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Medizin: Lebende Malariaparasiten als Impfstoff

Eine experimentelle Malariaimpfung hat sich im ersten klinischen Test als zu 100 Prozent erfolgreich erwiesen. Entwickelt wurde sie von der Biotechfirma Sanaria, die ihr Konzept zusammen mit Forschern der Universität Tübingen prüfte. Bei dem Verfahren injizieren die Wissenschaftler infektiöse Malariaer­reger (Plasmodien) direkt in den Blutkreislauf von Proban­den. Gleichzeitig behandeln sie die Testpersonen mit einem Antimalariamittel. So verhindern sie eine ­Erkrankung und konditi­onieren das Immunsystem der Behandelten darauf, den Erreger zu erkennen und bei künftigen Infektionen zu bekämpfen.

Neun gesunden Freiwilligen, die noch nie zuvor an Malaria gelitten hatten, verabreichten die Wissenschaftler dreimal innerhalb von zwei Monaten hohe Dosen an lebenden Plasmodien. Im gleichen Zeitraum bekamen die Probanden wöchentlich das Medikament Chloroquin. Rund zwei Monate nach der letzten ­Chloroquingabe spritzten die Forscher ihnen erneut Malaria­parasiten. Bei keinem der Geimpften brach die Krankheit aus, während sich alle 13 Teilnehmer in der ungeimpften Kontrollgruppe infizierten (sie wurden nach dem Nachweis der Parasiten im Blut mit Chloroquin behandelt). Die Impfung war laut den Forschern gut verträglich und löste keine ernsthaften Nebenwirkungen aus.

Malaria ist vor allem in Afrika ein enormes Gesundheitsproblem. Auf dem Kontinent leben schätzungsweise 200 Millionen Erkrankte, von denen jährlich mehr als 500 000 den Symptomen erliegen. Wirksame und vor allem günstige Impfungen sind daher dringend erforderlich.

Die neue Methode ist effektiver als eine andere experimentelle Malariaimpfung, die 2015 in einem groß angelegten Test nur etwa 50 Prozent der Behandelten schützte. Einer 2014 getesteten Impfstrategie von Sanaria mit lebenden, aber nicht infektiösen Parasiten ist sie ebenfalls überlegen, weil sie weniger Plas­modien zum Auslösen einer Immunreaktion benötigt. Doch bei dem neuen Verfahren muss man die Erreger zunächst aufwändig aus den Speicheldrüsen infizierter Moskitos isolieren. Das ist teuer, und daher steht die Frage im Raum, ob sich die Impfung überhaupt kosten­günstig und flächendeckend in Malariagebieten einsetzen lässt. Auch ob der Impfschutz dauerhaft anhält, müssen die Mediziner noch zeigen.

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  • Quellen
Nature 10.1038/nature21060, 2017
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