Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Mathematische Unterhaltungen: Ist 0,9999 = 1?

In manchen Fällen gibt es zwei verschiedene Dezimaldarstellungen für ein und dieselbe reelle Zahl. Diese wenig geläufige Tatsache kann zu erheblicher Verwirrung führen.
In manchen Fällen gibt es zwei verschiedene Dezimaldarstellungen für ein und dieselbe reelle Zahl. Diese wenig geläufige Tatsache kann zu erheblicher Verwirrung führen.

Der mathematische Fortschritt hängt häufig an einer geeigneten Notation. Die Differenzial- und Integralrechnung nahm einen großen Aufschwung mit dem von Leibniz erfundenen Formalismus für das Rechnen mit Größen wie dx und dem Integralzeichen. Das Arbeiten mit Gleichungen kam erst richtig in Gang, als diese nicht mehr in Worten, sondern mit den heute üblichen Rechenzeichen geschrieben wurden. Und die weitaus meisten Europäer lernten das Rechnen mit ganz gewöhnlichen Zahlen erst, als sie die Zahlzeichen der Römer durch das indisch-arabische Stellenwertsystem ersetzten. Wer je versucht hat, zwei größere römische Zahlen schriftlich zu multiplizieren, weiß zu schätzen, wie sehr unsere gewöhnliche Schreibweise das Denken vereinfacht. Zweifellos hätten sich ohne sie weder die Wissenschaft noch der Handel oder die moderne Industrie entwickeln können.

Manchmal allerdings kann eine eigentlich segensreiche Notation hartnäckige Verwirrung stiften. Das gilt, zumindest auf den ersten Blick, für das Problem, um das es hier gehen soll: "Stimmt es, dass 0,999… = 1 ist?"

Der Ausdruck 0,999... bezieht sich offensichtlich auf die Dezimaldarstellung reeller Zahlen. Die Pünktchen am Ende deuten hier an, dass die Folge der Ziffern 9 sich ohne Ende fortsetzt. Das hat nur dann Sinn, wenn man die Idee akzeptiert, dass jede beliebige unendliche Folge von Ziffern mit einem Komma wie beispielsweise 192,252525... eine eindeutig definierte Zahl darstellt. Das soll später noch präziser ausgeführt werden ...

Kennen Sie schon …

Spektrum der Wissenschaft – Unendlichkeiten

Die Mathematik des Grenzenlosen - Mengenlehre: Wie ordnet man das Unermessliche? • Arithmetische Dynamik: Zahlenfolgen in Bewegung • Kategorientheorie: Überblick durch Abstraktion

Spektrum der Wissenschaft – Wie groß ist unendlich?

»Spektrum der Wissenschaft« geht der Frage nach: Wie groß ist unendlich? Außerdem im Heft: Braune Zwerge, Archäologie - Die Erfindung des Zuhauses, Paludikultur - Wie sich Moore nachhaltig nutzen lassen.

Spektrum der Wissenschaft – Faszination Algebra: Faszination Algebra

Komplexe Schönheiten: Funktionen im knallbunten Porträt • Gruppentheorie: Neue Forschungen offenbaren überraschende Verbindungen • Kartenspiel-Algebra: Raffinierte Konstruktionen mit endlichen Körpern

Schreiben Sie uns!

6 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen

Błaszczy, P. et al.: Ten Misconceptions from the History of Analysis and their Debunking. In: Foundations of Science 18, S. 43–74, 2013

Blay, M.: Deux moments de la critique du calcul infinitésimal: Michel Rolle et George Berkeley. In: Revue d‘histoire des sciences 39, S. 223–253, 1986

Katz, K., Katz, M.: Zooming in on Infinitesimal 1–.9… in a Post-Triumvirate Era. In: Educational Studies in Mathematics 74, S. 259–273, 2010

Katz, M., Leichtnam, E.: Commuting and Noncommuting Infinitesimals. In: The American Mathematical Monthly 120, S. 631–641, 2013

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.