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Zeitreisen: Bauanleitung für eine Zeitmaschine

Ein Fahrzeug für Zeitreisen wäre gewiss nicht einfach zu konstruieren – aber zumindest theoretisch ist es denkbar.


Seit H. G. Wells 1895 seinen berühmten – und kürzlich zum zweiten Mal verfilmten – Roman "Die Zeitmaschine" veröffentlichte, sind Zeitreisen ein beliebtes Thema der Science-Fiction. Aber lässt sich allen Ernstes eine Maschine bauen, die einen Menschen in die Vergangenheit oder Zukunft transportiert?

Jahrzehntelang waren Reisen durch die Zeit kein Thema für ernsthafte Wissenschaftler. Doch in den letzten Jahren ist das Thema zu einer Art Hobby für theoretische Physiker geworden. Es macht einfach Spaß, über Zeitreisen zu spekulieren, aber die Frage hat auch eine ernsthafte Seite. Voraussetzung für jeden Versuch, eine einheitliche physikalische Theorie zu formulieren, ist eine sauber geregelte Beziehung zwischen Ursache und Wirkung. Wäre es zumindest im Prinzip möglich, ungehindert durch die Zeit zu reisen, so hätte dies drastische Auswirkungen auf eine solche vereinheitlichte Theorie.

Was wir heute unter Zeit verstehen, ist von Einsteins Spezieller und Allgemeiner Relativitätstheorie geprägt. Bevor es diese Theorien gab, galt die Zeit als absolut und universell – eine und dieselbe Zeit für jedermann, unabhängig von physikalischen Rahmenbedingungen. Die Spezielle Relativitätstheorie besagt aber, dass das Zeitintervall zwischen zwei Ereignissen vom Bewegungszustand des Beobachters abhängt. Unterschiedlich bewegte Beobachter erleben die Zeitspanne zwischen denselben Ereignissen als verschieden lange.

Dieser Effekt wird oft mit dem so genannten Zwillingsparadoxon illustriert. Angenommen, Anna und Anton sind Zwillinge. Anna besteigt ein Raumschiff, fliegt mit hoher Geschwindigkeit zu einem nahen Stern und wieder zurück, während Anton auf der Erde wartet. Für Anna hat die Reise beispielsweise ein Jahr gedauert, aber bei der Landung stellt sie fest, dass auf der Erde zehn Jahre vergangen sind. Ihr Bruder ist jetzt neun Jahre älter als sie. Anna und Anton sind nicht mehr gleich alt, obwohl sie am selben Tag geboren wurden. Anna ist in gewissem Sinn durch die Zeit gereist: Sie ist neun Jahre in die Zukunft der Erde gesprungen.

In die Zukunft, aber bitte schnell

Dieser Effekt, die so genannte Zeitdilatation, tritt immer dann auf, wenn zwei Beobachter sich relativ zueinander bewegen. Im Alltag bemerken wir keine seltsamen Zeitverwerfungen, denn der Effekt wird erst nahe der Lichtgeschwindigkeit deutlich ausgeprägt. Selbst bei einer Flugreise beläuft sich die Zeitdilatation auf wenige Nanosekunden (Milliardstel Sekunden) – gewiss keine große Zeitreise. Dennoch sind Atomuhren exakt genug, die Verschiebung zu messen und zu bestätigen, dass die Zeit durch Bewegung wirklich gedehnt wird. Somit sind Reisen in die Zukunft eine bewiesene Tatsache.

Um wirklich dramatische Zeitverwerfungen zu beobachten, muss man den Alltag verlassen und subatomare Teilchen in großen Beschleunigern fast auf Lichtgeschwindigkeit bringen. Einige dieser Partikel, zum Beispiel Myonen, haben gewissermaßen eine eingebaute Uhr, denn sie zerfallen mit einer genau bekannten, extrem kurzen Halb­wertszeit. In Übereinstimmung mit Einsteins Theorie zerfallen schnelle Myonen in Beschleunigern für den ruhenden Beobachter sozusagen in Zeitlupe. Auch gewisse kosmische Strahlen zeigen spektakuläre Zeitverschiebungen. Sie bewegen sich so nahe der Lichtgeschwindigkeit, dass sie – von ihrem Bezugssystem aus betrachtet – die Galaxis in Minuten durchqueren, obwohl sie im irdischen Bezugssystem dafür Zehntausende Jahre brauchen. Gäbe es die Zeitdilatation nicht, würden diese Teilchen niemals bis zu uns gelangen.

