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Hirschhausens Hirnschmalz: Seid behütet!

Ein schönes Gesicht kann nichts entstellen. Außer ein Schädelbruch. Unser Kolumnist Eckart von Hirschhausen fährt daher nur mit Helm Fahrrad.
Eckart von Hirschhausen

"Hals- und Beinbruch!" – ein seltsamer Wunsch. Weil man das für sein Gegenüber ja gerade nicht erhofft. "Schädel-Basis-Bruch!" hört man noch seltener. Dabei wünscht man das erst recht niemandem. Wir sind alle so stolz auf unser Gehirn, die Krone der Schöpfung. Aber wir tun wenig dafür, dass uns kein Zacken aus dieser Krone fällt, wenn wir selbst fallen. Der aufrechte Gang erhebt uns über die Schwerkraft, doch wer morgens bei Glätte Rad fährt, wird zuweilen unsanft daran erinnert, dass die Gesetze der Physik immer noch gelten. Das bedeutet auch: Was den weitesten Weg auf den Boden zurücklegt, trifft am härtesten auf.

Was denken Sie: Warum trägt die Rosine einen Helm?

  1. a) Aus Angst davor, auszutrocknen.
  2. b) Sie hat diesen Text gelesen.
  3. c) Ja, sie is’ mit ’m Radl da.
  4. d) Sie muss zu Weihnachten noch in den Stollen.

Sollte man Helm tragen? Ich gebe zu, ich bin da nicht neutral. Der Freund einer Schulfreundin starb an einer Hirnblutung, nachdem er unglücklich mit dem Fahrrad ausgerutscht und sein Kopf auf die Bordsteinkante geknallt war. Wochen lag er im Koma, bis Geist und Körper aufgaben. Mit Helm wäre ihm wahrscheinlich nichts passiert. Seitdem fahre ich nur noch mit. Also auf dem Rad. Beim Bahnfahren verzichte ich auf den zusätzlichen Schutz. Im Auto ebenfalls – noch. Denn dort passieren laut Statistik die meisten Kopfverletzungen.

Was weiß die Forschung über die Wirksamkeit von Fahrradhelmen? Wie so oft streiten die Gelehrten. Einige Mediziner sagen, zwei Drittel der schweren Kopf­verletzungen ließen sich vermeiden. Die WHO fordert günstigere und bequemere Helme und meint, dass jeder investierte Euro 29-fach zurückkomme. Wegen der hohen Folgekosten von Schädelverletzungen, von der menschlichen Tragödie einmal abgesehen. Dennoch sträuben sich die meisten Länder gegen eine Pflicht, aus Angst, dass weniger Leute Rad fahren. Denn das tut dem Kopf ja eigentlich gut; Herz und Umwelt sowieso. In Seattle gibt es die Helmpflicht. Fahren deshalb weniger Rad? Nein. In Australien ließen sich einige dadurch abschrecken. Bis heute hauen sich beide Lager die Köpfe ein – ungeschützt. Eine Studie aus England zeigte, dass Radler mit Helm riskanter fahren und dass Autos weniger Abstand zu ihnen halten. Aber wie sicher kann man schon sein, wenn alle auf der falschen Seite fahren?

In den Niederlanden trägt niemand Helm außer den Touristen, und dennoch gibt es dort am wenigsten Verletzte. Warum? Tatsächlich schafft die pure Menge an Radfahrern neue Straßenverhältnisse: Je mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind, desto mehr wird auf sie geachtet. Noch besser schützen eigene Radwege und Fahrradstraßen. Was also tun? Raus aus den Automobilklubs, rein in die untermotorisierte Fahrradlobby wie den ADFC. Und persönlich? Freizeitradler, Kinder auf dem Schulweg, Mountainbiker und Kurierfahrer lassen sich nur schwer über einen Kamm scheren. Womit wir beim Kern des Problems wären: den Frisuren!

Meine Frau zum Beispiel trägt grundsätzlich keinen Helm, obwohl sie mit und ohne gut aussieht. Ein schönes Gesicht kann nichts entstellen. Außer ein Schädelbruch. Sobald ich das sage, erinnert sie mich daran, dass ich der Einzige in der Familie bin, der sich bereits öfter beim Radfahren auf die Fresse gelegt hat. Mit Schmackes und mit Helm. Da verliert jedes wissenschaft­liche Argument an Überzeugungskraft. Zerbrechliche Geschenke verpackt meine Frau aber stets sehr sorgsam. Ist unser Gehirn denn kein Geschenk?

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