Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Scheidungskinder: Scheiden tut weh

Wenn die Beziehung von Mutter und Vater zu Bruch geht, stürzt das die meisten Kinder in eine tiefe Krise. Um sie zu bewältigen, braucht der Nachwuchs vor allem eins: die Hilfe beider Eltern. Das setzt allerdings voraus, dass der Rosenkrieg mit der Trennung tatsächlich ein Ende hat.
Glückliche Wendung
"Ich habe es mir nicht leicht gemacht", sagt Nicole T. aus Rodgau bei Offenbach, die Mutter des fünfjährigen Ben. "Obwohl ich mich innerlich längst für die Trennung entschieden hatte, zögerte ich aus Sorge um meinen Sohn lange, einen Schlussstrich zu ziehen." Vor acht Wochen war es dann so weit: Nicole zog aus. Ihre größte Sorge: dass Ben über die Trennung nicht hinwegkommen könnte.
Diese Angst teilen sicher die meisten Eltern, die beschließen, getrennte Wege zu gehen. Das waren im Jahr 2008 fast 100 000 Ehepaare – 3,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Betroffen waren davon fast 150 000 Kinder unter 18 Jahren. Wie in den meisten westlichen Nationen geht hier zu Lande durchschnittlich jede zweite Ehe zu Bruch. Statistisch gesehen sind Scheidungen also eine alltägliche Sache. Für die betroffenen Familien gilt das freilich nicht, und auch in der Öffentlichkeit wird immer öfter die Frage laut: Wie verändert es unsere Gesellschaft, dass derzeit ein Viertel der Kinder bei einem allein erziehenden Elternteil oder in Stief- beziehungsweise Patchworkfamilien aufwächst?
Trennungsforscher, die sich mit den Scheidungsfolgen für Kinder und Jugendliche beschäftigen, vertreten häufig recht unterschiedli­che Standpunkte, und auch die entsprechenden Schlagzeilen in den Medien reichen von "Glücklich geschieden auf Kosten der nächsten Generation" bis zu "Schluss mit dem Märchen vom Scheidungsopfer Kind". Ein Blick auf die Ratgeberliteratur lässt einen ebenfalls staunen über die Uneinigkeit der Experten: "Scheidungsfolgen – die Kinder tragen die Last" – so überschrieben etwa die amerikanischen Psychologinnen Sandra Blakeslee, Julia M. Lewis und Judith S. Wallerstein 2002 die deutsche Veröffentlichung der Ergebnisse ihrer Langzeitstudie über Trennungskinder in den USA. "Kinder erleben eine Scheidung nicht nur als vorübergehende Krise", betonen die Autorinnen. Die Trennung verur­sache vielmehr "schwere innere Blessuren, die erst im Erwachsenenalter aufbrechen". Die US-Forscherinnen hatten über 25 Jahre hinweg 131 Kinder befragt. 40 Prozent von ihnen haben selbst nie geheiratet. Schuldgefühle und Probleme bei der Gestaltung eigener Beziehungen seien häufige Folgen bei Scheidung der Eltern, so ihre düstere Bilanz ...

Kennen Sie schon …

Spektrum Kompakt – Abenteuer Familie

Miteinander leben und gemeinsam aufwachsen: Der Familienalltag bedeutet ein intimes Miteinander, das in guter Erinnerung bleiben will. Denn das Netzwerk aus Eltern und Geschwistern flicht Verbindungen solcher Art, die auch Jahre später noch prägend sein werden - ob positiv oder negativ.

Spektrum Psychologie – Auch ohne Kinder glücklich

Kinder zu bekommen, ist heute nicht mehr selbstverständlich. Warum sind viele auch kinderlos glücklich – oder hätten im Nachhinein sogar gern auf Nachwuchs verzichtet? Außerdem in dieser Ausgabe: Selbsthilfe bei Depressionen und wie sich psychische Krankheiten in Träumen zeigen.

Spektrum - Die Woche – Die Macht der Gute-Nacht-Geschichte

Vorlesen fördert nicht nur das Buchstabenverständnis, es ist sogar ein wichtiger Grundstein für die soziale Entwicklung. Was die Gute-Nacht-Geschichte alles bewirken kann, lesen Sie in der aktuellen »Woche«. Außerdem: Die Écalle-Theorie bringt endliche Antworten auf unendlich scheinende Fragen.

Schreiben Sie uns!

2 Beiträge anzeigen

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Quellen
Blakeslee, S. et al.: Scheidungsfolgen. Die Kinder tragen die Last. Votum, Münster 2003.

Fend, H. et al. (Hg.): Lebensverlauf, Lebensbewältigung, Lebensglück: Ergebnisse der LifE-Studie. VS, Wiesbaden 2009.

Heinrich, J., Koletzko, B.: Kindergesundheit und Kinderbetreuung bei unter 3-Jährigen. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 156(6), S. 562-568, 2008.

Hetherington, E. M., Kelly, J.: Scheidung. Die Perspektiven der Kinder. Beltz, Weinheim 2003.

Largo, R. H., Czernin, M.: Glückliche Scheidungskinder. Trennungen und wie Kinder damit fertig werden. Piper, München 2004.

Schulz, S.: Intergenerationale Scheidungstransmission und Aufwachsen in Stieffamilien. Gibt es den Transmissionseffekt auch bei Stiefkindern? In: Zeitschrift für Familienforschung 21(1), S. 5-29, 2009.

Walper, S., Langmeyer, A.: Auswirkungen einer elterlichen Scheidung auf die Entwicklung der Kinder. Zum Stand der Familienforschung. In: Zeitschrift für Kindschaftsrecht und Jugendhilfe 3, S. 94-97, 2008.

Zartler, U. et al. (Hg.): Wenn Eltern sich trennen. Wie Kinder, Frauen und Männer Scheidung erleben. Europäisches Zentrum, Campus, Frankfurt a.M. 2004.
Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.