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Zeitrechnung: 1. April immer ein Sonntag!

Wenn es nach Richard Henry geht, gilt ab dem 1. Januar 2006 eine neue Zeitrechnung: Der Common-Civil-Kalender soll den Gregorianischen ablösen. Der 1. April wäre dann wie Ostern, Weihnachten oder Neujahr immerzu ein Sonntag.
Wenn am Jahresanfang ein neuer Kalender herauskommt, sehen viele zunächst einmal neugierig nach, auf welchen Wochentag ihr Geburtstag fällt, oder ob Feiertage zu verlängerten Wochenenden einladen. Doch wenn es nach dem US-Physiker Richard Henry von der Johns-Hopkins-Universität geht, braucht sich darüber künftig niemand mehr den Kopf zu zerbrechen. Bei dem Kalender, für den er seit Jahren wirbt, fällt jeder Wochentag stets auf das gleiche Datum.

Common-Civil-Kalender | Bei dem vorgeschlagenen Common-Civil-Kalender hat das Jahr 364 Tage, sodass die Wochentage immer gleich bleiben. Zum Ausgleich wird alle fünf bis sechs Jahre eine "Newton-Woche" eingeschoben.
Wie das gehen soll? Ganz einfach: Das Jahr soll künftig nur noch 364 statt 365 Tage zählen. Das Schöne an der Zahl 364 ist: Sie lässt sich ohne Rest durch sieben teilen. Ein Jahr zerfiele daher in genau 52 Wochen, was zur Folge hätte, dass das Datum nicht mehr über die Wochentage wandert.

Ganz abwegig ist sein Vorschlag nicht, da selbst die 365 Tage, die derzeit ein Jahr ausmachen, eine bloße Näherung an die tatsächliche Dauer des Umlaufs der Erde um die Sonne ist: Das tropische Jahr beträgt 365,2422 Tage. Daher wäre die Streichung eines Tages kein Beinbruch; der Fehler würde eben nur etwas größer.

Um die Zeitrechnung mit den astronomischen Gegebenheiten in Einklang zu bringen, fügen wir derzeit in – fast! – jedem vierten Jahr einen Schalttag ein. Henry will dagegen künftig alle fünf oder sechs Jahre eine zusätzliche Woche einführen, die aber keinem speziellen Monat angehören soll. Er schlägt vor, sie nach Newton zu benennen; schließlich konnte der Entdecker des Gravitationsgesetzes als erster die Himmelsmechanik erklären. "Wenn es nach mir ginge, hätten in der Newton-Woche alle frei", meint Henry. Passend dazu soll sie im Hochsommer zwischen Juni und Juli eingeschoben werden.

Henry verspricht sich von der vereinfachten Zeitrechnung viele Vorteile. Vor allem muss der Kalender nicht jedes Jahr neu erstellt werden; er gilt – abgesehen von den Newton-Wochen - praktisch für die Ewigkeit. Das erleichtert beispielsweise Personalabteilungen von Unternehmen oder Behörden enorm die Arbeit, die ansonsten ihre Planungen an die ständig wechselnde Verteilung der Feiertage anpassen müssen. Zugleich brauchen Wirtschaftsweise oder andere Statistiker ihre Bilanzen nicht jeweils unterschiedlich zu interpretieren, nur weil in einem Jahr einige Feiertage mehr auf normale Wochentage fielen als in anderen.

Auch die Monatslängen verteilen sich bei Henrys Vorschlag gleichmäßiger als bisher: Alle durch drei teilbaren Monate – also März, Juni, September und Dezember – haben 31, die anderen 30 Tage. Ausnahmen wie den jetzigen Februar gibt es nicht.

Wer an Tagen geboren wurde, die im neuen Kalender dann nicht mehr existieren – wie der 31. Januar –, sollte Henry zufolge seinen Geburtstag bereits am Vortag feiern. Alle diejenigen, die künftig in der Newton-Woche auf die Welt kommen, erleiden ausschließlich das gleiche Schicksal wie jene, die derzeit an einem Schalttag das Licht der Welt erblicken. "Meinetwegen können sie alle am Nationalfeiertag auf ihre Geburt anstoßen", meint Henry, "oder sich einen beliebigen anderen Tag aussuchen."

Dass der Vorschlag auf ein gewisses Wohlwollen stößt, ist nicht ausgeschlossen. Zwar haben sich bereits viele vergeblich an Kalenderreformen herangewagt. Die meisten sind aber daran gescheitert, dass sie an der Siebentagewoche rüttelten, was auf große religiöse Widerstände stieß.

Probleme könnte bei Henrys Vorschlag allenfalls der Ostertermin machen. Da er an die Mondphasen gekoppelt ist, bliebe er veränderlich. Henry schlägt daher vor, ihn wie bisher nach dem Gregorianischen Kalender zu berechnen – der ja nicht ganz aus der Welt geschafft wird, sondern nur für das weltliche Leben keine Gültigkeit mehr haben soll – und ihn dann auf den neuen Kalender zu übertragen. Das bereitet kaum Probleme, da jeder Sonntag im alten Kalender ebenso ein Sonntag im neuen ist, auch wenn sich eventuell das Datum unterscheidet.

Falls die Kirche bereit wäre, ganz auf den Gregorianischen Kalender zu verzichten, läge eine pragmatische Lösung nahe: Man könnte Ostern einfach auf ein festes Datum legen, den 1. April beispielsweise. Dieser Termin fiele, wenn Henrys Kalender bereits im nächsten Jahr eingeführt würde, zudem immer auf einen Sonntag. Selbst dem Kirchenjahr käme eine solche Festlegung zugute: Im Spätwinter oftmals ausfallende kirchliche Sonntage der Nachweihnachtszeit müssten dann nicht mehr – wie heute üblich – im November nachgeholt werden. Ob das aber genügt, traditionell denkende Christen zu der Änderung zu bekehren?

Aber auch aus weltlicher Sicht hat der neue Kalender einen Pferdefuß: die Newton-Woche. Sie ganz aus der Zeitrechnung herauszunehmen, erscheint schon deshalb undenkbar, weil nicht einfach eine Woche lang jede Tätigkeit ruhen kann. Die Lösung wäre hier, in einem Newton-Jahr generell eine zusätzliche Urlaubswoche vorzusehen, die aber – zumindest bei Angehörigen bestimmter Berufsgruppen wie Ärzten, Feuerwehrmännern oder Menschen, die von dem in dieser Wochen dann einsetzenden Tourismus leben – zu einem beliebigen Zeitpunkt im Jahr genommen werden können muss. Zudem bräuchte man für ein solches Jahr sicherlich einen separaten Kalender.

Demnach gäbe es also mindestens zwei Varianten: einen normalen und einen mit Newton-Woche – was dennoch eine deutlich Ersparnis gegenüber den derzeit 400 notwendigen Jahren wäre, bis sich der Kalender wiederholt.

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