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Meereskunde: Erzählung als Sachbuch verkleidet

Journalist Hugh Aldersey-Williams spürt in diesem Band nicht nur der Macht von Ebbe und Flut nach, wie der Buchtitel vermuten lässt. Die Gezeiten bilden vielmehr den thematischen Rahmen, in den er geschickt eine Fülle maritimer Aspekte einbindet. In 13 Kapiteln spannt der Autor einen enorm weiten Bogen: von der griechischen Mythologie über historische Schlachten bis zur frühen wissenschaftlichen Erforschung der Gezeiten, von Entdeckungsreisen über ökologische Betrachtungen bis hin zur aktuellen Klimadebatte. Man staunt, über Odysseus ebenso zu lesen wie über Galileo Galilei, Jules Vernes und Edgar Allen Poe, um an anderer Stelle von Opern und Gedichten zu erfahren, den Autor bei einer Wattwanderung zu begleiten oder das Laichverhalten tideabhängiger Fische in Kalifornien kennen zu lernen. Dass diese teils weit auseinanderliegenden Themen nur lose zusammengebunden werden, das Buch aber dennoch nicht überfrachten, macht den besonderen Reiz des Werks aus.

Packend schildert Aldersey-Williams, wie er verschiedenste Orte bereiste, etwa die Küste Neuschottlands, die Sperrwerke bei London sowie das europäische Nordmeer. Seine Beschreibungen sind sehr plastisch und vermitteln eine Menge Fakten. Beim Archipel der norwegischen Lofoten wagte der Autor eine Bootsfahrt über den sagenhaften "Mahlstrom" hinweg. Jules Vernes’ berühmter Romanheld, Kapitän Nemo, berichtete hierüber: »Bekanntlich bilden die zwischen den Farör- und Loffoden-Inseln eingeengten Gewässer zur Zeit der Flut einen Strudel mit unwiderstehlicher Gewalt, dem noch niemals irgend ein Schiff entronnen ist.« Dem Autor freilich ist dies gelungen. Ein Glück, sonst wäre dem Leser ein sehr kluges und spannendes Buch vorenthalten geblieben.

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