Direkt zum Inhalt

Lexikon der Neurowissenschaft: Behaviorismus

Behaviorismus m [von E behaviour (amerikanisch behavior) = Verhalten], Behaviourismus, E behaviorism, behaviourism, Bezeichnung für eine in den USA entwickelte Schule der objektiven Psychologie. Jede Form der Introspektion wird hierbei abgelehnt, und subjektive Begriffe wie Empfindung, Denken, Ziel und – in der extremen Form – auch Gedächtnis und Antrieb werden aus der Psychologie ausgeschieden. Beschrieben wird lediglich der Zusammenhang des beobachtbaren Verhaltens des Menschen mit den einwirkenden Umweltreizen (Reiz-Reaktions-Schema). Ausgangspunkt waren die schon 1898 von E.L. Thorndike veröffentlichten Lernexperimente an Tieren sowie I.P. Pawlows Experimente über bedingte Reflexe und die Übertragung ihrer Ergebnisse auf den Menschen. Die Gründung der Schule des Behaviorismus erfolgte 1913 durch den amerikanischen Psychologen J.B. Watson. Bei der Erforschung des Verhaltens der Tiere und des Menschen nimmt das Lernen im Behaviorismus eine zentrale Stellung ein. Das Verhalten wird durch die Erfahrung des Lebewesens modifiziert, d.h., es wird erlernt. Es wird dabei nicht als Einheit von psychischer und biotischer Tätigkeit aufgefaßt, sondern nur als Reaktion des Organismus auf die Umwelt. Damit wurde die Erforschung des Verhaltens zu einer naturwissenschaftlichen Disziplin. Trotz zahlreicher Widerstände beherrschte der Behaviorismus zwischen 1920 und 1955 die amerikanische Psychologie. In den dreißiger und vierziger Jahren schuf B.F. Skinner eine breite Laboratoriumsbasis und führte in die Humanpsychologie weitgehend schematisierte Lern- und Untersuchungsverfahren ein. Die wichtigste Grundlage für seine Theorie war das operant conditioning (Konditionierung), wobei er sich auch auf I.P. Pawlow und J. Konorski stützte. Das Bewußtsein betrachtet er als Epiphänomen, und die Gefühle sind für ihn nicht Ursachen, sondern Folgen von Handlungen. Entscheidend für den Lernprozeß war für ihn die richtige Form der Bekräftigung. Die Skinnersche Technologie fand bei seinen Schülern eine breite Basis. In den vierziger Jahren entwickelte C.L. Hull das theoretische Modell des Behaviorismus weiter, indem er zwischen Reiz und Reaktion eine Vielzahl intervenierender Variablen einschaltete. Eine von ihnen war die fraktionierte antizipatorische Zielreaktion, die verschiedene Verhaltensformen integriert. Infolge seines naturwissenschaftlichen Vorgehens fand der Behaviorismus in der USA weite Verbreitung, und es wurden zahlreiche psychologische Laboratorien eingerichtet, in denen mit behavioristischen Methoden gearbeitet wurde. Erst in den späten sechziger Jahren entwickelte sich verstärkt eine kognitive Psychologie, die nachweisen konnte, daß man auch psychische (mentale) Vorgänge mit objektiven Methoden untersuchen kann. Nach der Überwindung des dogmatischen Behaviorismus hat die behavioristische Lerntheorie in modifizierter Form auch in die Ethologie Eingang gefunden. Besonders die moderne Systemtheorie und Kybernetik haben gezeigt, daß es durchaus möglich ist, aus der Analyse der Eingangs-/Ausgangsbedingungen eines Systems objektive Aussagen über innere Gesetzmäßigkeiten des Systems zu machen. Mit den modernen computertechnischen Verfahren können zudem immer detailliertere Erkenntnisse über die zentralen Vorgänge der Reizverarbeitung, der Informationsspeicherung und der Handlungsvorbereitung gewonnen werden. Organismus-Umwelt-Beziehungen, Milieutheorie.

L.P.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
Redaktion

Dr. Hartwig Hanser, Waldkirch (Projektleitung)
Christine Scholtyssek (Assistenz)

Fachberater

Prof. Albert Ludolph, Ulm
Prof. Lothar Pickenhain, Leipzig
Prof. Heinrich Reichert, Basel
Prof. Manfred Spitzer, Ulm

