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Lexikon der Neurowissenschaft: Pharmakokinetik

Pharmakokinetik w [von griech. pharmakon = Heilmittel, Gift; kinetikos = in Bewegung setzend], E pharmacokinetics, Lehre der Konzentrationsverläufe von Arzneistoffen (Pharmaka) und deren Metaboliten im tierischen und menschlichen Organismus. Zur Erlangung einer Wirkung muß eine Substanz an den entsprechenden Rezeptor gelangen und mit diesem interagieren. Die Pharmakokinetik beschreibt die zeitliche Konzentrationsänderung einer Substanz am Rezeptor oder im ganzen Organismus anhand der Plasmakonzentration ( siehe Abb. 1 ). Die jeweilige Plasmakonzentration hängt ab von der Arzneimittelaufnahme (z.B. oral oder intravenös; siehe Abb. 2 ), von der Resorption, von der Verteilung im Körper, von der Biotransformation und der Ausscheidung aus dem Körper ( siehe Zusatzinfo ). Ziel der Pharmakokinetik ist die Entwicklung der optimalen Arzneiformulierung und die Festlegung der Dosierungsvorschriften. Chronopharmakologie, Neuropharmakologie, Pharmakodynamik, Psychopharmakologie, Scatchard-Analyse.



Pharmakokinetik

Abb. 1: Pharmakokinetisches Verlaufsschema eines Arzneistoffes im Organismus



Pharmakokinetik

Abb. 2: Plasmaspiegelkurven eines Wirkstoffes nach intravenöser Injektion und oraler Gabe eines Arzneimittels mit Kennzeichnung der unterschiedlichen Phasen im Organismus

Pharmakokinetik

Unter den verschiedenen Applikationsformen ermöglicht die parenterale (unter Umgehung des Verdauungstrakts – meist intravenös) eine sehr exakte Dosierung und einen raschen Wirkungseintritt. Am häufigsten ist jedoch die orale Arzneimittelapplikation, z.B. als Tablette. Ausmaß und Geschwindigkeit der anschließenden Resorption im Organismus, d.h. die Aufnahme aus dem Verdauungstrakt in den Blutkreislauf, sind abhängig von den chemisch-physikalischen Eigenschaften der einzelnen Substanzen und der Zubereitung der Substanz. Ein Maß für die Resorptionsquote ist die Bioverfügbarkeit, die für intravenös gegebene Substanzen definitionsgemäß 100% beträgt und bei oraler Gabe nach Messung der Blutplasmaspiegel dazu ins Verhältnis gesetzt wird. Durch den first pass effect werden viele Substanzen nach Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt direkt zur Leber geleitet und dort der Biotransformation zugeführt, d.h. durch Stoffwechselprozesse in ihrer Wirkung meistens abgeschwächt oder vollkommen inaktiviert. Für Barbiturate kann nach wiederholter Gabe diese Biotransformation durch Enzyminduktion gegenüber der erstmaligen Gabe wesentlich erhöht sein. Ein Maß für die Diffusion der Substanzen aus dem Blutkreislauf ins umgebende Gewebe ist ihre Verteilung, die ihrerseits abhängig ist von der Molekülgröße der Substanz, der Fett- oder Wasserlöslichkeit und der Bindung an Gewebs- oder Plasmaproteine. Im Gehirn entscheiden diese Eigenschaften, ob ein Wirkstoff die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann oder nicht. Die quantitative Messung der Wirkstoffkonzentration im Blutplasma zu verschiedenen Zeitpunkten liefert charakteristische Plasmaspiegelkurven. Daraus lassen sich weitere pharmakokinetische Kenngrößen berechnen. Maximalspiegel und der zugehörige Zeitpunkt geben Aufschluß über den Verlauf der Resorption. Daraus kann weiterhin die Halbwertszeit ermittelt werden, d.h. die Zeit, die benötigt wird, damit sich der Plasmaspiegel einer Substanz halbiert. Ein Maß für die Ausscheidungskraft des Körpers ist die clearence. Wesentlichen Anteil an der Gesamtclearence des Körpers haben Niere und Leber, aber auch durch Abatmung oder Schwitzen können Substanzen ausgescheiden werden. Eine verminderte Arzneimitteldosierung ist bei Patienten mit Niereninsuffizienz oder Leberfunktionsstörungen indiziert.

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