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Hirschhausens Hirnschmalz: Das Hi-hi-Hirn

Eckart von Hirschhausen

Lachen ist das Einfachste der Welt. Denkt man. Zumindest denkt man beim Lachen selten daran, dass Humor eine der komplexesten Leistungen unseres Gehirns ist. Über Humorforschung zu schreiben, ohne dass einem das ­Lachen wieder vergeht, ist daher nicht einfach. Ich will es heute versuchen, denn ausgerechnet aus dem humortechnisch gern unterschätzen Schwabenland kommen aktuelle Hinweise, wo im Gehirn welche Transmitter ausgeschüttet werden, wenn wir uns ausschütten vor Lachen.

Die Tübinger Forscher um Dirk Wildgruber wollten wissen: Wirken unterschiedliche Arten von Lachern, die wir hören, auf verschiedene Hirn­areale? Dazu schoben sie Studierende in den Magnetresonanztomografen und spielten ihnen verschiedene Tonaufnahmen vor. Denn Lachen ist nicht gleich Lachen. Der soziale Kontext ist bei diesem hochkomplexen Signal entscheidend! Wer es nicht glaubt, kann einfach mal denselben Witz bei drei verschiedenen Gelegenheiten erzählen: vor dem Chef bei einer Vertragsverhandlung, in einem Fahrstuhl mit Fremden oder zu einem vertrauten Menschen kurz vor dem Einschlafen.

Die Forscher hatten drei Laute aufgezeichnet: ein höhnisches Auslachen, ein freudiges Mitlachen und eine leicht hysterische Reaktion auf Kitzeln. Konnten die Probanden den jeweiligen Hintergrund erahnen? Ja! Wir hören an einem Lachen also, was da für Erheiterung gesorgt hat. Doch wie stellt unser Gehirn das an? Das herausgekitzelte Lachen elektrisierte jene Areale, die für die Wahrnehmung von Stimmen zuständig sind. Hirnregionen, die wir zur Beurteilung sozialer Situationen benötigen, blieben dagegen ganz entspannt. Macht Sinn, denn wenn jemand anderes gekitzelt wird, hat das nichts mit uns zu tun.

Psychotest

Wie lachen Sie am liebsten?

  1. A) laut
  2. B) mit
  3. C) an
  4. D) aus

Schwieriger wurde es, wenn sich die Probanden entscheiden mussten, auf welcher Seite sie mitlachen würden – beim Spott und der Freude nämlich. Dabei kamen nun der präfrontale Kortex und weitere Regionen ins Spiel, die aktiv ­werden, wenn man sich in andere hineinversetzt. Zudem sprang die Sehrinde an, obwohl ja nur ein Tonsignal vorgespielt wurde. Wahrscheinlich wollte das Hirn automatisch Ausschau danach halten, von wem das Lachen stammt – und ob derjenige stärker ist als man selbst.

Dass Lachen gesund ist, weiß der Volksmund, aber nicht jeder empfindet das auch so. Bei etwa fünf Prozent der Menschen gibt es Anzeichen für eine "Gelotophobie": die Angst davor, ausgelacht zu werden. Das ist ziemlich genau einer pro Schulklasse. Und jeder Leser wird heute noch wissen, wer das in seiner Klasse war. Dummerweise schleppen viele diese Angst ein Leben lang mit sich herum. Statt sich zu freuen, wenn sie ein Lachen hören, zucken sie zusammen und denken, es würde über sie gefeixt. Sogar Psychiater befassen sich mit diesem Problem. Barbara Wild, eine ehemalige Mitarbeiterin der Tübinger Arbeitsgruppe, ist Koautorin des Handbuchs "Humorfähigkeiten trainieren". Merke: Man kann allein mit einem Therapeuten grübeln, woher die Angst, ausgelacht zu werden, stammt. Oder man kann in der Gruppe üben, gemeinsam komische Seiten am Leben zu entdecken und mitzulachen. Ein schönes Zitat aus dem Buch lautet: "Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit!"

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  • Quellen

Falkenberg, I. et al.: Humorfähigkeiten trainieren: Manual für die psychiatrisch-psychotherapeutische Praxis. Schattauer, Stuttgart 2012

Wildgruber, D. et al.: Different Types of Laughter Modulate Connectivity within Distinct Parts of the Laughter Perception Network. In: PLoS One 8, e63441, 2013

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