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Lexikon der Neurowissenschaft: Psychopharmaka

Psychopharmaka [von griech. psyche = Hauch, Seele; pharmakon = Heilmittel], psychotrope Substanzen, E psychotropics, Gruppe chemisch unterschiedlicher Substanzen, die fördernd oder hemmend in die höhere Nerventätigkeit, d.h. in psychische und intellektuelle Prozesse beim Menschen eingreifen. Psychopharmaka werden zur Behandlung von psychischen Störungen und Psychosen (auch zu deren experimenteller Erforschung) eingesetzt. Sie wirken auf die Informationsverarbeitung, -assoziation und -speicherung, Stimmungslage, das Affekt- und Sozialverhalten und dergleichen ein. Die einzelnen Wirkungsqualitäten sind in vielen Fällen nicht scharf zu trennen. Eine übliche Einteilung erfolgt in Neuroleptika, Tranquilizer und Antidepressiva ( siehe Tab. ). Neuroleptika und Tranquilizer werden bisweilen unter dem Begriff Psycholeptika zusammengefaßt. Ihnen gegenübergestellt werden die Psychoanaleptika (Psychotonika). Zu den Psychoanaleptika werden neben den Antidepressiva z.B. auch die Weckamine gerechnet. – Neuroleptika (Antipsychotika) setzen den zentralnervösen Grundtonus herab, ohne daß die Wahrnehmungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt oder eine hypnotische Wirkung entfaltet wird. Auf diese Weise können Aggressivität, Angstgefühle und Erregungszustände unterdrückt oder beseitigt werden. Neuroleptika werden mit Erfolg zur Behandlung echter Psychosen eingesetzt. Als Nebenwirkungen treten mehr oder minder stark ausgeprägt sedierende, blutdrucksenkende und antiemetische Wirkungen auf, von denen letztere therapeutisch genutzt werden. Die wichtigsten Stoffgruppen sind basisch alkylierte Phenothiazine, basische Butyrophenone, Diphenylbutylpiperidine, z.B. Pimozid, und Rauwolfiaalkaloide. – Tranquilizer (Ataraktika, Psychosedativa) wirken schwächer dämpfend auf psychische Prozesse als Neuroleptika und werden in breitem Umfang bei nichtpsychotischen Erregungs-, Angst- und Spannungszuständen und dadurch bedingten Schlafstörungen eingesetzt. Die wichtigsten Stoffklassen sind Benzodiazepine, basisch alkylierte Diphenylmethanderivate und Carbamidsäureester mehrwertiger Alkohole, z.B. Meprobamat. – Antidepressiva bewirken eine Hebung der Stimmungslage und z.T. eine Antriebsförderung. Man unterscheidet zwischen Thymoleptika und Thymeretika. Thymoleptika bewirken eine Aufhebung bzw. Abschwächung einer depressiven Stimmungslage, zeigen aber bei normaler Stimmungslage kaum eine Wirkung. Dagegen führen Thymeretika auch bei ausgeglichener Stimmungslage zu einer psychischen Stimulierung und Antriebssteigerung. Als Thymoleptika werden vor allem basisch alkylierte Dibenzodihydroazepine und basisch alkylierte Dibenzodihydrocycloheptadiene eingesetzt. Thymeretika bewirken eine Hemmung der Monoamin-Oxidase. Dadurch wird der Abbau der Monoamine u.a. im Gehirn gehemmt. – Nicht als Arzneimittel verwendet werden die Psychodysleptika (Halluzinogene). Sie rufen bei psychisch normaler Ausgangslage Psychosen hervor. Die bekanntesten Substanzen sind Lysergsäurediethylamid, Meskalin und Psilocybin ( siehe Zusatzinfo ). Drogen, Drogenabhängigkeit, Rauschgifte, Sucht.

Psychopharmaka

IPsychopharmaka i.w.S.
1. Hypnotika ("Schlafmittel")
2. Sedativa ("Beruhigungsmittel")
3. Antiepileptika (Mittel zur Epilepsie-Therapie)
4. Psychotonika ("Anregungsmittel")
II. Psychopharmaka i.e.S.,
1. Neuroleptika (hypnotikafreie Beruhigungsmittel mit antipsychotisch-antischizophrener Wirkung)
2. Tranquilizer (hypnotikafreie Beruhigungsmittel ohne antipsychotisch-antischizophrene Wirkung)
3. Antidepressiva (Mittel mit antidepressiver Wirkung)
a) Thymoleptika (vorwiegend stimmungsaufhellende Antidepressiva)
b) Thymeretika (vorwiegend hemmungslösende Antidepressiva)
III. Psychopharmaka mit psychotomimetischer Wirkung
Psychodysleptika (Halluzinogene, Psycholytika: Mittel zur Erzeugung experimenteller Psychosen; auch zur Unterstützung psychotherapeutischer Behandlungen eingesetzt)

Psychopharmaka

An Radnetzspinnen wurde in den 1950er Jahren systematisch die Wirkung verschiedener psychotroper Substanzen (Lysergsäurediethylamid, Coffein, Meskalin u.a.) auf den Radnetzbau untersucht. Häufig wurden die Netze nach Drogengabe unregelmäßig; je nach Wirkstoff traten spezifische Veränderungen (Größe, Winkel, Zahl und Anordnung der Speichen usw.) im Netzbau auf.

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