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Neolithisierung I: Der lange Weg zur Landwirtschaft

Pflanzen zu züchten, galt Forschern lange als Technologiesprung. Sie erachteten die neolithische Lebensweise als Revolution, die von einem einzigen Ursprungsort ausging. Jetzt mehren sich die Hinweise, dass es in Wirklichkeit anders war.
Ursprung der Neolithisierung

Nur ein Drittel der Weltbevölkerung betreibt Ackerbau, doch ohne diesen könnte die Menschheit nicht überleben. Mehr als die Hälfte unseres Kalorienbedarfs decken wir – über alle Kulturen und Völker gemittelt – seit Jahrtausenden durch Kohlenhydrate, deren Löwenanteil wiederum aus Getreiden stammt. Die Entwicklung der Landwirtschaft an Stelle von Jagen und Sammeln war deshalb mehr als eine Innovation: Vor allem der Getreideanbau stellt einen wichtigen Schritt in der Evolution der Menschheit dar.

Vorbereitet wurde er Zehntausende von Jahren, bevor der erste Bauer einen Acker bestellte. So aßen jene Neandertaler, die vor mindestens 44 000 Jahren am heutigen nordirakischen Fundplatz Shanidar III lebten, bereits Wildgerste und andere Gräsersamen. Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig haben die Grabungsfunde, die seit den 1970er Jahren in Archiven schlummerten, mit neuen mikroskopischen Methoden vor Kurzem untersucht. Sie entdeckten auf allen Zähnen Stärkekörner. Weil einige davon offenbar erhitzt worden waren, gehen die Forscher davon aus, dass die Mahlzeit gekocht wurde. In mindestens 40 000 Jahre alten Schichten der israelischen Fundstelle Gesher Benot Ya´aqov entdeckten Archäobotaniker Überreste von Hülsenfrüchten, Weintrauben und möglicherweise sogar von Oliven. Die Bewohner der zeitgleichen, ebenfalls in Israel gelegenen Stätten Amud Cave und Kebara Cave bereicherten ihren Speiseplan wohl systematisch durch Linsen, Pistazien und Eicheln.

Gehören diese Fundplätze in das Mittelpaläolithikum (200 000 – 40 000 Jahre vor heute; diese Angabe bezieht sich nach internationaler Konvention auf das Jahr 1950), so datieren die ältesten mit entsprechenden Hinweisen in Europa erst in das Jungpaläolithikum (um 40 000 – 10 000 vor heute). Es sind vor allem Stärkepartikel auf Mahlwerkzeugen und Mörsern, die hier für eine intensive Nutzung wilder Getreide oder Hülsenfrüchte sprechen. Getreidekörner, deren Größe der von Kulturpflanzen ähnelt, kamen erstmals am syrischen Fundplatz Abu Hureyra zu Tage, dessen älteste archäologische Schichten etwa 11 500 Jahre alt sind. ...

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  • Quellen

Braidwood, R. J.: The Agricultural Revolution. In: Scientific American 203, S. 131 - 148, 1960

Fuller, D. Q.: Contrasting Patterns in Crop Domestication and Domestication Rates: Recent Archaeobotanical Insights from the Old World. In: Annals of Botany 100, S. 903 - 924, 2007

Riehl, S. et al.: Emergence of Agriculture in the Foothills of the Zagros Mountains of Iran. In: Science 341, S. 65 - 67, 2013

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