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Editorial: Existenzielle Forschung

Uwe Reichert

Liebe Leserin, lieber Leser,

in meinem Umfeld, in Vorträgen oder auch im Gespräch mit Zufallsbekanntschaften erlebe ich immer wieder, wie fasziniert die Menschen vom Universum und den Erkenntnissen der Weltraumforschung sind. Gelegentlich bekomme ich aber auch zu hören, dass die Astronomie etwas Weltfremdes sei, weil sie so gar nichts mit uns und unserem Leben auf der Erde zu tun habe. Darauf habe ich natürlich viele Antworten parat, aber am liebsten stelle ich eine einfache Frage: Ob mein Gegenüber denn wisse, wo all die Stoffe um uns herum herkommen, zum Beispiel die Luft, die wir atmen, oder das Eisen in unserem Blut, das dafür sorgt, dass unsere Organe mit dem lebenswichtigen Sauerstoff versorgt werden?

Die Überraschung ist meist groß, wenn mein Gesprächspartner erfährt, dass jedes einzelne der Stickstoff-, Sauerstoff- und Eisenatome in unserem Körper einst im Innern eines heißen Sterns entstanden ist. Und das Gleiche trifft auf alle übrigen Elemente zu (mit der Ausnahme von Wasserstoff und einem Teil des Heliums und Lithiums, die bereits unmittelbar nach dem Urknall entstanden sind). Irgendwann im Entwicklungszyklus der Sterne wurden die erbrüteten Elemente in den interstellaren Raum hinein verstreut – zum Beispiel durch Sternwinde, die langsam die Gase aus der äußeren Hülle wegblasen. Das tief im Kern eines Sterns eingeschlossene Eisen kann sogar nur dann als Baustoff für weitere Himmelskörper zur Verfügung stehen, wenn der Stern am Ende seines Daseins als Supernova vollständig zerrissen wird. Wie im Lauf nachfolgender Äonen die chemische Entwicklung des Universums ablief, ist intensiver Forschungsgegenstand. Die Autoren unserer Titel­geschichte berichten darüber ab Seite 22.

Dieses Thema ist nur ein Beispiel, wie die Erforschung des Weltalls dazu beiträgt, unsere unmittelbare Umwelt hier auf der Erde zu verstehen. Die Astronomie ist also keineswegs ein weltfremdes Orchideenfach, sondern sie erklärt uns schlechthin die Grundlagen und die Bedingungen unseres Lebens. Was könnte es Existenzielleres geben als das?

Herzlichst grüßt Ihr

Uwe Reichert

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