Wissenschaftstheorie: Das ist ja interessant!
Die Phrase in der Überschrift, mit mühsam unterdrücktem Gähnen gemurmelt, meint oft das Gegenteil: eine höfliche, jedoch kaum verhüllte Art, zu sagen: "Es interessiert mich nicht wirklich." Aber wir wollen uns hier mit der aufrichtigen Variante beschäftigen – insbesondere in der Wissenschaft, wenn jemand den Satz halblaut zu sich selbst sagt. Denn dann hat etwas seine Wissbegierde geweckt.
Zur Beschreibung eines Experiments oder einer Theorie liegt "interessant" ungefähr in der Mitte zwischen "schön" und "merkwürdig". Wenn Wissenschaftler ihre Ergebnisse publizieren, vermeiden sie in der Regel wertende oder gar ästhetische Urteile. Mir kommt das paradox vor; denn eigentlich hätten sie es schon gern, wenn die Leser nicht nur den Erkenntniswert oder technischen Nutzen einer Arbeiten würdigen, sondern auch deren Eleganz.
Ist es nur Bescheidenheit, dass Forscher in einem Fachartikel Aussagen wie »dieses Molekül ist schön« scheuen? Mir scheint es in erster Linie die Angst davor zu sein, in die Klasse der Kunstkritiker eingereiht zu werden. Oder gar, Gott bewahre, der Theologen. Und »merkwürdig« im Zusammenhang mit einer wissenschaftlichen Beobachtung klingt, als ob da etwas faul wäre: ein nicht ganz korrekt interpretiertes Spektrum oder ein Vorzeichenfehler in einer Herleitung. Aber »interessant «, ohne Hintergedanken ausgesprochen, gilt allgemein als sehr positive Wertung. Das heißt, so positiv, wie Wissenschaftler sich überhaupt öffentlich über die Arbeit anderer zu äußern pflegen. ...
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben