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Lexikon der Geographie: Rationalität

Rationalität, vernunftbezogene Orientierung des Handelns. Eine rationale Orientierung ist nach M. Weber dann gegeben, wenn bewusst und planvoll das verfügbare Wissen zur Erreichung eines gegebenen Zwecks eingesetzt wird, einerlei worin dieses Wissen besteht. Dabei ist zuerst die grundlegende Unterscheidung zwischen formaler und empirischer Rationalität zu beachten. Die formale Rationalität bezeichnet das logisch korrekte Schließen von einem allgemeineren Wissen auf die besonderen Bedingungen der Situation, unabhängig davon, ob das allgemeinere Wissen wahr ist oder nicht. Die empirische Rationalität bezieht sich darüber hinaus auf die richtige Anwendung des wahren Wissens auf die situativen Bedingungen.
Die rationale Orientierung kann sich auf verschiedene Prinzipien beziehen, meistens ist jedoch die zweckorientierte Rationalität bzw. Zweckrationalität gemeint, die häufig auch als technische Rationalität bezeichnet wird. Bei beiden geht es um die (häufig berechnende) angemessene Wahl der Mittel für gegebene Zwecke. Dabei wird zwischen der subjektiv und objektiv rationalen Wahl unterschieden. Bei der subjektiven Rationalität beziehen sich die bewussten Erwägungen auf das subjektiv für richtig gehaltene Wissen, die subjektiv für richtig gehaltene Mittelwahl zur Erreichung gegebener Zwecke. In diesem Sinne kann der subjektiv verfügbare Bezugsrahmen verschiedene Annäherungsgrade an den objektiv richtigen Bezugsrahmen aufweisen. Die Entscheidungstheorie ist darauf ausgelegt, unter Bezugnahme auf die subjektive Rationalität den Zugang zu den Handelnden zu erschließen und unter Bezugnahme auf wissenschaftlich gesichertes Wissen eine objektive Rationalität der Handlungsanweisungen zu erreichen.
Das bekannteste wissenschaftliche Modell für zweckrationales Handeln stellt der Homo oeconomicus dar. Diesem Modell entsprechend verfügt der hypothetisch konzipierte Handelnde nicht nur über objektiv richtiges Wissen, er kennt auch alle Alternativen des Handelns. Die größten Schwachstellen des Konzepts vom rational handelnden Akteur liegen darin, dass es mehr auf eine statische als auf eine dynamische Gesellschaft ausgerichtet ist, dass es den gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel, die soziale Evolution und regionale Disparitäten der Gesellschaft und Wirtschaft nicht erklären kann. Mit Rationalität kann man nicht beurteilen, ob das verfolgte Ziel "richtig" ist, ob es dem Individuum Nutzen bringt oder das Überleben des Systems sichert. Ob eine Handlung oder Entscheidung als rational empfunden wird, hängt vor allem vom Wissen und Informationsstand ab, den jemand hat. Deshalb kann Rationalität auch nicht universell, global oder losgelöst vom Zeithorizont definiert werden. Mit Rationalität kann man keine Innovation erzielen und keine Ungewissheit abbauen. Um in einer dynamischen, ungewissen Umwelt oder in einem Wettbewerb bestehen zu können, benötigt man nicht so sehr Rationalität, sondern Lernfähigkeit, (neues) Wissen und Kompetenzen. Die rationale Orientierung kann sich aber auch auf Werte beziehen. Dann spricht man im Sinne von Max Weber von wertrationalem Handeln bzw. von Wertrationalität. Darunter ist nach Weber "ein Handeln nach 'Geboten' oder gemäß 'Forderungen', die der Handelnde an sich gestellt glaubt", zu verstehen. Das oberste Orientierungsprinzip stellt somit die Beachtung geltender Werte und Normen bei der Wahl von Mitteln dar. Die vernunftmäßige Orientierung kann sich allerdings sowohl auf die Mittel, als auch auf die Zwecke bzw. die Ziele des Handelns beziehen. Dann spricht man von Sinnrationalität. Insbesondere die technische Rationalität gehört zu den grundlegenden Charakteristika moderner und spät-moderner Gesellschaften. Sie beruht auf der Nutzung des naturwissenschaftlichen Wissens zum rationalen Eingreifen in die Natur und deren Beherrschung.

BW

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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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