Geschwindigkeit ist ein Mittel, vorwärts durch die Zeit zu springen, ein anderes ist Schwerkraft. In seiner Allgemeinen Relativitätstheorie postulierte Einstein, dass die Gravitation die Zeit verlangsamt. Uhren gehen auf dem Dachboden ein wenig schneller als im Keller, denn der Keller ist dem Erdmittelpunkt und somit dem Schwerkraftzentrum näher. Aus demselben Grund gehen Uhren auf Erdumlaufbahnen schneller als auf dem Boden. Wiederum ist der Effekt winzig, wurde aber mit genauen Uhren direkt gemessen. Beim satellitengestützten Global-Positioning-System müssen solche Abweichungen sogar eigens berücksichtigt werden; andernfalls würden Schiffe, Taxifahrer und Cruise Missiles oft sogar viele Kilometer weit vom Kurs abweichen.

Auf einem Neutronenstern – dem kompakten Überrest einer Supernova – ist die Schwerkraft so stark, dass die Zeit dort um rund zwanzig Prozent gegenüber der Zeit auf der Erde verlangsamt wird. Von einem solchen Stern aus würden irdische Vorgänge wie im Zeitraffer erscheinen. Das Nonplusultra an Zeitverzerrung bietet ein Schwarzes Loch; an seiner Oberfläche – dem so genannten Ereignishorizont – steht die Zeit relativ zur Erde still.

In die Vergangenheit mit einem Dreh

Das bedeutet: Wenn ein Raumfahrer aus nächster Nähe in ein Schwarzes Loch stürzt, vergeht in der kurzen Zeitspanne, in deren Verlauf er die Oberfläche erreicht, im übrigen Universum die gesamte Ewigkeit. Das Gebiet innerhalb des Ereignishorizonts liegt darum, was das restliche Universum betrifft, jenseits des Endes der Zeit. Wenn ein Astronaut ein Schwarzes Loch fast streifen und danach entkommen könnte – zugegebenermaßen ein fantastisches und halsbrecherisches Manöver –, würde er weit in die Zukunft springen.

So viel zu Zeitreisen in die Vorwärtsrichtung. Wie steht es um Reisen rückwärts? Das ist viel schwieriger. Im Jahre 1948 präsentierte der große Mathematiker Kurt Gödel am Institute for Advanced Study in Princeton eine Lösung der Einstein’schen Gravitationsfeldgleichungen, die ein rotierendes Universum beschrieb. In diesem Universum kann ein Astronaut so durch den Raum reisen, dass er in seiner eigenen Vergangenheit ankommt. Das gelingt auf Grund des Einflusses der Gravitation auf Licht. Die Rotation des Universums zieht das Licht – und somit die Kausalbeziehung zwischen Objekten – mit sich im Kreis herum. Dadurch vermag ein materielles Objekt eine geschlossene Schleife im Raum zu beschreiben, die zugleich auch eine geschlossene Zeitschleife ist, ohne dass an irgendeinem Punkt die Lichtgeschwindigkeit in der unmittelbaren Umgebung des Objekts überschritten würde. Gödels Lösung wurde seinerzeit als mathematische Kuriosität abgetan; denn schließlich deutet keine Beobachtung da­rauf hin, dass das Universum als Ganzes rotiert. Das Resultat demonstrierte aber immerhin, dass die Relativitätstheorie rückwärtige Zeitverschiebungen nicht ausdrücklich verbietet. Einstein – damals ­Gödels Nachbar in Princeton – gefiel allerdings der Gedanke, dass seine Theorie unter gewissen Bedingungen Reisen in die Vergangenheit zulasse, ganz und gar nicht.

Seither sind weitere Szenarien für Zeitreisen ausgeheckt worden. 1974 berechnete Frank J. Tipler an der Tulane University, dass Astronauten durch einen masse­reichen, unendlich langen Zylinder, der sich nahezu mit Lichtgeschwindigkeit um seine Längsachse dreht, ihre eigene Vergangenheit besuchen könnten; auch in diesem Fall wird das Licht schleifenförmig um den Zylinder gewickelt. Und 1991 meinte J. Richard Gott von der Universität Princeton, kosmische Strings – hypothetische Überbleibsel des Urknalls – würden ähnlich wirken. Mitte der 1990er Jahre wurde das plausibelste Szenario für eine Zeitmaschine vorgeschlagen; es beruht auf einem so genannten Wurmloch.

