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Lexikon der Neurowissenschaft: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Jakob-Creutzfeldt-Syndrom, E Creutzfeldt-Jakob disease (Abk. CJD), eine seltene, tödlich verlaufende Erkrankung des Zentralnervensystems mit schnell fortschreitender Demenz, spastischen Lähmungen und Muskelstarre. Der Krankheitsverlauf zeigt das Bild einer rasch fortschreitenden Encephalopathie. Das Vorläuferstadium ist durch die unspezifischen Symptome wie Angstzustände, Depression, Schlafstörungen oder Vergeßlichkeit nur schwer zu erkennen. Im Zweitstadium werden die zentralnervösen Störungen wie dementieller Abbau, Mutismus, Akinesie und muskuläre Hypertonie mit Myoklonien (Myoklonus) offensichtlich. Die Endphase ist durch einen vollständigen dementiellen Abbau gekennzeichnet und führt immer zum Tod. Bis heute ist über den Pathomechanismus noch sehr wenig bekannt, und die therapeutischen Möglichkeiten sind sehr beschränkt. Die Diagnose erfolgt anhand klinischer Symptome; Elektroencephalogramm (charakteristische Veränderungen) und Hirnbiopsie können zusätzliche nützliche Untersuchungen darstellen. – CJD tritt weltweit mit einer Häufigkeit von etwa 10-6 pro Jahr auf. Drei verschiedene Formen wurden beschrieben: sporadisch (spontan auftretend), übertragbar (als "transmissible encephalopathy") und familiär (genetisch bedingt). Für die übertragbare Form wurden infektiöse Proteine, die man Prionen nennt, als höchstwahrscheinliche Ursache beschrieben. Ein Eiweiß als Krankheitserreger ist ein neues Prinzip in der Pathogenese von Krankheiten, und die Forschungen auf diesem Gebiet führten 1997 schließlich zum Nobelpreis für Stanley B. Prusiner, welcher die entsprechende Hypothese erstmals 1982 formulierte. In der Vergangenheit erfolgte die Übertragung der Krankheit beim Menschen entweder durch ärztliche Behandlung, zum Beispiel durch die Verabreichung von aus Leichen isolierten Hypophysenhormonen, durch Transplantation von Hirn- oder anderem Nervengewebe oder aber auch durch kontaminierte Instrumente, welche bei Hirnoperationen verwendet wurden. In den vergangenen Jahrzehnten wurden große Fortschritte bezüglich der molekularen und der genetischen Charakterisierung des übertragbaren Pathogens gemacht, welche zu einem besseren Verständnis der Erkrankung beigetragen haben. Das infektiöse Agens scheint eine abnormale Isoform eines ansonsten physiologisch exprimierten zellulären Proteins (PrPC) darzustellen. Das zugrundeliegende pathogenetische Ereignis ist die Konformationsänderung von PrPC in seine krankmachende Isoform PrPSc (Sc steht für Scrapie, eine andere Prion-Krankheit), welche durch einen autokatalytischen Prozeß des infektiösen Agens selbst ausgelöst wird. Im Tiermodell kann die Krankheit durch die Einbringung von PrPSc hervorgerufen werden. – Mehr als 80% der registrierten Fälle von CJD sind sporadisch. Man nimmt an, daß in diesen Fällen PrPSc durch eine spontane Konversion von PrPC entsteht. Ferner scheint es zunehmend klar, daß spezifische Allele des Prion-Gens zu einer genetisch determinierten Prädisposition für die Krankheit und damit zu den familiären Fällen (10-15% aller Fälle) führen. Da auch die meisten familiären Fälle auf Versuchstiere übertragbar sind, sind die drei Formen der CJD möglicherweise auf eine gemeinsame Ursache (die mit PrP in Zusammenhang steht) zurückzuführen. Eine neue Variante (CJD-Variante, vCJD) wurde 1996 erstmals beschrieben und begründete den Verdacht einer kausalen Beziehung zwischen Erkrankungen beim Tier (bovine spongiforme Encephalopathie) und beim Menschen (vCJD). – Obwohl die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit nach ihren Erstbeschreibern Hans-Gerhard Creutzfeldt (1885-1964) und Alfons Jakob (1884-1931) benannt wurde, nimmt man heute an, daß die erste Fallbeschreibung von 1920 durch Creutzfeldt (eine 23-jährige Frau mit sensomotorischen und psychiatrischen Störungen) die heutigen Kriterien für CJD nicht erfüllt, wie auch drei weitere der fünf von Jakob in den Jahren 1921/23 beschriebenen Patienten. Nur gerade zwei Fälle der Originalpublikationen erfüllen die klinischen und pathologischen Voraussetzungen für die Diagnose eines CJD. Ursprünglich wurde die Erkrankung von Jakob als "spastische Pseudosklerose" bezeichnet. Der Begriff Creutzfeldt-Jakob-Krankheit wurde von Spielmeyer 1922 erstmals eingeführt. Ubiquitin.

A.A./G.H.

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