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Kuipergürtel: 2012 DR30 - Ein Transneptun mit ungewöhnlicher Bahn

Weit jenseits der Umlaufbahn von Saturn wurde ein 200 Kilometer großer Himmelskörper entdeckt, der sich auf einer stark elliptischen Bahn um die Sonne bewegt und für einen Umlauf rund 37 000 Jahre benötigt.
Die Bahn des Transneptun 2009 FW54

Das äußere Sonnensystem ist immer noch für Entdeckungen gut. Am 23. Februar 2012 entdeckte ein Team von Astronomen um G. J. Garradd vom Siding Spring Survey in Australien ein sich langsam am Himmel bewegendes Objekt, das sich weit jenseits der Umlaufbahn von Saturn befindet. Es leuchtete mit einer Helligkeit von nur 18,7 mag und ist somit nur in großen Amateurfernrohren sichtbar. Unter dem Weblink am Schluss des Beitrags finden Sie für Ihre Suche die Ephemeriden des Objekts, das unter anderem die provisorische Bezeichnung 2012 DR30 trägt.

Der rund 200 Kilometer große Himmelskörper umrundet die Sonne auf einer stark elliptischen Bahn. Vier Tage nach seiner Entdeckung konnten die Astronomen am Minor Planet Center feststellen, dass 2012 DR30 identisch ist mit dem Himmelskörper 2009 FW54. Er wurde bereits im März 2009 im Rahmen des Spacewatch-Programms auf dem Kitt Peak in den USA entdeckt. Das Spacewatch-Programm dient vornehmlich der Suche nach potenziell gefährlichen erdnahen Asteroiden. 2009 FW54 verschwand aber schon nach sechs Beobachtungen aus dem Visier der Astronomen und wurde seitdem nicht mehr gesichtet. Das Minor Planet Center im Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im US-Bundesstaat Massachusetts ist die offizielle Stelle für Entdeckungsmeldungen von Objekten im Sonnensystem und registriert diese.

Die Bahn des Transneptun 2009 FW54 I | Hier blicken wir von Norden auf die Ebene der Erdumlaufbahn um die Sonne, die Ekliptik. In ihr liegen annähernd die Bahnen der acht großen Planeten. Die Umlaufbahn des Transneptunobjekts 2009 FW54 alias 2012 DR30 ist in blauen Farbtönen wiedergegeben. Sie erscheint hier wegen ihrer großen Neigung von 78 Grad gegen die Ekliptik fast als Strich. Der kleine weiße Kreis symbolisiert die Umlaufbahn von Jupiter, die Erdbahn ist in dieser Darstellung zu klein, um sichtbar zu sein.
Derzeit befindet sich 2009 FW54 alias 2012 DR30 nahe dem Perihel, dem sonnennächsten Punkt seiner Bahn, und ist rund 14,54 Astronomische Einheiten (2,18 Milliarden Kilometer) von der Sonne entfernt. Damit befindet er sich noch deutlich jenseits der Umlaufbahn von Saturn mit 9,5 Astronomischen Einheiten, aber innerhalb der Umlaufbahn von Uranus mit 19,2 Astronomischen Einheiten. Den derzeit bekannten Bahndaten zufolge benötigt er für einen Umlauf um die Sonne 36 651 Jahre. Damit weist 2009 FW54, abgesehen von einigen Kometen, die längste bekannte Umlaufdauer eines Himmelskörpers im Sonnensystem auf. Bei seinen Umläufen entfernt er sich bis zu 2192 Astronomische Einheiten oder 328 Milliarden Kilometer von der Sonne. Er ist damit weit von der Umlaufbahn des äußersten Planeten Neptun entfernt, der sich in einer mittleren Entfernung von 30 Astronomischen Einheiten befindet. Zudem ist seine Bahnebene mit 78 Grad extrem stark gegen die Erdbahnebene geneigt, so dass er sich keinem der großen Planeten im äußeren Sonnensystem annähern kann. Ein mit 2009 FW54 vergleichbarer Himmelskörper ist (90377) Sedna, der die Sonne in Entfernungen zwischen 76 und 937 Astronomischen Einheiten umrundet und dafür rund 11 400 Jahre benötigt. Die Bahn des etwa 1400 Kilometer großen Himmelskörpers ist jedoch nur um zwölf Grad gegen die Erdbahnebene geneigt.

Die Bahn des Transneptun 2009 FW54 II | In dieser Darstellung der Bahn des Transneptuns 2009 FW54 alias 2012 DR30 befinden wir uns in der Ekliptik, der Ebene der Erdumlaufbahn um die Sonne. Die eingezeichneten Planeten befinden sich alle nahe der Ekliptik, während 2009 FW54 eine weite Schleife durch das Sonnensystem zieht (blaue Farbtöne). Der Transneptun durchdringt die Ekliptik zwischen den Bahnen der Planeten Saturn und Uranus und seine Bahnebene ist rund 78 Grad gegen die Ekliptik geneigt.
2009 FW54 gehört wahrscheinlich zu den so genannten gestreuten Kuipergürtelobjekten, die auf stark geneigten Bahnen die Sonne umrunden und dabei Maximalabstände von vielen hundert Astronomischen Einheiten erreichen können. Der Kuipergürtel ist ein Bereich jenseits der Umlaufbahn von Neptun, in dem sich zahlreiche kleinere Himmelskörper befinden, die sich hauptsächlich im Bereich zwischen 30 und 50 Astronomischen Einheiten aufhalten. Zu den bekanntesten Transneptunobjekten gehören die Zwergplaneten Pluto und Eris, die Durchmesser um 2300 Kilometer aufweisen. Der Kuipergürtel ist nach dem US-Astronomen Gerard P. Kuiper (1905 – 1973) benannt, der im Jahr 1951 eine Zone mit Kleinkörpern jenseits der Neptunumlaufbahn beschrieb.

Bei 2009 FW54 könnte es sich aber auch um einen Besucher aus der so genannten Oort’schen Wolke handeln, einer kugelförmigen Wolke aus eishaltigen Kleinkörpern, die sich in Abständen von bis zu einem Lichtjahr zur Sonne befinden. Gelegentlich werden durch Schwerkraftstörungen benachbarter Sterne Objekte aus ihren Bahnen in Richtung der Sonne abgelenkt, so dass sie weit nach innen driften. Passieren sie dabei einen der großen Planeten in geringem Abstand, so werden sie durch dessen Schwerkraft abgelenkt und geraten so auf wesentlich engere Umlaufbahnen um die Sonne. Kommen sie ihr dabei näher als der Planet Jupiter, so verdampfen die gefrorenen flüchtigen Bestandteile auf ihrer Oberfläche und entweichen ins All. Der Himmelskörper ist dann von einer kugelförmigen Wolke aus Gas und Staub umgeben, die durch die Partikel des Sonnenwinds und des Strahlungsdrucks des Sonnenlichts weit auseinander gezogen wird und lange Schweife bildet – ein Komet leuchtet am Himmel auf.

  • Quellen
Minor Planet Center, 2. März 2012

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