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Gedächtnis: Nager spielen schlimme Erinnerungen im Schlaf durch

Wenn Ratten tagsüber in ihrem Käfig schlechte Erfahrungen machen, beispielsweise weil sie an einer Stelle immer einen unangenehmen Luftstoß abbekommen, scheint ihr Gehirn diese Erlebnisse im Schlaf erneut abzuspielen. Forscher um György Buzsáki von der New York University zeichneten in ihrer Studie die elektrischen Signale von Nervenzellen in zwei wichtigen Hirn­arealen mit implantierten Elektroden auf: in der Amygdala, die Emotionen wie Angst verarbeitet, und im Hippo­campus, der zentralen Schaltstelle für die Gedächtnisbildung, in der sich auch das "neuronale Navigationssystem" befindet. Hirnzellen repräsentieren dabei einzelne Stellen im Raum – ähnlich wie bei einer Landkarte. Lernt eine Ratte, dass sie an einem bestimmten Ort einen Luftstoß erhält, schlägt sich dies in einer Verknüpfung der entsprechenden Zellen des Hippocampus mit Zellen der Amygdala nieder.

Das zeigte sich, als sich die Versuchstiere zur Ruhe begaben. Bekannt ist, dass Ratten im Schlaf die so genannten Ortszellen des Hippocampus in der gleichen Reihenfolge aktivieren wie während ihrer Streiftour durch den Käfig. Es wirkt darum so, als liefen die Tiere die Strecken im Traum erneut ab. Vor allem aber stellten Buzsáki und Kollegen fest, dass die Amygdalaneurone immer dann wieder aktiv wurden, wenn jene Nervenzellen feuerten, die die "gefährliche" Stelle im Käfig repräsentierten. Auf diese Weise aktivierte das Gehirn der Ratten vielfach die Verknüpfung zwischen den beiden Regionen und sorgte damit wohl dafür, dass sie dauerhaft abgespeichert werden konnte.

Wie es sich für die Ratten anfühlt, wenn im Schlaf der Hippocampus dergestalt aktiv wird, lässt sich freilich nicht sagen. Vielleicht geht das Feuern der Ortszellen, das sich beim Menschen ebenfalls beobachten lässt, gar nicht mit entsprechenden Erlebnissen einher. Gut möglich wäre es allerdings auch, dass eine solche Aktivierung von Amygdalaneuronen als ähnlich unangenehm empfunden wird wie das entsprechende Erlebnis im Wachzustand. Die Notwendigkeit, Erinnerungen für die langfristige Speicherung wieder und wieder zu aktivieren, könnte uns möglicherweise den einen oder anderen Albtraum bescheren.

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  • Quelle
Nat. Neurosci. 10.1038/nn.4637, 2017
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