Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Neurophilosophie: Das Labor im Geist

Für Gedankenexperimente braucht man weder Pipette noch Mikroskop, sondern allein den Verstand. Obwohl die Versuche kaum nachprüfbar sind, können sie zu neuen Erkenntnissen führen.
Gedankenexperimente

Warum handeln wir moralisch? Um diese Frage zu ­beantworten, greifen Philosophen auf so genannte Gedankenexperimente zurück. So erzählt der griechische Philosoph Platon (427-347 v. Chr.) in seinem Werk "Politeia" die Geschichte des Hirten Gyges, der in den Besitz eines magischen Rings gelangt. Dieser macht ­seinen Träger unsichtbar. Dank seiner neuen ­Fähigkeit verschafft sich der Hirte Zutritt zum ­königlichen Hof, verführt die Königin, tötet den König und reißt die Macht an sich.

Wenn Sie wüssten, dass keine Justiz der Welt Sie für Ihre Taten zur Rechenschaft ziehen könnte: Was würden Sie tun? Würden Sie weiterhin moralisch handeln?

Gedankenexperimente dienen dazu, die Frage "Was wäre, wenn ...?" zu beantworten. Dabei wird in der Vorstellung ein fiktives Szenario durch­gespielt. Die Methode bewährt sich auch, um Theorien unterschiedlichster Fachgebiete zu hinterfragen, zum Beispiel der Physik oder der Ethik. Mit ihr lassen sich im Geiste An­nah­men überprüfen, die experimentell nicht erforscht werden können.

Dennoch erkennen manche Forscher dieses Vorgehen nicht an, eben weil es nicht überprüfbar ist. Andere halten es für unverzichtbar. So sah der Wissenschaftsphilosoph Thomas Samuel Kuhn (1922-1996) in diesen erdachten Experimenten ein entscheidendes Werkzeug, um sich gedanklich neu zu orientieren. Sie offenbaren ihm zufolge falsche oder verworrene Überzeugungen und können so helfen, eine Theorie zu entkräften oder zu bestätigen.

Für die "Versuche im Geiste" braucht man keinerlei technische Hilfsmittel, man manipuliert nichts außer die eigenen Gedanken, und als Labor dient einzig und allein der Verstand ...

Kennen Sie schon …

Gehirn&Geist – Zucker als Droge - Wie Süßes unser Gehirn beeinflusst

Auch Erwachsene können Süßem nur schwer widerstehen. Warum wirkt Zucker wie eine Droge und wie beeinflusst Süßes unser Gehirn? Lässt sich dagegen etwas machen? Außerdem: Warum schwindeln manche Menschen ständig, wie kann man solchen pathologischen Lügnern helfen? Manchmal ist es nicht so leicht zu entscheiden, ob wir etwas wirklich sehen oder es uns nur vorstellen. Wie unterscheidet unser Gehirn zwischen Realität und Einbildung? Manche Menschen können längerfristige kognitive Probleme nach einer Krebstherapie haben. Was weiß man über das so genannte Chemobrain, was kann Linderung verschaffen? Dating-Apps ermöglichen es, Beziehungen mit einem Klick zu beenden und plötzlich unsichtbar zu sein. Dieses Ghosting kann für die Opfer sehr belastend sein.

Spektrum der Wissenschaft – KI und ihr biologisches Vorbild

Künstliche Intelligenz erlebt zurzeit einen rasanten Aufschwung. Mittels ausgeklügelter neuronaler Netze lernen Computer selbstständig; umgekehrt analysieren Soft- und Hardware neuronale Prozesse im Gehirn. Doch wie funktioniert das biologische Vorbild der KI unser Gehirn? Was ist Bewusstsein und lässt sich dieses Rätsel lösen? Auf welche Weise kreiert unser Denkorgan Gefühle wie Liebe? Können Maschinen Gefühle verstehen? Erfahren Sie mehr aus dem Spannungsfeld zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz!

Spektrum - Die Woche – Ist alles im Universum vorbestimmt?

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

Brown, J. R.: The Laboratory of Mind: Thougt Experiments in the Natural Science. Routledge, London 1991

Kuhn, T.: La tension essen­tielle: Tradition et changement dans les sciences. Gallimard, Paris 1990

Mach, E.: Knowledge and Error: Sketches on the Psychology of Enquiry. D. Reidel Publishing Group, Dordrecht 1976

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.