Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Fraktalchemie: Minibäume aus Metall

Auch Chemiker können Fraktale erzeugen – und sogar live unter dem Mikroskop verfolgen, wie die hochgradig verzweigten Strukturen bei Fällungsreaktionen von Metallen entstehen.
Silberhecke und 100-fache Vergrößerung

Als der Mathematiker Benoît Mandelbrot (1924 – 2010) 1975 den Begriff des Fraktals prägte, schuf er einen ganz neuen Zweig der Geometrie, der in der Folge auch in Laienkreisen große Popularität erlangte. Berühmt wurde vor allem das "Apfelmännchen", das die neuartigen Ideen auf faszinierende Weise veranschaulichte und mit seiner wunderbaren Ästhetik viele Menschen begeisterte. Doch auch in der Natur sind Fraktale weit verbreitet. Als Beispiele gelten vor allem Küstenlinien und Schneeflocken. Weniger bekannt ist dagegen, dass die Chemie ebenfalls eindrucksvolles Anschauungsmaterial für das Konzept bietet. So entstehen bei der Fällung von Metallen aus Salzlösungen winzige, vielfach verzweigte Strukturen, bei denen es sich um natürliche Fraktale handelt. Besonders aufregend ist, dass sich die Bildung dieser Metallbäumchen unter dem Mikroskop direkt verfolgen lässt. Auch Laien können solche Versuche mit einfachen Mitteln durchführen und so fraktale Wachstumsprozesse in der Natur mit eigenen Augen beobachten. ­Außerdem ist es möglich, die Vorgänge am Computer zu simulieren.

Der Begriff Fraktal leitet sich von dem lateinischen Wort "fractus" ab, das ge­brochen oder irregulär bedeutet. Er bezeichnet mathematische Abbildungen oder real existierende Formen, die sich mit der klassischen euklidischen Geometrie nicht angemessen beschreiben lassen. Aus deren Sicht bilden gerade ­Linien oder einfache Figuren wie Kreise, Kugeln, Dreiecke und Würfel die Grundbausteine aller natürlichen Körper und dienen folglich dazu, die Volumina, Oberflächen oder Umfänge solcher Körper zu ermitteln. Mandelbrot erkannte, dass dies ein zu eingeschränktes Weltbild ergibt und der Komplexität natürlicher Strukturen oft nicht gerecht wird. ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Der Umbau der Chemieindustrie

Täglich entstehen in riesigen Fabriken zahllose Stoffe, die wir in unserem Alltag nutzen – allerdings nur dank fossiler Rohstoffe und eines extrem hohen Energieverbrauchs. In dieser »Woche« geht es um den Umbau der Chemieindustrie hin zur Klimaneutralität. Außerdem: Gibt es sie, die »Zuckersucht«?

Spektrum Kompakt – Pi ist überall - Die fabelhafte Welt der Mathematik

Häufiger als man denkt, schleicht sie sich in unseren Alltag ein: Die Kreiszahl Pi spielt nicht nur eine Rolle bei runden Flächeninhalten, sondern auch bei Lebenssimulationen, Streichhölzern oder Billardspielen - und obwohl sie seit jeher fasziniert, wirft ihr Vorkommen noch immer Fragen auf.

Spektrum Kompakt – Topologie - Wie abstrakte Mathematik unsere Welt prägt

Was unterscheidet eine Tasse von einem Donut? Nichts - aus Sicht der Topologie. Denn die beiden Formen lassen sich ohne Zerreißen ineinander umwandeln. Nur ein abstraktes Konzept? Nein: Die mathematische Disziplin dient Physikern dazu, die exotische Welt der topologischen Materialien zu beschreiben.

Schreiben Sie uns!

1 Beitrag anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

Budevski, E. et al.: Electrochemical Phase Formation and Growth. An Introduction to the Initial Stages of Metal Deposition. Wiley-VCH, Weinheim 1996

Fischer, H.: Elektrokristallisation von Metallen. In: Zeitschrift für Elektrochemie 59, S. 612 – 622, 1955

Mandelbrot, B. B.: Die fraktale Geometrie der Natur. Birkhäuser, Basel 1991

Witten, T. A., Sander, L. M.: Diffusion-Limited Aggregation – a Kinetic Critical Phenomenon. In: Physical Review Letters 47, S. 1400 – 1403, 1981

Wranglén, G.: Dendrites and Growth Layers in the Electrocrystallization of Metals. In: Electrochimica Acta 2, S. 130 – 146, 1960

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.