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Neurohormone: Boten der Inspiration

Dopamin fördert die Kreativität - das zeigt sich ausgerechnet bei Menschen, denen es an diesem Hirnbotenstoff mangelt. Dopamin spielt für die Kreativität eine wichtige Rolle - das zeigt sich ­ausgerechnet bei Menschen, denen es an diesem Hirnbotenstoff mangelt. Denn wird der Dopaminspiegel medikamentös erhöht, entwickeln manche von ihnen einen erstaunlichen schöpferischen Schaffensdrang.
Dopamin fördert Kreativität

Seine ersten Landschaften erinnern an die Werke von Vincent van Gogh. Sie faszinieren mit ihren lebhaften Farben und ihrer gleichmäßigen Pinselführung. Später malte er abstrakter, mit wenigen, dunkleren Farbtönen und geraden, klaren Linien. Das Besondere an diesem Künstler: Er litt an Parkinson. Seine rechte Hand, mit der er auch malte, zitterte unentwegt, seine Schrift war kaum leserlich. Nur wenn er an seinen Gemälden arbeitete, konnte er die Hand fließend über die Leinwand führen.

Schon 2006 beschrieb der Neurologe Anjan Chatterjee von der University of Pennsylvania diesen besonderen Fall eines Patienten. Der 68-Jährige war eigentlich Grafikdesigner, gemalt hatte er zuvor eher selten. Die Diagnose Parkinson erhielt er 1992, da klagte er bereits über Zittern und Steifheit seines rechten Arms. Die Ärzte behandelten ihn mit diversen Medikamenten: mit Levodopa, einer Vorstufe des Hirnbotenstoffs Dopamin, und mit so genannten Dopamin-Agonisten, welche die Rezeptoren für diesen Neurotransmitter stimulieren.

2001 begann der Mann auf Rat seines Psycho­logen mit der Malerei, um seine Depres­sion zu bekämpfen. Mit der Zeit entwickelte er eine regelrechte Besessenheit: Er produzierte hunderte Werke binnen weniger Jahre und empfand einen vorher nie gekannten Drang zu malen, oft an mehreren Bildern gleichzeitig. Das ging so weit, dass sein Schlafrhythmus durch­einandergeriet, weil er bereits sehr früh am Morgen vor der Staffelei stand. "CSD",so sein Pseudonym, ist nur einer von mehreren bekannten Parkinsonpatienten, die im Lauf ihrer Erkrankung bemerkenswerte kreative Leistungen vollbrachten.

Jaime Kulisevsky und seine Kollegen von der Universitat Autònoma de Barcelona berichteten 2009 von einem ganz ähnlichen Fall. Ein parkinsonkranker Amateurmaler entwickelte unter dem Einfluss seiner Medikamente einen neuen, impressionistischen Stil und war fortan mit seinen Gemälden finan­ziell erfolgreich. Sein Schaffensdrang ging irgendwann allerdings so weit, dass ihn schließlich – zum Leidwesen seiner Familie – einzig und allein das Malen interessierte: Er malte von morgens bis abends und sogar in der Nacht.

Führen uns solche Menschen zu den physiologischen Wurzeln der Kreativität? ...

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  • Quellen

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Canesi, M. et al.: Artistic Productivity and Creative Thinking in Parkinson's Disease. In: European Journal of Neurology 19, S. 468-472, 2012

Chatterjee, A. et al.: Art Produced By a Patient with Parkinson's Disease. In: Behavioural Neurology 17, S. 105-108, 2006

Flaherty, A.: Brain Illness and Creativity: Mechanisms and Treatment Risks. In: La Revue canadienne de psychiatrie 56, S. 132-143, 2011

Inzelberg, R.: The Awakening of Artistic Creativity and Parkinson's Disease.In: Behavioural Neuroscience 127, S. 256-261, 2013

Kulisevsky, J. et al.: Changes in Artistic Style and Behaviour in Parkinson's Disease: Dopamine and Creativity. In: Journal of Neurology 256, S. 816-819, 2009

Kyaga, S. et al.: Creativity and Mental Disorder: Family Study of 300 000 People with Severe Mental Disorder. In: The British Journal of Psychiatry 199, S. 373-379, 2011

de Manzano, Ö. et al.: Thinking Outside a Less Intact Box: Thalamic Dopamine D2 Receptor Densities Are Negatively Related to Psychometric Creativity in Healthy Individuals. In: PLoS One 5, e10670, 2010

Schrag, A., Trimble M.: Poetic Talent Unmasked by Treatment of Parkinson's Disease. In: Movement Disorders 16, S. 1175-1176, 2001

Shimura, H. et al.: Art and Parkinson's Disease: A Dramatic Change in an Artist's Style as an Initial Symptom. In: Journal of Neurology 259, S. 879-881, 2012

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