz belegen. Die Gleichung für die Gravitationskraft steht rechts. Hierin sind G die Gravitationskonstante mit einem Zahlenwert von 6.672 × 10-11 m3 kg-1 s-2, M und m zwei Massen, die sich in einem Abstand r befinden mögen. Die Kraft hat den typischen Abfall mit r-2 (wie das Coulomb-Gesetz der Elektrostatik). Physiker sprechen auch von einem 1/r-Potential. Die Kraft ist gerade der negative Gradient dieses Potentials.

Der lange Arm der Schwerkraft

Diese gravitative Wechselwirkung hat eine unendliche Reichweite. Für große Zahlenwerte von r wird die Gravitationskraft zwar sehr klein, bleibt aber endlich. Vor allem kann die Gravitationskraft nicht nur Ladungen anderer Polarität abgeschirmt werden: es gibt keine 'negativen Massen'! Das ist der wesentliche Unterschied zwischen Gravitation und elektromagnetischer Kraft. Die unendliche Reichweite spiegelt sich auch darin wider, dass das (hypothetische) Graviton der Quantenfeldtheorien Ruhemasse null habe.
Diese lange Reichweite hat zur Konsequenz, dass sich letztendlich alle Massen im Universum (theoretisch) spüren. Man kann deshalb sagen, dass die träge Eigenschaft einzelner Massen eine Folge davon ist, dass sie mit allen anderen Massen in Wechselwirkung steht.

Gravitationskraft braucht Zeit zum Ausbreiten

Die Wechselwirkung ist aber nicht instantan, wie Newton annahm, sondern breitet sich mit endlicher Geschwindigkeit, der Vakuumlichtgeschwindigkeit c, aus. So breiten sich Gravitationswellen, wie sie in der Allgemeinen Relativitätstheorie (ART) beschrieben werden, mit Lichtgeschwindigkeit aus.

Äquivalenzprinzip

Das Äquivalenzprinzip fordert, dass träge und schwere Masse äquivalent seien. Man kann also in einem abgeschlossenen Kasten nicht entscheiden, ob er sich ruhend in einem Gravitationsfeld befindet oder durch eine konstante Kraft gleichmäßig beschleunigt wird. Das Prinzip ist einer der Pfeiler der ART.

Trägheitskräfte

Als Trägheitskräfte (engl. inertial forces) bezeichnet man Kräfte, die auftreten, wenn ein Bezugssystem beschleunigt wird. So sind Zentrifugalkraft und Corioliskraft zwei Trägheitskräfte, die in rotierenden Bezugssystemen (die nicht inertial sind) auftreten. Trägheitskräfte nennt man auch Scheinkräfte, weil ihr Auftreten vom Bezugssystem abhängt. Trägheitskräfte korrigieren gewissermaßen die Newtonsche bzw. relativistische Mechanik, wie sie aus verschiedenen Systemen betrachtet wird: Das eine System sei ein Inertialsystem und habe einen inertialen Beobachter darin. Das andere System rotiere und ist deshalb ein Nicht-Inertialsystem mit einem rotierenden, nicht-inertialen Beobachter. Der rotierende Beobachter spürt nun Trägheitskräfte, beispielsweise wenn er in einem Karussell sitzt und ihn die Zentrifugalkraft nach außen drängt. Aber der inertiale Beobachter, der beispielsweise von außen das Karussell betrachtet, spürt keine Trägheitskräfte. Aus seiner Sicht versuchen die Trägheitskräfte die Bewegung des nicht-inertialen Beobachters inertial, nämlich geradlinig, zu machen.

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  • Die Autoren
- Dr. Andreas Müller, München

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