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Lexikon der Neurowissenschaft: Neuroinformatik

Neuroinformatik w, Abk. NI, E neurocomputing, neural information processing, zwischen den Fächern Informatik, Psychologie, Neurobiologie, Medizin (Neurologie), Mathematik und Physik (Spin-Gläser, Biophysik) angesiedeltes, interdisziplinäres Fachgebiet, welche die Informationsverarbeitung in neuronalen Netzen untersucht. Dabei werden vorwiegend künstliche Neurone, also Simulationsmodelle von biologischen Nervenzellen, betrachtet ( siehe Zusatzinfo ). Historisch hat sich die Neuroinformatik vor allem aus der Kybernetik und der Neurobiologie entwickelt. In diesen Bereichen wurden bereits seit den 1940er Jahren künstliche neuronale Netze untersucht. Dieser Zugang zur Informationsverarbeitung wurde dann mit der Dominanz der Universalrechner von der Computerwissenschaft abgelöst. Mit den neuen technischen Möglichkeiten zur Fertigung komplexer hochintegrierter Schaltungen gewann in den 1980er Jahren die Beschäftigung mit schnellen Spezialrechnern erneut an Bedeutung, zudem wuchs das Detailwissen in den Neurowissenschaften sehr schnell, so daß es zu einer Erneuerung und Etablierung der Neuroinformatik gegen Ende der 1980er Jahre kam. In dem ebenfalls jungen Forschungsgebiet der Kognitionswissenschaft werden künstliche neuronale Netze gerne zur Modellierung von kognitiven Leistungen auf einer "höheren", eher symbolischen Ebene eingesetzt, die noch weit von der biologischen Modellierung einzelner Neurone entfernt ist. Man spricht dann auch von konnektionistischen Modellen oder Konnektionismus. Neuronale Netze.

Lit.: McCulloch, W.S., Pitts, W.: A logical calculus of the ideas immanent in nervous activity. Bull. Math. Biophys. 5 (1943), S. 115. Marr, D.:A theory of the cerebellar cortex. Journal of Physiology 202 (1969), S. 437-470. Rosenblatt, F.: Principles of neurodynamics. New York 1962.

Neuroinformatik

In der biologischen Neuroinformatik betrachtet man künstliche neuronale Netze als Modelle für die Informationsverarbeitung im Nervensystem verschiedener Tiere. Hier geht es darum, durch Modellierung zu einem besseren Verständnis der neuronalen und synaptischen Mechanismen, Strukturen und Prozesse zu kommen, die in den Gehirnen oder Nervensystemen von Tieren vermutlich gewisse Verhaltensleistungen ermöglichen bzw. hervorbringen. Die Fragestellung unterscheidet sich hier von der in der Neurobiologie und in der Hirnforschung vorwiegenden Frage der Lokalisation ("was wird in welchem Hirnteil gemacht") durch die Konzentration auf die Frage "wie wird es gemacht".
In der theoretischen NI werden die generellen Informationsverarbeitungsmöglichkeiten von künstlichen neuronalen Netzen untersucht. Ein besonders wichtiger Teilbereich ist die algorithmische und statistische Lerntheorie. Hier gibt es starke Affinitäten zur Theorie der Schaltnetze, der Automaten, der formalen Sprachen, zur Komplexitätstheorie sowie zur Approximationstheorie und zur Statistik.
In der angewandten NI werden technische Anwendungsmöglichkeiten der künstlichen neuronalen Netze sowie die Verbesserung der damit verbundenen Lernverfahren und Simulationswerkzeuge untersucht. Solche Anwendungen ergeben sich z.B. bei der Vorhersage von Börsenkursen, bei der Qualitätskontrolle und Diagnose, in der Spracherkennung und in der Robotersteuerung.
In der technischen NI wird der Einsatz von spezieller Hardware oder von Parallelrechnern zur schnellen (oft massiv parallelen) Simulation von künstlichen neuronalen Netzen untersucht. Teilweise werden hier spezielle Rechnerarchitekturen entwickelt (sogenannte Neurocomputer).

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