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Artbildung: Evolution im Zeitraffer

Bei manchen Buntbarschen entstehen in Rekordgeschwindigkeit neue Arten. Forscher untersuchen die Bedingungen dafür – und die beteiligten genetischen Mechanismen.
Buntbarsch A. labiatus

Die beiden Zitronenbuntbarsche finden offensichtlich Gefallen aneinander. Nichts Ungewöhnliches, sollte man meinen, dass sich ein Männchen und ein Weibchen derselben Art füreinander interessieren. Außerdem sind die in Mittelamerika verbreiteten und bei Aquarianern beliebten Zitronenbuntbarsche für ihren Hang zum Familienleben bekannt: Bei ihnen kümmert sich ein Paar gemeinsam um seine Brut. Auch diese beiden im Xiloá-Kratersee Nicaraguas, Vertreter der Art Amphilophus xiloensis, haben schon Nachwuchs, den sie nun sorgsam hüten.

Doch eigentlich geben sich Zitronenbuntbarsche bei der Wahl eines Partners heikel – und zwar was dessen Färbung betrifft. Ihre verschiedenen Spezies werden heute in den so genannten Amphilophus-citrinellus-Artenkomplex gestellt. Bei vielen davon tragen die meisten der Artgenossen dunkle Streifen und Flecken auf einem helleren Grund: Sie wirken eher unscheinbar grau-schwarz. Bei einer Reihe dieser Arten verliert allerdings etwa jedes 20. Tier in später Jugend seine schwarzen Pigmente und bekommt dann ein gelbliches bis rötlich goldenes Kleid. Und gemäß dem Motto "Gleich und Gleich gesellt sich gern" gründen dann fast nur Fische von ähnlichem Äußeren eine Familie. Die beiden Buntbarsche im Xiloá-Kratersee bilden da eine Ausnahme.

Der Evolutionsbiologe Axel Meyer von der Universität Konstanz beobachtete diese Vorliebe schon als Doktorand an der University of California in Berkeley bei den Fischen in ihrer Heimat. Seitdem lässt ihn der Gedanke nicht mehr los, dass hier vielleicht gerade eine neue Spezies entsteht, bei der alle Erwachsenen goldgelb aussehen werden. Wenn diese These zutrifft – wovon Meyer überzeugt ist –, würden die Forscher hier sozusagen der Evolution direkt, "live", bei der Artbildung zusehen. Es ist offensichtlich, dass bei diesem Artenkomplex zwei Kräfte eine Rolle spielen: die "natürliche" und die "sexuelle" Selektion. Bei einigen der Arten unterscheiden sich die Fische nicht in der Färbung – alle Tiere bleiben gestreift –, jedoch in den Körperproportionen und Zähnen. An solchen Unterschieden kann die natürliche Auslese angreifen. Treten jedoch zwei Farbmorphen auf, zusammen mit selektiver Partnerwahl, wirkt sexuelle Auslese. ...

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  • Quellen und Literaturtipp

Henning, F. et al.: Transcriptomics of Morphological Color Change in Polychromatic Midas Cichlids. In: BMC Genomics 14, S. 171 - 183, 183

Kautt, A. F. et al.: Genomic Signatures of Divergent Selection and Speciation Patterns in a "Natural Experiment", the Young Parallel Radiations of Nicaraguan Crater Lake Cichlid Fishes. In: Molecular Ecology 21, S. 4770 - 4786, 2012

Manousaki, T. et al.: Parsing Parallel Evolution: Ecological Divergence and Differential Gene Expression in the Adaptive Radiations of Thick-Lipped Midas Cichlid Fishes from Nicaragua. In: Molecular Ecology 22, S. 650 - 669, 2013

Evolution. Wie sie die Geschichte des Lebens geformt hat.
Spektrum der Wissenschaft Spezial 1/2014.
Darin insbesondere: Marty, C.: Missverständnisse à la Darwin, S. 6 – 13
Beiträge über neue Evolutionsstudien und aktuelle theoretische Ansätze
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