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Auf den Spuren der Dinosaurier. Dinosaurierfährten - Eine Expedition in die Vergangenheit


Das Buch ist im Original 1991 bei der Cambridge University Press unter dem Titel "Tracking Dinosaurs – A new look at an ancient world" erschienen. Es behandelt ein Teilgebiet, das im Rahmen des Dinosaurier-Booms erst im letzten Jahrzehnt einen größeren Aufschwung genommen hat, insbesondere durch die Aktivitäten des Autors selbst. Fast vor der Haustür von Martin Lockley, Geologieprofessor an der Universität von Colorado in Denver, liegen Hunderte von Fundstellen, und nahezu wöchentlich werden dort neue Vorkommen entdeckt. So konnte er vor allem Untersuchungen von Spuren in Schichten des Jura und der Kreide voranbringen.

Zentraler Gegenstand von Lockleys Forschungen ist das Phänomen der megatrack sites, zu deutsch Massenvorkommen von Spuren. Zusammen mit den Skelettresten ermöglichen sie eingehende Analysen zur Lebensweise, Verbreitung und mithin zur Evolution der Dinosaurier. Eingebettet in den Bericht von der weltweiten Suche nach solchen Spuren vermittelt Lockley vielschichtige Probleme der einschlägigen Forschung.

Technische Aspekte wie Bergung, Dokumentation und Benennung der Spuren werden ebenso ausführlich beschrieben wie ihre Verbreitung in der Erdgeschichte. Inzwischen sind nahezu lückenlos für alle Abschnitte des Dinosaurierzeitalters von der Trias bis zur Kreide Trittsiegel und Fährten dokumentiert. Die Darstellung gipfelt in einer Analyse der Spurengemeinschaften. Darin sind die Verbreitung und die Lebensraumbeziehungen wesentlicher Hauptgruppen der Dinosaurier – Theropoden, Sauropoden und Ornithopoden – zu erkennen. Sogar die Entfaltung der Vögel als Abkömmlinge der Theropoden ist mit Fährten aus der unteren Kreide belegbar.

In der Interpretation terrestrischer Faunen im Erdmittelalter ist damit ein großer Fortschritt erzielt worden. Höchst anschaulich und auch für geologisch Vorgebildete lesenswert sind die Darlegungen über die Entstehung von Spuren bis hin zu ihrer Versteinerung (Diagenese) in vielfältigen, auch von Lockley selbst beobachteten und analysierten Sonderfällen: sandiger, schlammiger oder geneigter Untergrund, trockenes oder feuchtes Sediment.

Charakteristisch für Spurenvorkommen der Dinosaurier ist ein großräumiges Zertrampeln des Bodens: Das Sediment ist durch die sogenannte Dinoturbation verändert. In Schichten der Entrada-Formation des mittleren Jura im Osten von Utah findet man bis zu zehn Fußabdrücke pro Quadratmeter. Aus paläogeographischen Beobachtungen folgt, daß die fährtenüberzogene Fläche rund 300 Quadratkilometer einnimmt; demnach gibt es dort 300 Millionen bis 3 Milliarden Fußabdrücke.

Vielfach verlaufen die Spuren kilometerweit küstenparallel. Im Falle der "Dinosaurier-Autobahn" in der Dakota-Gruppe der mittleren Kreide Colorados sind es 70 Kilometer; in diesen Schichten erstrecken sich die versteinerten Spuren sogar von Nordcolorado bis zum nördlichen New Mexico. An diese Beobachtungen knüpfen sich Schlüsse über den großräumigen Verlauf damaliger Küsten- und Uferlinien sowie über die Schwankungen des Meeresspiegels.

In der deutschen Fassung des Buches sind ein zusätzliches Kapitel über Palichnostratigraphie (Spurenstratigraphie) sowie im Anhang einige mitteleuropäische Vorkommen aufgenommen worden. Dadurch allein ist jedoch der Zuwachs von ursprünglich 234 auf 313 Seiten nicht zu erklären – vielmehr ist die Übersetzung mitunter weitschweifig und dabei nicht immer präzise. Im Zweifelsfall sollte man das Original zu Rate ziehen.

Die Entfaltung der Dinosaurier im Mesozoikum hat Herden von Giganten hervorgebracht, die eine so gewaltige Bioturbation verursacht haben, wie sie in der Geschichte der Wirbeltiere (den Menschen der Gegenwart ausgenommen) noch nie dagewesen ist. Zeugnis davon legen die Fährten ab. Das von einem der führenden Fachleute auf diesem Gebiet überwiegend populär geschriebene Buch ist nachdrücklich zu empfehlen.



Aus: Spektrum der Wissenschaft 9 / 1995, Seite 132
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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