Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Selbstwahrnehmung: Herrlich irrational

Die meisten Menschen wollen vor sich und vor anderen in einem guten Licht erscheinen. Zu diesem Zweck schustert sich jeder seine eigene Wahrheit zurecht.
Vince Ebert quer

Stellen Sie sich vor, Sie sind Anhänger einer kleinen Gruppe von zwölf Personen, die sich um einen charismatischen Propheten scharen, der den Weltuntergang für den 24. Februar 2023 voraussagt. Im Laufe der Jahre identifizieren Sie sich immer mehr mit dieserGruppe. Sie kündigen Ihren Job, verlassen Ihren Partner, geben den Hund ins Tierheim und ziehen mit Ihren zwölf Gleichgesinnten in einen abgelegenen Biobauernhof in der Uckermark, um sich fortan als Selbstversorger angemessen auf das Jüngste Gericht vorzubereiten. Irgendwann verkaufen Sie Ihr Haus, lassen sich Ihre Lebensversicherung auszahlen und überweisen Ihr gesamtes Geld auf das Schweizer Nummernkonto des Propheten. Dann kommt es zum 24. Februar 2023 und – nichts passiert. Gar nichts. Der Weltuntergang ist ausgeSelbstwahrnehmung blieben. Kommen wir nun zur alles entscheidenden Frage: Würden Sie am 25. Februar 2023 aufwachen und sagen: "Meine Güte, was war ich nur für ein unfassbarer Idiot? Dieser miese Schmierenkomödiant hat uns komplett verarscht!" Möglich wäre es. Viel wahrscheinlicher allerdings ist, dass Sie sagen würden: "Meine Güte, was für ein riesiges Glück, dass wir diese Gruppe gegründet haben! Gott hat unsere Gebete erhört und wegen uns den Weltuntergang abgewendet. Das ist der endgültige Beweis, dass unser Prophet Recht hatte."

Die Psychologie bezeichnet dieses Verhalten als kognitive Dissonanz. Je mehr Energie, Geld, Aufwand oder Schmerzen wir in eine Sache gesteckt haben, desto schwerer fällt es uns einzugestehen, dass wir uns geirrt haben könnten. Niemand steht gerne als Volltrottel da, der sein gesamtes Leben für eine idiotische Schnapsidee gegen die Wand gefahren hat. Deswegen halten wir mit ...

Kennen Sie schon …

Spektrum - Die Woche – Wissenschaft im Jahresrückblick

Auswirkungen von Tai-Chi auf das Gehirn, die Wasserkrise im Panamakanal, neue Theorien für die Thermodynamik und ein Kind, das König sein wollte: in dieser Ausgabe haben wir die wichtigsten Wissenschaftsthemen des Jahres 2023 für Sie zusammengestellt.

Spektrum - Die Woche – Stephen Hawking lag mit Schwarzen Löchern falsch

Aufruhr in der Physik: 60 Jahre lang wurde die Theorie der unendlich großen Schwerkraft im Kern von Schwarzen Löchern allgemein angenommen. Nun sorgt der Mathematiker Roy Kerr für Zweifel. Lag Hawking falsch? Außerdem in der »Woche«: Warum es für manche Menschen unmöglich scheint, »Nein« zu sagen.

Spektrum Psychologie – Wie der Wohnort uns prägt

Süddeutsche sind gesellig? Hinter solchen Stereotypen steckt ein Körnchen Wahrheit. »Spektrum Psychologie« erklärt, wie es zu regionalen Unterschieden im Charakter kommt. Außerdem in dieser Ausgabe: Was passiert, wenn wir radikal ehrlich sind. Und: Mit Tai Chi die grauen Zellen wachsen lassen.

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

  • Buchauszug

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen leicht gekürzten Auszug aus dem neuen Buch von Vince Ebert: "Unberechenbar. Warum das Leben zu komplex ist, um es perfekt zu planen", das 2016 im Rowohlt Verlag erschien.

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.