In der Science-Fiction dienen Wurmlöcher als Abkürzung zwischen weit entfernten Raumzonen: Ein Raumschiff stürzt sich in ein Wurmloch und taucht kurz darauf am anderen Ende der Galaxis auf. Wurmlöcher passen zwanglos in die Allgemeine Relativitätstheorie, der zufolge nicht nur die Zeit, sondern insbesondere der Raum durch die Gravitation verzerrt werden. Die Theorie lässt zu, dass zwei Raumpunkte durch unterschiedliche Pfade verbunden sind – wie zwei Ortschaften in den Alpen, zwischen denen man entweder auf einer Bergstraße oder durch einen Tunnel verkehren kann. Mathematiker sprechen von einem solchen Raum als mehrfach zusammenhängend. Der Tunnel ist kürzer als die Bergstraße, und ein Wurmloch spart viel Zeit gegenüber einer Reise durch den gewöhnlichen Raum.

Ein künstlich hergestelltes Wurmloch diente in Carl Sagans – später verfilmtem – Roman "Contact" aus dem Jahre 1985 dazu, die Heldin über astronomische Entfernungen hinweg zu einer freundlichen Superzivilisation zu befördern. Dadurch angeregt untersuchte Kip S. Thorne am California Institute of Technology, ob so etwas mit der bekannten Physik vereinbar wäre. Er unterstellte, ein Wurmloch würde wie ein Schwarzes Loch ungeheuer starke Kräfte ausüben; doch während ein Schwarzes Loch nur eine einmalige Reise ohne Wiederkehr erlaubt, hätte ein Wurmloch nicht nur einen Eingang, sondern auch einen Ausgang.

Damit das Wurmloch durchlässig ist, muss es allerdings – so Thornes Überlegung – exotische Materie enthalten, die Antigravitation erzeugt; sonst würde das Gebilde unter seinem eigenen Gewicht zu einem Schwarzen Loch implodieren. Antigravitation – abstoßende Schwerkraft – lässt sich durch negative Energie oder negativen Druck erzeugen.

Sprünge durch Raum und Zeit

Da in bestimmten Quantensystemen ne­gative Energiezustände existieren, scheinen die physikalischen Gesetze Thornes exo­tische Materie nicht von vornherein zu verbieten, obwohl unklar ist, ob sich ge­nügend davon ansammeln lässt, um ein Wurmloch zu stabilisieren (siehe auch "Wurmlöcher und Überlicht-Antriebe" von Lawrence H. Ford und Thomas A. ­Roman, Spektrum der Wissenschaft 3/2000, Seite 36).

Bald erkannte Thorne, dass ein stabiles Wurmloch – sofern es sich überhaupt realisieren lässt – in eine Zeitmaschine verwandelt werden kann. Ein Astronaut würde es nicht nur irgendwo anders im Universum verlassen, sondern auch irgendwann anders in der Zeit – in der Zukunft oder in der Vergangenheit.

Um das Wurmloch für Zeitreisen einzurichten, könnte eine seiner Öffnungen in die Nähe der Oberfläche eines Neutronensterns geschleppt werden. Die gewaltige Schwerkraft des Sterns würde die Zeit in der Nähe der Öffnung so verlangsamen, dass allmählich ein deutlicher Zeitunterschied zwischen den Enden des Wurmlochs entstünde. Wenn dann beide Öffnungen an einem passenden Ort im Weltraum geparkt würden, bliebe diese Zeitdifferenz dauerhaft bestehen.

Angenommen, die Differenz beträgt zehn Jahre. Ein Astronaut, der das Wurmloch in der einen Richtung passiert, springt zehn Jahre in die Zukunft. Hingegen gelangt er bei einer Passage in der Gegenrichtung zehn Jahre in die Vergangenheit. Wenn er im letzteren Fall mit hoher Geschwindigkeit durch den gewöhnlichen Raum zum Ausgangspunkt zurückkehrt, kann er dort ankommen, bevor er gestartet ist. Mit anderen Worten, eine geschlossene Schleife im Raum könnte auch zu einer Zeitschleife werden – mit einer Einschränkung: Der Astronaut kann nicht in eine Zeit reisen, die vor der Konstruktion des Wurmlochs liegt.

