Direkt zum Inhalt

Lexikon der Biochemie: Edman-Abbau

Edman-Abbau, eine nach Pehr Edman benannte Sequenzierungsmethode (Sequenzanalyse) von Peptiden und Proteinen. Bei diesem am N-Terminus beginnenden Degradierungsverfahren wird im ersten Schritt der N-terminale Aminosäurebaustein mit Phenylisothiocyanat (PITC) umgesetzt (Abb.). Dieses Reagens reagiert mit der freien α-Aminogruppe unter Bildung eines Phenylthiocarbamoylpeptid-Derivats (PTC-Peptid). Durch Umsetzung mit einer starken wasserfreien Säure (z. B. CF3COOH) erfolgt Zyklisierung und Freisetzung der N-terminalen Aminosäure als 2-Anilino-thiazolinon-Derivat (ATZ-Aminosäure). Letztere wird in einen Konverter überführt und durch eine wässrige Säure zum stabileren Phenylthiohydantoin (PHT-Aminosäure) isomerisiert. Die Analyse und Identifizierung erfolgt mit chromatographischen Methoden. Die um einen Aminosäurerest verkürzte Polypeptidkette wird dann weiteren Abbauzyklen unterworfen. Basierend auf diesem Prinzip verläuft heute die automatische Sequenzierung von Peptiden und Proteinen. Durch die generelle Verbesserung der Technologie ist eine automatische Sequenzanalytik im Picomol-Maßstab möglich. Einen großen Fortschritt erbrachte der Einsatz von HPLC-Techniken für den Nachweis der PTH-Aminosäuren sowie die Einführung eines Online-Detektionssystems für den Routinebetrieb. Ein Edman-Sequenator besteht aus dem eigentlichen Sequenator, einer HPLC-Anlage zur Analyse der PTH-Aminosäuren sowie einem Computer zur Steuerung und Analyse der Daten. In dem noch von Edman konstruierten Flüssigphasen-Sequenator (spinning cup-Sequenator) erfolgte die Umsetzung mit dem PITC und Spaltung in einem rotierenden Zylinder, auf dessen Wand durch die starke Rotation (1.000-4.000 rpm) die zu analysierende Proteinlösung einen hauchdünnen Film ausbildet. Über eine seitlich angebrachte Spezialleitung erfolgte die Zu- und Abführung der Reagenzien, Lösungsmittel, Produkte etc. Die Sequenzierungsausbeute von Schritt zu Schritt liegt unter optimalen Bedingungen bei etwa 98%. Die Folge ist, dass nach 50 Zyklen nur noch etwa 20 % der Aminosäurereste in dieser Position erhalten werden, allerdings zusammen mit maximal 80 % der vorhergehenden nicht vollständig umgesetzten Aminosäuren. Zur Umgehung dieses Problems und weiterer Schwierigkeiten wurde der Festphasen-Sequenator entwickelt. Hierbei wird das Protein an derivatisierte Glas- oder Polystyroloberflächen fixiert und die Edman-Reaktionen können in einer kleinen Säule durchgeführt werden. Obgleich man sehr vorteilhaft Reagenzien und Nebenprodukte gründlich auswaschen kann, stellen unvollständige Reaktionen und der prinzipiell nicht mehr mögliche Nachweis derjenigen Aminosäuren, über die die Fixierung am Träger stattfand, entscheidende Nachteile dar. Mit dem Gasphasen-Sequenator, bei dem die Base für die Kopplung und die Säure für die Spaltung im gasförmigen Zustand mit Argon als Trägergas zugeführt werden (Zugabe der übrigen Reagenzien erfolgt in flüssiger Form) wurde eine drastische Verbesserung der Sequenzierungsergebnisse erreicht. Das Peptid oder Protein wird an einer mit Polybren beschichteten Glasfaserscheibe adsorbtiv gebunden. Dieser Polybren-Film ist für die verwendeten Lösungsmittel gut durchlässig. Die abgespaltene PTH-Aminosäure wird über eine angeschlossene HPLC-Anlage identifiziert und quantifiziert. Mit Proteinmengen ab etwa 15-100 pmol können routinemäßig Peptidsequenzen von 15-30 Aminosäuren gewonnen werden. Für die Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit der Sequenzierung sind reine Analysenproben erforderlich, für deren Bereitstellung sich die hochauflösende Kapillarelektrophorese anbietet. Andererseits kann man zu analysierende Proteinproben elektrophoretisch trennen und mit der Technik des Western-Blot, z. B. auf Polyvinylidenfluorid (PVDF) transferieren, wobei insbesondere derivatisierte PVDF-Membranen eine kovalente Fixierung der Probe ermöglichen, die dann direkt im Gasphasen-Sequenator analysiert wird. Auch Sequenatoren mit adsorptiven biphasischen Säulen sind kommerziell erhältlich. Bei diesen können flüssige Proben unmittelbar auf die Säule aufgetragen werden. Die Empfindlichkeit eines Sequenators wird entscheidend durch das angeschlossene Analysen- und Detektionssystem bestimmt. Mit dem Anschluss einer Kapillar-HPLC lässt sich Analytik im Fentomol-Bereich realisieren. Weitere Verbesserungen bieten Diodenarray-Detektoren, die eine simultane Analyse aller in einem Zyklus freiwerdenden PTH-Aminosäuren erlauben. [R.M. Hewick et al. J. Biol. Chem. 255 (1981) 7.990; B. Wittmann-Liebold in Protein Structure Analysis R.M. Kamp et al. (Hrsg.) Springer-Verlag, Berlin, 1997, 107]



Edman-Abbau. Stufenweise Peptidsequenzierung nach Edman (erster Abbauzyklus).

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.