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Intensivtäter : Jung, perspektivlos, gefährlich?

Bei manchen Kindern wissen selbst die Eltern nicht mehr weiter. Wie können wir gewaltbereite Jungen und Mädchen auf den "rechten" Weg bringen?
Junge an Mauer

Am 24. April 2015 begann vor dem Landgericht Darmstadt der Prozess gegen den 18-jährigen Sanel M. Fünf Monate zuvor hatte er der Studentin Tugce Albayrak nachts auf einem Parkplatz so heftig ins Gesicht geschlagen, dass sie zu Boden ging und ein paar Tage später an den Folgen des Sturzes starb. Besonders tragisch: Zu der Auseinandersetzung kam es, weil die 24-Jährige zwei minderjährige Mädchen gegen Sanel M. und seine Begleiter verteidigen wollte. Der Junge war dem Jugendamt und der Justiz wegen Diebstahl, Raub und Körperverletzung bereits bekannt; er stand auch schon unter Jugendarrest.

Mehr oder weniger ähnliche Karrieren hatten jene jungen Männer hinter sich, die 2009 den Geschäftsmann Dominik Brunner so brutal zusammenschlugen, dass er einem Herzanfall erlag. Aber wenn das gewaltbe­reite Verhalten schon vorher aktenkundig war: Hätten diese Vorfälle dann nicht verhindert werden können?

Die oft geforderte "Null-Toleranz-Strategie", gemäß der schwierige Jugendliche nach dem Vorbild der amerikanischen "boot camps" – einer Art Umerziehungs­lager – gnadenlos gedrillt oder jahrelang weggesperrt werden sollen, führt nicht weiter. Denn trotz konsequenter Strafverfolgung und empfindlicher Haftstrafen für Jugendliche sanken in den USA weder die Jugend­gewalt noch die Rückfallquoten. 2013 vorgelegte Zahlen aus Deutschland weisen in dieselbe Richtung: Nach dem Verbüßen der Haftstrafe im Jugendstrafvollzug (mit einer durchschnittlichen Dauer von knapp einem Jahr) wird binnen sechs Jahren etwa die Hälfte der Betroffenen rückfällig. Die meisten Fachleute sind sich ­darin einig, dass ein verschärftes Strafrecht oder das Herabsetzen der Strafmündigkeit langfristig weder die öffentliche Sicherheit noch die Zukunftschancen der jungen Menschen verbessern würde. Aber wie gut funktioniert der hier zu Lande bevorzugt eingeschlagene Weg von "Erziehung statt Strafe"? ...

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  • Quellen

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Boers, K. et al.: Vom Jugend- zum frühen Erwachsenenalter. Delinquenzverläufe und Erklärungszusammenhänge in der Verlaufsstudie »Kriminalität in der modernen Stadt«. In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 97, S. 183–202, 2014

Branik, E.: Störungen des Sozialverhaltens – Therapeutische Möglichkeiten und Grenzen in der stationären Kinder- und Jugendpsychiatrie. In: Praxis Kinderpsychologie Kinderpsychiatrie 51, S. 533–545, 2002

Klawe, W.: Zur Evaluation Individualpädagogischer Maßnahmen. In: Felka, Eva & Harre, Volker (Hrsg.): Individualpädagogik in den Hilfen zur Erziehung. Schneider Verlag Hohengehrden, Baltmannsweiler, 2011, S. 188–210

Klein, J. et al.: InHaus – Individualpädagogische Hilfen im Ausland: Evaluation, Effektivität, Effizienz. Lambertus Verlag, Freiburg im Breisgau, 2011

Permien, H.: Erziehung zur Freiheit durch Freiheitsentzug? Zentrale Ergebnisse der DJI-Studie „Effekte freiheitsentziehender Maßnahmen in der Jugendhilfe“. Deutsches Jugendinstitut, München, 2010.

Schwabe, M.: Wie erfolgreich arbeiten Settings für „Grenzgänger, Systemsprenger und Verweigerer“ mit Elementen von Zwang in sozialpädagogischer Absicht? In: Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.): Grenzgänger, Systemsprenger, Verweigerer. Berlin, 2013, S. 61–78

Tornow, H., Ziegler, H.: Abbrüche in stationären Erziehungshilfen. In: EREV Schriftenreihe 3/2012. Hannover, Schöneworth Verlag

Walter, J.: Zwischen Erziehung und Strafe. Was kann Jugendstrafvollzug leisten? In: Brumlik, M. (Hrsg.): Ab nach Sibirien? Wie gefährlich ist unsere Jugend? Beltz Verlag, Weinheim, 2008, S. 154–183

Witte, M. ,Sander, U. :Erziehungsresistent? „Problemjugendliche“ als besonderer Herausforderung für die Jugendhilfe. Schneider Verlag Hohengehrden, Baltmannsweiler, 2006

Arbeitskreis Therapeutischer Wohngruppen: Das Therapeutische Milieu als Angebot der Jugendhilfe. Band III: Wirksamkeit und Perspektiven. Verlag allgemeine Jugendberatung, Berlin, 2012

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