Das Hauptproblem beim Bau einer Wurmloch-Zeitmaschine ist natürlich das Erzeugen des Wurmlochs. Doch vielleicht ist der Weltraum ohnehin von solchen Strukturen als natürlichen Überbleibseln des Urknalls durchzogen. In diesem Fall könnte eine Superzivilisation sie sich zu Nutze machen. Eine andere Möglichkeit wären hypothetische Wurmlöcher von der Größenordnung der so genannten Planck-Länge – rund 102-mal kleiner als ein Atomkern –, die vielleicht auf natürlichem Wege entstehen. Im Prinzip könnte ein solches Mini-Wurmloch durch einen Energiepuls stabilisiert und irgendwie auf brauchbare Größe gebracht werden.

Paradoxer Mord an der Mutter als Kind

Unterstellt, die praktischen Probleme wären lösbar, dann könnte die Herstellung einer Zeitmaschine eine Büchse der Pandora voll kausaler Paradoxien öffnen. Nehmen wir zum Beispiel den Zeitreisenden, der in die Vergangenheit zurückkehrt und seine Mutter tötet, während sie noch ein kleines Mädchen ist. Wie sollen wir das verstehen? Wenn das Mädchen stirbt, kann es nicht zur Mutter des Zeitreisenden werden. Doch wenn er nie zur Welt kommt, kann er nicht zurückkehren und seine spätere Mutter töten.

Solche Paradoxien entstehen, wenn der Zeitreisende versucht, die Vergangenheit zu ändern – was offensichtlich unmöglich ist. Aber das hindert ihn nicht, Teil seiner Vergangenheit zu sein. Angenommen, der Zeitreisende geht zurück und rettet einem jungen Mädchen das Leben, und dieses Mädchen wird später seine Mutter. Nun ist die Kausalschleife widerspruchsfrei und nicht mehr paradox. Kausale Konsistenz könnte dem, was ein Zeitreisender zu tun vermag, gewisse Einschränkungen auferlegen, aber sie schließt Zeitreisen nicht von vornherein aus.

Selbst wenn Zeitreisen nicht völlig paradox sind, haben sie doch höchst seltsame Konsequenzen. Betrachten wir den Zeitreisenden, der ein Jahr in die Zukunft springt und in einer künftigen Ausgabe von Spektrum der Wissenschaft über ein neues mathematisches Theorem liest. Er merkt sich die Details, kehrt in seine eigene Zeit zurück und bringt das Theorem einem Studenten bei, der später darüber einen Artikel für Spektrum der Wissenschaft schreibt. Der Artikel ist natürlich genau derjenige, den der Zeitreisende gelesen hat. Dann erhebt sich die Frage: Woher stammt das Wissen über das Theorem? Nicht vom Zeitreisenden, denn er las darüber, aber auch nicht vom Studenten, denn er erfuhr es vom Zeitreisenden. Anscheinend entstand das Wissen aus dem Nichts.

Wegen der bizarren Folgen von Zeitreisen haben einige Wissenschaftler sie gänzlich verworfen. Stephen W. Hawking von der Universität Cambridge hat eine "Chronologieschutz-Vermutung" (chronology protection conjecture) formuliert, die kausale Schleifen verbietet. Da die Relativitätstheorie Kausalschleifen zulässt, würde der Chronologieschutz einen zusätzlichen Faktor erfordern, der Reisen in die Vergangenheit ausschließt. Was könnte das sein? Ein Vorschlag besagt, dass Quantenprozesse die Kausalität retten. Die Existenz einer Zeitmaschine würde erlauben, dass Teilchen auf einer Kausalschleife in ihre eigene Vergangenheit zurückkehren. Vermutlich würde die dadurch bewirkte Störung sich selbst verstärken und einen unbegrenzten Energieanstieg erzeugen, der das Wurmloch zerstört.

Doch solange der Chronologieschutz nur eine Vermutung bleibt, sind Zeitreisen nicht ausgeschlossen. Eine endgültige Klärung wird vielleicht erst die erfolgreiche Vereinigung von Quantenmechanik und Gravitationstheorie bringen – etwa durch eine String-Theorie oder ihre Erweiterung, die so genannte M-Theorie. Denkbar ist sogar, dass die nächste Generation von Teilchenbeschleunigern subatomare Wurmlöcher erzeugt. Falls diese Gebilde lange genug existieren, könnten Teilchen in ihrer Nähe flüchtige Kausalschleifen durchlaufen. Das wäre noch längst nicht die Zeitmaschine, die H. G. Wells sich ausgemalt hat, aber unser Bild der physikalischen Realität würde dadurch für immer verändert.

