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Lexikon der Neurowissenschaft: Enkephaline

Enkephaline [Mehrzahl; von griech. egkephalos = Gehirn], E enkephalins, Neuropeptide bzw. Peptidhormone aus 5 Aminosäureresten (Pentapeptide), die neben den Endorphinen und Dynorphinen zu den Opiatpeptiden zählen, welche im Zentralnervensystem Morphin-ähnliche Wirkungen (Morphin) ausüben. Die wichtigsten Vertreter sind Methionin-Enkephalin (Met-Enkephalin; Tyr-Gly-Gly-Phe-Met) und Leucin-Enkephalin (Leu-Enkephalin; Tyr-Gly-Gly-Phe-Leu), die sich nur in der C-terminalen Aminosäure unterscheiden und im Gewebe in unterschiedlichen Mengenverhältnissen vorkommen. Enkephaline leiten sich von einem größeren Vorläufermolekül, dem Prä-Pro-Enkephalin, ab. Während im Proenkephalin A sechsmal die Sequenz von Met-Enkephalin und einmal Leu-Enkephalin vorkommt, enthält Proenkephalin B drei Kopien des Leu-Enkephalin. Mit dem Enkephalin wurde 1975 durch Hughes und Kosterlitz das erste endogene Opiatpeptid aus dem Schweinehirn isoliert. – Enkephaline wurden in fast allen Regionen des Nervensystems von Wirbellosen und Wirbeltieren, besonders in primären sensorischen Arealen und anderen Strukturen der Schmerzbahn nachgewiesen. Neurone, die Enkephaline bilden (enkephalinerge Neurone; siehe Zusatzinfo ) kommen in vielen Hirnregionen (Neocortex, Basalganglien, Hippocampus, Septum, Amygdala, verschiedene Kerne des Hypothalamus, periaquäduktales Grau, Formatio reticularis des Hirnstamms, dorsales und ventrales Tegmentum, Hypophyse sowie Netzhaut) vor. Enkephalin-produzierende Zellen wurden außerdem im Rückenmark, in sympathischen Ganglien und auch in extraneuronalem Gewebe lokalisiert (z.B. in exokrinen Zellen des Magen-Darm-Traktes) gefunden. – Mindestens vier Rezeptorsubtypen, die Opioidwirkungen vermitteln, sind differenzierbar (μ, δ, κ, σ), wobei Enkephaline die größte Affinität zum δ-Rezeptor besitzen. Aktivierung dieser Rezeptoren ruft in der Regel inhibitorische Effekte, d.h. verminderte Transmitterfreisetzung des Zielneurons, hervor. Die direkte Applikation von Enkephalinen und synthetischen Analoga in das Gehirn verursacht eine kurzzeitige Analgesie. Enkephaline scheinen sowohl auf Rückenmarksebene als auch auf Hirnstamm und höheren Ebenen die Weiterleitung von Schmerzimpulsen zu hemmen ( siehe Zusatzinfo ). Die weite Verbreitung von Opiatrezeptoren weist darüber hinaus auf eine Vielzahl anderer physiologischer Funktionen hin. So wird ein mit dem Hippocampus assoziierter Effekt von Enkephalinen auf Langzeitpotenzierung und Gedächtnisprozesse diskutiert.

Enkephaline

enkephalinerge Neurone:
Besondere Bedeutung haben Enkephalin-produzierende Zellen im Rückenmark, wo sie unter Bildung axoaxonaler Synapsen den Substanz-P-Synapsen (Substanz P) präsynaptisch anliegen und dadurch schmerzhemmend wirken können. Eine Anhäufung enkephalinerger Neurone befindet sich im zentralen (Höhlen-)Grau um den Aquaeductus Sylvii des Mesencephalons, das sich bis in das periventrikuläre Grau des Diencephalons erstreckt (periaquäduktales Grau). Stimulierung dieser Region führt zur Schmerzhemmung. Tracerstudien ergaben, daß es sich hierbei vor allem um absteigende Bahnen zu medullären Nucleus reticularis-Anteilen, zum Nucleus raphe magnus und zum Nucleus reticularis paragigantocellularis sowie um aufsteigende Bahnen zu intralaminären Thalamuskernen handelt.

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