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Lexikon der Ernährung: Atmungskette

Atmungskette, E respiratory chain, eine Reihe von Redoxkatalysatoren („Elektronentransportkette“), die die Elektronen von Atmungssubstraten auf Sauerstoff übertragen (biologische Oxidation). Die Energie dieses Elektronenflusses wird zur ATP-Synthese genutzt. Die Kopplung der ATP-Synthese mit dem Elektronentransport in der A. wird als Atmungskettenphosphorylierung oder oxidative Phosphorylierung bezeichnet. Der Atmungskettenkomplex ist bei Eukaryonten in der inneren Mitochondrienmembran (Mitochondrien) und bei Prokaryonten in der Zellmembran lokalisiert. Es besteht eine enge funktionelle Beziehung zu den Enzymen des Tricarbonsäure-Zyklus, der Reduktionsäquivalente, meist in Form von NADH, manchmal auch als FADH2, zur Verfügung stellt. Abhängig vom Gewebe und von dessen metabolischem Zustand können andere Wege zur Versorgung mit NADH und FADH2 wichtiger sein als der Tricarbonsäure-Zyklus, wie z. B. der Fettsäureabbau. Die Gesamtreaktion der A. lautet:
NADH + H+ + 1/2 O2 → H2O + NAD+,
(ΔG0 = –221,7  kJ/mol = –53 kcal / mol.
Die elektrochemischen Standardpotenziale der einzelnen Schritte in der A. sind in Tab. aufgelistet. Bei drei Schritten (Abb. 1) ist die Potenzialdifferenz groß genug, um die Energie, die für die Phosphorylierung von ADP notwendig ist, zur Verfügung zu stellen. Dies sind die drei Orte der oxidativen Phosphorylierung. Am ersten Ort findet der Elektronentransport von NADH auf Ubichinon statt. Da die Elektronen, die von FADH2 stammen, auf der Stufe des Ubichinons in die Kette gelangen, fördern sie die Bildung von lediglich zwei ATP-Molekülen je Elektronenpaar. Die Menge an ATP, die mit Hilfe der Elektronen eines bestimmten Substrats gebildet wird, kann in Form des P / O-Quotienten ausgedrückt werden. Dieser gibt die Mole Phosphat an, die je Sauerstoffatom in ATP eingebaut werden. Für Dehydrierungen, die mit Hilfe des Coenzyms NAD+ ablaufen, ist der P / O-Quotient 3. Für Substrate, die durch Flavinnucleotidenzyme oxidiert werden, beträgt er 2. Die Elektronen fließen einzeln über die Kette der Cytochrome, jedoch müssen für die Durchführung der Phosphorylierung zwei Elektronen den Ort passieren, während für die Reduktion eines Sauerstoffmoleküls vier Elektronen benötigt werden. Die Mechanismen, die die Deckung dieses unterschiedlichen Bedarfs steuern, sind nicht bekannt.
Da die A. ein membrangebundenes System ist, können die einzelnen Komponenten nur isoliert werden, wenn die Membranstruktur zerstört wird. Die Behandlung mit Detergens wurde zur Isolierung von vier Enzymkomplexen (I, II, III und IV) aus den Mitochondrienmembranen eingesetzt (Abb. 1 und Abb. 2), welche auch Angriffsort für verschiedene Atmunsginhibitoren sind (z. B. bei Cyanidvergiftung). Die am besten untersuchten Komponenten der A. sind Ubichinon und Cytochrom c, die löslich sind und leicht abgespalten werden können und damit gut zugänglich sind. Es handelt sich hierbei um relativ kleine Moleküle, die wahrscheinlich als Trägersubstanzen fungieren und Elektronen zwischen immobilisierten Komponenten transportieren. In Abb. 2 ist als Komplex V die ATP-Synthase (ATP-Synthase-Komplex) gezeigt, die den durch den während der Redoxreaktionen der A. aufgebauten Protonengradienten als Antrieb für die ATP-Synthese nutzt. Entkoppler machen die innere Mitochondrienmebran für Protonen durchlässig, so dass zwar die Reaktionen der A. weiterlaufen, jedoch keine ATP-Synthese mehr erfolgt (Entkopplung).
Da die Mitochondrienmembran für die geladenen bzw. polaren Moleküle ATP / ADP und NADH / NAD+ nicht durchlässig ist, werden zwei Transportsysteme für die Funktion der A. benötigt. Das eine Transportsystem besteht aus einem ATP / ADP-Carrier (wird durch Bongreksäure gehemmt), der eine erleichterte Austauschdiffusion bewirkt. Das zweite System ist ein metabolischer Shuttle (Wasserstoffmetabolismus), der den Reduktionsäquivalenten, die im Cytoplasma erzeugt werden, den Eintritt in das Mitochondrium erlaubt.

Atmungskette: Tab. Eo’-Werte einiger biologischer Redoxpaare.

RedoxsystemE0’ [V]
2 H+ / H2– 0,420
Ferredoxinox / Ferredoxinred– 0,420
NAD+ / NADH + H+– 0,320
Glutathionox / Glutathionred– 0,230
FMN / FMNH2– 0,122
Fumarsäure / Bernsteinsäure+ 0,031
Cytochrom b (Fe3+ / Fe2+)+ 0,075
Ubichinon / Ubihydrochinon+ 0,100
Cytochrom c (Fe3+ / Fe2+)+ 0,254
Cytochrom a (Fe3+ / Fe2+)+ 0,290
Fe3+ / Fe2++ 0,770
1/2 O2 + 2 H+ / H2O+ 0,810

Atmungskette: Abb. 1. Die Kästen entsprechen der Zusammensetzung der Komplexe I bis IV. Der Elektronenfluss ist durch Pfeile gezeigt. Die Stellen, an denen einige Atmungsinhibitoren angreifen, sind mit 1, 2 und 3 markiert und durch horizontale Balken angezeigt. Die Stellen 2 und 3 sind auch mit der ATP-Synthese gekoppelt, d. h. entsprechend der chemiosmotischen Theorie, stellt jede dieser Elektronentransferstufen genug Energie zur Verfügung, um einen Protonengradienten für die Synthese eines ATP-Moleküls zu erzeugen. Der erste ATP-Syntheseort ist möglicherweise nicht identisch mit der Inhibierungsstelle 1, wie hier gezeigt. Er liegt jedoch auf der Ubichinonseite (und nicht auf der Substratseite) von Komplex 1. Atmungskette


Atmungskette:
Abb. 2. Modell für die „Verschaltung” der Redoxsysteme der Atmungskette in der inneren Mitochondrienmembran. Die Komponenten sind in der Abb. nach ihrer Funktion in der Redoxkette angeordnet. Die Darstellung entspricht nicht der tatsächlichen Anordnung und dem zahlenmäßigen Verhältnis in der Membran. Vgl. Atmungskette, Abb. 1. [Aus G. Rehner u. H. Daniel, Biochemie der Ernährung, 1999, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin] Atmungskette

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