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Vom Gen zum Produkt - aber mit System

Die Herstellung von biotechnologisch erzeugten Proteinen, darunter vielen Pharmazeutika, wird von einem neuen integrativen Ansatz profitieren: Er ergründet systematisch das biologische Verhalten der Produktionsorganismen, um am Ende alle Schritte bis zur Einsatzweise des gewünschten Produkts mathematisch modellieren und optimieren zu können.
Bacillus megaterium
Das Prinzip klingt so einfach: Man schleuse das richtige Gen in Bakterien oder andere kultivierbare Zellen ein, lasse sie das zugehörige Protein im Bioreaktor erzeugen – und schon hat man in Mengen das gewünschte biopharmazeutische Produkt, etwa einen monoklonalen Antikörper gegen Krebs. Aber selbst einfache Zellen, wie Bakterien, sind bereits komplizierte lebende Systeme mit zahllosen dynamischen Interaktionen zwischen ihren Komponenten. Das macht ihr Verhalten buchstäblich schwer berechenbar, was in der biotechnischen Nutzung ein Problem darstellt.

Biotechnologie in ihrer industriellen Anwendung ist ein von den Ingenieurwissenschaften vorangetriebenes Feld. Dank jahrzehntelanger Forschung lassen sich mittlerweile zwar viele Parameter des industriellen Produktionsprozesses kontrollieren. Dazu benutzen Ingenieure mathematische Modelle und daraus abgeleitete Vorhersagen. Doch die biologischen Vorgänge in den produzierenden Lebewesen selbst haben sich bisher der Berechenbarkeit und damit einer Modellierung entzogen. Zu komplex waren die zellulären Vorgänge und zu groß die damit verbundene Zahl an kritischen Parametern.

Hier kommt ein neuer Ansatz – die Systembiologie – ins Spiel, weil sie zentrale zelluläre Abläufe als Ganzes erfasst und in bioinformatischen Modellen verarbeitet. Indem sie etwa Steuerbarkeit und Systemverhalten von biologischen Funktionseinheiten beschreiben und verstehen hilft, kann sie innovative Lösungen für viele der immer neuen Fragestellungen auch in biotechnologischen Herstellungsprozessen bieten.

Uns interessiert beispielsweise die gentechnisch erzwungene Produktion komplexer Proteine, wie Antikörper, in Bakterien und Pilzen. Angefangen von der Übersetzung der eingeschleusten genetischen Information in eine Aminosäurekette, deren Export aus der Wirtszelle bis hin zur Faltung in das eigentliche Funktionsmolekül – bereits hier gilt es viele dies beeinflussende Parameter zu verstehen und zu modellieren.

Aber Systembiotechnologie, eine neue faszinierende Kombination aus etablierter Biotechnologie und Systembiologie, ist für uns noch mehr. Unsere Strategie lautet daher: den gesamten industriellen Herstellungsprozess – mit der Kultivierung der Zellen im Bioreaktor, der Reinigung der Produkte bis hin zu deren endgültiger Anwendungsform etwa als Medikament – zu erfassen und mit in die Berechnungen einzubeziehen. Nur so gelingt es, ihn als Ganzes virtuell ...

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