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Nubien I: Strom gewinnen, Geschichte verlieren

Ein gigantischer Damm soll den Nil im Sudan aufstauen. Er wird eine Region versinken lassen, die zu Unrecht wie ein Hinterhof der Geschichte wirkt. Und er dürfte dem Volk der Manasir die Kultur rauben.
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Man kann es der Regierung des Sudan kaum verübeln, dass sie den wenigen Ballungszentren mehr Elektrizität zukommen lassen will. Strom bedeutet nicht nur Komfort, sondern auch industrielle Entwicklung. Um die Strom­erzeugung aber ist es im Land schlecht bestellt, wie Vergleichszahlen aus dem Jahr 2002 verdeutlichen: Der mittlere Pro-Kopf-Verbrauch im Sudan betrug gerade einmal 58 Kilowattstunden, während dem Nachbarn Ägypten immerhin 15-mal so viel zur Verfügung stand; Einwohner der Europäischen Union verbrauchten sogar durchschnittlich 6730 Kilowattstunden.

Das Vorhaben ist gewaltig: Ein mehr als neun Kilometer langer Damm soll den Nil auf einer Länge von 174 Kilometern aufstauen, zehn riesige Turbinen jährlich 5,5 Terawattstunden (Milliarden Kilowattstunden) liefern – eine Verdopplung der gesamten heutigen Stromerzeugung des Sudan. Hinzu käme die Möglichkeit, durch Kanäle fruchtbares Land gezielt zu bewässern. Auch wenn der Nassersee in Ägypten mehr als zehnmal so viel Wasser fasst – ein solches Mammutprojekt wurde in Afrika schon lange nicht mehr in Angriff genommen.

Die Nachteile schienen leicht verschmerzbar. Der Damm sollte am 4. Katarakt entstehen, also an einem der sechs durch Felsen und Stromschnellen nur schwer schiffbaren Bereiche im Mittellauf des Nils. Eine öde Gegend. Der etwa 800 Quadratkilometer große Stausee würde vor allem Wüste und Felsen überfluten. Den schmalen, fruchtbaren Uferstreifen und die größeren Inseln bewohnen etwa 50000 Menschen, meist vom Stamm der Manasir. Sie züchten dort Ziegen und Schafe, bauen auf kleinen Parzellen Feldfrüchte an und pflegen ihre Dattelpalmenhaine.

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dem weltweit steigenden Energiehunger müssen nicht nur Klima und Umwelt, sondern auch bedeutende Kulturgüter ihren Tribut zollen - verstärkt in Entwicklungsländern und in der Dritten Welt, wo der Wunsch nach technischem Fortschritt verständlicherweise besonders ausgeprägt ist.
Dass es schwer fallen kann, selbst mit gutem Gewissen den moralischen Zeigefinger zu erheben, zeigt Klaus-Dieter Linsmeier in dem Artikel "Strom gewinnen, Geschichte verlieren":
Durch ein sudanesisches Staudammprojekt am 4. Nilkatarakt werden 50.000 Menschen rücksichtslos von ihrem Land verdrängt und wertvolle archäologische Fundstätten zerstört. Im Gegenzug verdoppelt sich aber die Stromerzeugung des Landes. Der mittlere Pro-Kopf-Verbrauch betrug dort 2002 gerade einmal 58 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Einwohner der EU verbrauchten im gleichen Zeitraum durchschnittlich 6.730 Kilowattstunden.

Eine informative Lektüre wünscht Ihnen


Frank Olheide
-Marketing-


Der Artikel "Strom gewinnen, Geschichte verlieren" stammt aus dem Magazin ABENTEUER ARCHÄOLOGIE 2/07, welches seit dem 05.04.2007 im Handel ist
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