Autoren

Aertsen, Prof., Ad, Freiburg
Aguzzi, Prof., Adriano, Zürich
Baier, Dr., Harmut, Ulm
Bartels, Prof., Mathias, Tübingen
Becker, Dr., Andreas, Marburg
Born, Prof., Jan, Lübeck
Brecht, Dr., Stephan, Kiel
Breer, Prof., Heinz, Stuttgart
Carenini, Dr., Stefano, Würzburg
Cruse, Prof., Holk, Bielefeld
Culmsee, Dr., Carsten, Marburg
Denzer, Dr., Alain, Waldenburg
Egert, Dr., Ulrich, Freiburg
Ehrenstein, Dr., Walter, Dortmund
Eurich, Dr., Christian , Bremen
Eysel, Prof., Ulf, Bochum
Fischbach, Prof., Karl-Friedrich, Freiburg
Frey, Dunja, Basel
Fuhr, Dr., Peter, Basel
Greenlee, Prof., Marc, Oldenburg
Hartmann, Beate, Basel
Heck, Dr., Detlef, Freiburg
Heller, Prof., Kurt, München
Henkel , Dr., Rolf , Bremen
Herdegen, Prof., Thomas, Kiel
Herrmann, Dr., Gudrun, Bern
Hilbig, Dr., Heidegard, Leipzig
Hirth, Dr., Frank, Basel
Huber, Dr., Gerhard, Zürich
Hund, Martin, Basel
Illing, Dr., Robert Benjamin, Freiburg
Käch, Dr., Stefanie, Basel
Kästler, Dr., Hans, Ulm
Kaiser, Dr., Reinhard, Freiburg
Kaluza, Jan, Stuttgart
Kapfhammer, Dr., Josef P., Freiburg
Kestler, Dr., Hans, Ulm
Kittmann, Dr., Rolf, Freiburg
Klix, Prof., Friedhart , Berlin
Klonk, Dr., Sabine, Stuttgart
Klumpp, Prof., Susanne, Marburg
Kössl, Dr., Manfred, München
Köster, Dr., Bernd, Freiburg
Kraetschmar, Dr., Gerhard, Ulm
Krieglstein, Prof., Josef, Marburg
Krieglstein, Prof., Kerstin, Homburg
Kuschinsky, Prof., Wolfgang, Heidelberg
Lahrtz, Stephanie, Hamburg
Landgraf, Dr., Uta, Stegen
Laux, Thorsten, Basel
Lindemann, Prof., Bernd, Homburg
Löffler, Dr., Sabine, Leipzig
Ludolph, Prof., Albert, Ulm
Malessa, Dr., Rolf, Weimar
Marksitzer, Dr., Rene, Luzern
Martin, Dr., Peter, Kehl-Kork
Martini, Prof., Rudolf, Würzburg
Medicus, Dr., Gerhard, Thaur
Mehraein, Dr., Susan, Freiburg
Meier, Dr., Kirstin, Freiburg
Mendelowitsch, Dr., Aminadav, Basel
Mergner, Prof., Thomas, Freiburg
Metzinger, Dr., Thomas, Frankfurt am Main
Mielke, Dr., Kirsten, Kiel
Misgeld, Prof., Ulrich, Heidelberg
Moll, Joachim, Basel
Münte, Prof., Thomas, Magdeburg
Neumann, Dr., Harald, Planegg-Martinsried
Nitsch, Prof., Cordula, Basel
Oehler, Prof., Jochen, Dresden
Otten, Prof., Uwe, Basel
Palm, Prof., Günther, Ulm
Pawelzik, Prof., Klaus, Bremen
Pickenhain, Prof., Lothar, Leipzig
Ravati, Alexander, Marburg
Reichel, Dr., Dirk, Lübeck
Reichert, Prof., Heinrich, Basel
Reinhard, Dr., Eva, Bern
Rieckmann, Dr., Peter, Würzburg
Riemann, Prof., Dieter, Freiburg
Ritter, Prof., Helge, Bielefeld
Roth, Prof., Gerhard , Bremen
Roth, Lukas W.A., Bern
Rotter, Dr., Stefan, Freiburg
Rubin, Dr., Beatrix, Basel
Ruth, Dr., Peter, Giessen
Schaller, Dr., Bernhard, Basel
Schedlowski, Prof., Manfred, Essen
Schneider, Dr., Werner X., München
Scholtyssek, Christine, Umkirch
Schwegler, Prof., Helmut , Bremen
Schwenker, Dr., Friedhelm, Ulm
Singer, Prof., Wolf, Frankfurt am Main
Spiegel, Dr., Roland, Zürich
Spitzer, Prof., Manfred, Ulm
Steck, Prof., Andreas, Basel
Steinlechner, Prof., Stephan, Hannover
Stephan, Dr., Achim, Rüsselsheim
Stoeckli, Dr., Esther, Basel
Stürzel, Frank, Freiburg
Swandulla, Prof., Dieter, Erlangen
Tolnay, Dr., Markus, Basel
Unsicker, Prof., Klaus, Heidelberg
Vaas, Rüdiger, Bietigheim-Bissingen
van Velthoven-Wurster, Dr., Vera, Freiburg
Walter, Dr., Henrik, Ulm
Wicht, Dr., Helmut, Frankfurt
Wolf, Prof., Gerald, Magdeburg
Wullimann, Prof., Mario, Bremen
Zeilhofer, Dr., Hans-Ulrich, Erlangen
Zimmermann, Prof., Manfred, Heidelberg

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.