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Berührung: Können Hände heilen?

Anhänger der Alternativmedizin schwören schon lange darauf, jetzt experimentieren auch Kliniken damit: Berührungen sollen die Wund­heilung beschleunigen sowie Schmerzen und seelische Nöte lindern. Funktioniert das?
Vom Fuß bis zur Seele

Wenn Menschen ins Krankenhaus müssen, fühlen sie sich meist elend: Sie sind krank oder schwer verletzt, fürchten sich vor einer schlimmen Diagnose oder einer drohenden ­Operation. Was ihnen dort bevorsteht – diag­nostische Prozeduren und das Warten auf ­Befunde –, trägt kaum zur Beruhigung bei. Am renommierten Karolinska-Universitätsklinikum in Stockholm ist das nicht anders. "Als ich in der Notaufnahme ankam, musste ich mich vielen Röntgenuntersuchungen und Tests unterziehen. Man ist da nur eine Nummer auf einem Stück ­Papier", berichtet ein Patient, der dort als einer von 25 Probanden an einer Pilotstudie teilnahm.

Das Ziel der Forscher um Neurobiologin Maria Arman war trivial und doch ungewöhnlich für die Notaufnahme eines Krankenhauses: die ­Gefühlslage der Patienten zu verbessern. Die Neuankömmlinge durften zu diesem Zweck ­zwischen zwei Angeboten wählen: einer 20- bis 60-minütigen sanften Massage aus kreisenden Bewegungen, je nach Wunsch an Händen, Füßen, Rücken oder dem ganzen Körper, oder einer Behandlung, bei der eine Krankenschwester ihre Hände eine Dreiviertelstunde mit leichtem Druck auf verschiedene Körperteile wie Füße, Herz und Stirn legte. Die meisten Versuchspersonen berichteten später, ein Gefühl "existenzieller Zusammengehörigkeit", Trost, Entspannung oder Sicherheit empfunden zu haben. "Durch die Berührung wird man wieder zum Menschen", gab der eingangs zitierte Patient zu Protokoll.

Schon ein kurzer Körperkontakt vermag eine tief sitzende Unsicherheit zu vertreiben, wie sie vor allem Menschen mit schwachem Selbst­wertgefühl plagt, berichtete 2014 ein Team um den Sozialpsychologen Sander Koole von der Universität Amsterdam. Legte jemand beim Überreichen eines Fragebogens für etwa eine ­Sekunde beiläufig seine Hand auf die Schulter der Versuchspersonen, empfanden sie daraufhin weniger intensive existenzielle Ängste und fühlten sich stärker mit ihren Mitmenschen verbunden. Der Effekt trat aber nur bei Probanden mit Selbstwertproblemen auf. ...

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