Literaturhinweise


Die Quantenphysik der Zeitreise. Von David Deutsch und Michael Lockwood. Spektrum der Wissenschaft 11/1994, S. 50.

Gekrümmter Raum und verbogene Zeit. Einsteins Vermächtnis. Von Kip S. Thorne. Droemer Knaur, München 1994.

How to Build a Time Machine. Von Paul Davies. Viking, 2002.

Time Travel in Einstein’s Universe: The Physical Possibilities of Travel through Time. Von J. Richard Gott III. Houghton Miffl in, 2001.

Time Machines: Time Travel in Physics, Metaphysics, and Science Fiction. Von Paul J. Nahin. American Institute of Physics, 1993.


In Kürze


- Vorwärts durch die Zeit zu reisen ist gar nicht schwer. Wenn man fast mit Lichtgeschwindigkeit dahinrast oder sich in einem starken Gravita­tionsfeld aufhält, erlebt man die Zeit langsamer als ein äußerer Beobachter – das heißt, man reist in dessen Zukunft.

- Reisen in die Vergangenheit sind viel umständlicher. Die Relativitätstheorie gestattet sie nur bei spezi­ellen Raumzeit-Konfigurationen: in einem rotierenden Universum, in einem rotierenden Zylinder oder in einem so genannten Wurmloch – einem Tunnel durch Raum und Zeit.


Skizze einer Zeitreise in drei gewaltigen Schritten


1) Entdeckung oder Konstruktion eines Wurmlochs. Zunächst brauchen wir einen Raumzeit-Tunnel, der zwei verschiedene Orte im Raum verbindet. Vielleicht existieren große Wurmlöcher in den Tiefen des Alls als Relikte des Urknalls. Andernfalls müssen wir mit subatomaren Wurmlöchern vorlieb nehmen, die entweder auf natürliche Weise überall um uns entstehen und sofort wieder vergehen oder – wie hier skizziert – künstlich mit Teilchenbeschleunigern erzeugt werden. Solche winzigen Wurmlöcher müssten erst auf brauchbare Größe aufgebläht werden – vielleicht mit Energiefeldern, die denen gleichen, welche einst die Inflation des Raums unmittelbar nach dem Urknall verursachten.

2) Stabilisierung des Wurmlochs. Damit ein Signal oder ein Objekt sicher durch das Wurmloch gelangen kann, erzeugen wir mit quantenphysikalischen Methoden, etwa dem so genannten Casimir-Effekt, einen Zufluss negativer Energie, andernfalls würde das Wurmloch zu einem Punkt fast unendlicher Dichte zusammenschrumpfen; das heißt, es würde zu einem Schwarzen Loch kollabieren.

3) Abschleppen des Wurmlochs. Ein Raumschiff zieht die Öffnungen des Wurmlochs auseinander. Eine Öffnung wird nahe der Oberfläche eines Neutronensterns positioniert; dieser extrem dichte Stern ist von einem besonders starken Schwerefeld umgeben. Auf Grund der intensiven Schwerkraft vergeht dort die Zeit langsamer. Da die Uhren am anderen Ende des Wurmlochs schneller gehen, werden die beiden Öffnungen nicht nur räumlich getrennt, sondern auch zeitlich.


Finger weg von der eigenen Vergangenheit


Menschen oder unbelebte Objekte, die rückwärts durch die Zeit wandern und die eigene Vergangenheit ändern, bringen die kausale Ordnung durcheinander und verursachen Paradoxien. Ein einfaches Beispiel ist eine Billardkugel, die durch eine Wurmloch-Zeitmaschine geschleust wird und beim Auftauchen mit ihrem eigenen früheren Selbst kollidiert. Dadurch hindert sie es, jemals in das Wurmloch einzudringen.

Die Lösung solcher Paradoxien geht von einer einfachen Erkenntnis aus: Die Billardkugel vermag nichts zu tun, was der Logik oder den physikalischen Gesetzen widerspricht. Die Kugel kann also das Wurmloch nicht in einer Weise passieren, die verhindert, dass sie das Wurmloch passiert. Aber nichts hindert sie daran, auf unendlich viele andere Arten durch das Wurmloch zu wandern.

Aus: Spektrum der Wissenschaft 3 / 2003, Seite 1
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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